Als Kurt Schreck 2014 in Rente ging, dauerte es nur etwa ein Jahr, da wurde aus seinem Ruhestand ein „Unruhestand“, wie er sagt. Im Juli 2015 trat er der noch jungen Alternative für Deutschland (AfD) bei, im Oktober wurde er in den Landesvorstand gewählt – ohne Netzwerk in der Partei. Allein seine berufliche Erfahrung habe ihn qualifiziert, sagt er. In diesem Jahr tritt er als Landtagskandidat für die AfD an.
Diese prägenden beruflichen Erfahrungen sammelte der 68-Jährige in großen Teilen als hauptberuflicher Gewerkschafter: „Nach meiner Ausbildung bei der Raiffeisenbank in Marktheidenfeld wurde ich recht jung zum Betriebsrat gewählt“, erinnert er sich. Er wird Mitglied der Gewerkschaft Handel, Banken, Versicherungen (HBV), hat regelmäßig Kontakt zu den Hauptamtlichen dort. Nach acht Jahren bei der Bank wechselt er zur HBV.
In Folge der Wiedervereinigung kommt die HBV in Schwierigkeiten: „Es kamen viele neue Mitglieder ohne Beschäftigung hinzu, die dementsprechend keine Beiträge zahlten“, erklärt Schreck. Budget-Pläne gehen nicht auf, Jobs werden gestrichen. „Ich bekam mit, dass es mit gekündigten Mitarbeitern Vereinbarungen gab, die zu Lasten des Arbeitsamts gingen“, so Schreck. Er habe darauf aufmerksam gemacht – und dafür die Kündigung erhalten. Er klagt dagegen, das Verfahren endet mit einem Vergleich, „mit dem ich sehr zufrieden war“, so Schreck.
Einschnitt Arbeitslosigkeit
Die Kündigung bedeutet einen Einschnitt: Eineinhalb Jahre ist er arbeitslos, bekommt dann eine Stelle als Sozialreferent bei der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB). Nach vier Jahren wechselt er im Oktober 2000 zur Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM).
Für die CGM arbeitet er als Landesgeschäftsführer in Berlin, Rüsselsheim und Schweinfurt. Seinen Wohnsitz gibt er jedoch nie auf, pendelt am Wochenende zur Ehefrau und den zwei Söhnen nach Erlenbach. Dort ist er auch Vorsitzender des Sportvereins. „Ich bin hier sehr verwurzelt“, sagt er.
In Erlenbach bleibt er auch, als er sich 2010 von der CGM trennt und für die IG Metall in Frankfurt anfängt. „Ich hatte eine andere Auffassung von Tarifpolitik als die CGM“, sagt er. Für seinen Wechsel erntet Schreck viel Kritik. Die vier Jahre bis zur Rente bei der CGM die Füße still halten, das wäre für ihn aber nicht in Frage gekommen. „Ich bin kein Typ, der etwas aussitzt. Ich will mit Herzblut dabei sein“, sagt er. 2014 verabschiedet er sich schließlich in den Ruhestand.
Wechselnde Parteizugehörigkeit
Auch politisch hat Schreck seine Erfahrungen gesammelt: 1969, als junger Angestellter bei der Raiffeisenbank, tritt er der SPD bei, ist bis 1988 Mitglied. „Ich war immer für die Wiedervereinigung Deutschlands, und in der SPD gab es damals starke Positionen für die Zwei-Staaten-Theorie“, erklärt er seinen Austritt.
Später engagiert er sich in der Christlich Sozialen Arbeitnehmerschaft (CSA) und tritt 1990 der CSU bei. 2014 verlässt er die Partei offiziell, „innerlich“ habe er aber schon eher gekündigt. „Der entscheidende Punkt war das erste Griechenlandpaket 2010“, sagt er. So kommt er schließlich zur AfD.
„Die Partei war 2015 noch jung, hatte aber eine klare Linie zum Euro, die mir zugesagt hat.“ Bis November 2017 ist er im Landesvorstand, dann Kreisvorsitzender. 2017 kandidiert er für den Bundestag, verzichtet dann jedoch „aus ganz persönlichen Gründen.“ 2018 holt ihn die Fraktion als Sachverständigen für Betriebsratsthemen in den Ausschuss für Arbeit und Soziales.
„Auf dem Boden des Grundgesetzes“
Auch in der AfD ist Schreck nicht mit allem einverstanden, kritisierte kürzlich den unterfränkischen Bezirksvorstand. „Es gibt die eine oder andere Position, die ich nicht teile“, räumt er ein. Gegen Tendenzen nach rechts wehre er sich entschieden. Einen Grund auszutreten sieht er aber nicht: „Die AfD ist eine demokratische Organisation, die auf dem Boden des Grundgesetzes steht.“
Schrecks „Unruhestand“ wird geprägt von der Politik auf der einen und dem Familienleben auf der anderen Seite. „Ich genieße vor allem die Zeit mit meinen drei Enkeln“, erzählt er. Und wenn er nun in den Landtag einzieht? „Dann werde ich sehen, wie ich die Dinge zueinander bringen kann.“