Für Kurt Schreck war es eine überraschende Niederlage. Der AfD-Kreisvorsitzende hatte nach eigener Aussage vorher nicht damit gerechnet, einen Konkurrenten zu haben: Statt Schreck tritt nun der 45-jährige René Jentzsch für den AfD-Kreisverband Main-Spessart/Miltenberg als Direktkandidat bei der Bundestagswahl an. Darüber informierte die Partei in einer Pressemitteilung. Der Mittelfranke habe sich in einer "unter strengen Hygienevorschriften" stattgefundenen Aufstellungsversammlung gegen Schreck durchgesetzt.
Laut Schreck hat die Nominierung "ein Geschmäckle"
Von 21 anwesenden Mitgliedern stimmten zwölf für Jentzsch, acht votierten für Schreck, eine Stimme war ungültig. Gegenüber dieser Redaktion äußert sich Kurt Schreck kritisch darüber, wie es zu der Nominierung seines Gegenkandidaten kam: "Das ist kein idealer Start in den Bundestagswahlkampf, um das ganz klar zu sagen."
Der Wahlvorgang als solcher sei völlig korrekt gewesen, betont Schreck: "Da gibt es keine Zweifel." Er glaubt aber, dass es geplant war, ihn unerwartet mit einem Gegenkandidaten zu konfrontieren. "Bestimmte Teile der Partei" waren laut Kreis-Chef Schreck vorher eingeweiht. Für ihn habe die Sache "ein Geschmäckle".
Einige Parteifreunde vermisst
René Jentzsch, der in Höchstadt/Aisch lebt und Mitglied des dortigen AfD-Kreisverbandes ist, habe ihm vorher nicht Bescheid gegeben, dass auch er beabsichtigt zu kandidieren. Dabei mache das eigentlich "der persönliche und politische Anstand erforderlich", meint Schreck. Außerdem sei ihm aufgefallen, dass einige Mitglieder seines Kreisverbands anwesend waren, die er sonst nie bei Versammlungen sehe. Andere Parteikollegen, die sonst immer zu solchen Veranstaltungen kämen, habe er dagegen vermisst. Auf seine Nachfrage hin hätten ihm manche im Nachhinein gesagt, dass sie nicht teilgenommen haben, weil sie nicht mehrere Stunden am Stück eine Maske tragen wollten. "Das ist für mich zu akzeptieren, klar. Aber das hat sich im Abstimmungsverhalten bemerkbar gemacht."
Vorschlag kam von "Anhängern des Flügels"
Schreck möchte nicht ausschließen, dass parteiinterne Machtkämpfe und Diskussionen um den zukünftigen Kurs der AfD hinter der Kandidatur von Jentzsch stecken: "Dem ein oder anderen bin ich sicher auch ein Dorn im Auge. Es gibt einige die sagen, dass der Kurt Schreck der Meuthen von Unterfranken ist." Er selbst sieht sich wie der Bundesparteivorsitzende Jörg Meuthen dem gemäßigten Lager der AfD zugehörig.
Jentzsch selbst kenne er zu wenig, um diesen politisch einzuordnen, so Schreck. Feststehe für ihn nur, dass sein Konkurrent von "Anhängern des 'Flügels'" vorgeschlagen wurde, von denen es auch im Kreis Main-Spessart einige gebe. "Darauf kann man sich auch seinen Reim machen." Der "Flügel" war ein Zusammenschluss rechtsextremer Akteure in der AfD. Nachdem der Verfassungsschutz diesen Anfang 2020 als "gesichert rechtsextremistische Bestrebung" einstufte und beobachtete, sollte sich der "Flügel" auf Anweisung des AfD-Bundesvorstandes offiziell auflösen. Seine einstigen Mitglieder sind aber nach wie vor einflussreich in der Partei. Schreck meint, dass man den "Flügel" gar nicht auflösen könne, da dieser nie eine eigene Rechtsperson gewesen sei.
Jentzsch habe erst gar nicht kandidieren wollen
Doch ist Schreck wirklich den Intrigen radikaler Parteikollegen zum Opfer gefallen? Auf Nachfrage dieser Redaktion erwidert Jentzsch jedenfalls, dass er sich nicht im Lager des ehemaligen "Flügels" verortet: "Ich bin 2013 in die AfD eingetreten. Da gab es weder Flügel noch Gemäßigte. Jeder der mich kennt, weiß auch, dass ich neutral bin." Als Leiter der AfD-Bayernakademie (einer Bildungseinrichtung der Partei, Anm. d. R.) müsse er das auch sein.
Ursprünglich habe er auch gar nicht kandidieren wollen, meint der 45-Jährige. "Eigentlich war es ein Gefallen, weil mich Mitglieder des Kreisverbandes angerufen haben, die meinten, dass sie niemanden haben." Als Kurt Schreck dann vorgeschlagen wurde, sei er erstaunt gewesen, dass es doch einen anderen Kandidaten gab. "Dann hätte ich zurückziehen können, aber ich wurde ja gefragt und war auch schon dort hingefahren. Da habe ich mir gesagt: Wenn es klappt, dann klappt's." Außerdem seien andere Parteimitglieder weiterhin dafür gewesen, dass er antritt.
Laut Jentzsch hat der Vorstand des Kreisverbands erst wenige Tage vor der Wahl entschieden, dass Schreck überhaupt kandidieren soll. "Wenn der Kreisverband das vorher mit den Mitgliedern richtig kommuniziert hätte, wäre es nicht dazu gekommen und ich wäre auch nicht angetreten." Dass sein Konkurrent über den Ablauf der Nominierung verärgert war, hat Jentzsch nach eigenen Worten gar nicht mitbekommen. Ihm selbst gegenüber hätten sich "alle Vorstandsmitglieder normal verhalten", auch Schreck. "Mir wurde die volle Unterstützung zugesagt." Der AfD-Kandidat wolle nun "einen ordentlichen Wahlkampf" machen.
Berät Unternehmen im Bereich Sicherheit
Laut AfD-Pressemitteilung stammt René Jentzsch ursprünglich aus Sachsen. Er gehört dem Kreistag Erlangen-Höchstadt an und ist stellvertretender Vorsitzender des AfD-Bezirksverbandes Mittelfranken. Weiter heißt es in der Mitteilung, Jentzsch wolle im Wahlkampf vor allem "Grundrechtseinschränkungen", die im Zuge der Corona-Pandemie durchgesetzt wurden, thematisieren. Nach eigenen Angaben berät der Bundestagskandidat beruflich Unternehmen im Bereich Sicherheit und ist Gesellschafter von Sicherheitsschulen, die er selbst gegründet hat.
im Sinne des Grundgesetzes.
Viel Erfolg