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Main-Spessart
Lolli-Corona-Test: Holpriger Start an Grundschulen in Main-Spessart
Eigentlich verspricht der Lolli-Pool-Test Erleichterung. Doch eine strauchelnde Plattform und die hektische Einführung sorgte für viel Stress und angespannte Nerven.
30 Sekunden lutschen: Sophie, Lorenz und Noah aus der vierten Klasse der Grundschule Hafenlohr testen sich mit dem Lolli-Pool-Test.
Foto: Lucia Lenzen | 30 Sekunden lutschen: Sophie, Lorenz und Noah aus der vierten Klasse der Grundschule Hafenlohr testen sich mit dem Lolli-Pool-Test.
Lucia Lenzen
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:52 Uhr

Ist es Erdbeere? Oder Himbeere? Oder Eistee? Geht es nach den Viertklässlern der Grundschule Hafenlohr sind die Geschmacksrichtungen der Corona-Lolli-Tests überraschend vielfältig, je nach Vorstellungskraft eben. Tatsächlich sind die Wattestäbchen, die die Grundschüler an diesem Mittwochmorgen im Mund drehen und wenden geschmacksneutral. Was nicht heißt, dass man sich nicht die schönsten Aromen vorstellen kann – 30 Sekunden lutschen sind schließlich lang.

Seit Beginn des neuen Schuljahres soll an allen Grundschulen in Bayern zweimal wöchentlich mit dem kindgerechten PCR-Pool-Test getestet werden. Dabei ist das Testverfahren wesentlich angenehmer als die Selbsttests in Rachen oder Nase, die die Kinder noch im letzten Schuljahr gemacht haben. Pool-Test heißt es, weil die Speichelproben zusammen mit den Proben der Mitschüler in ein gemeinsames Teströhrchen, den "Pool" kommen. Dieser wird dann im Labor ausgewertet. Sollte ein Pool positiv ausfallen, werden in einem zweiten Schritt alle Einzelproben der Klasse ausgewertet, um zu schauen, welches Kind betroffen ist. Danach wird individuell entschieden, wie die Kontakte des betroffenen Kindes aussahen und wer wie lange in Quarantäne muss. 

Zwei Teststäbchen: Das erste für den Pool, das zweite für die individuelle Probe

Deshalb liegen auf den Tischen der Viertklässler um viertel vor acht morgens auch zwei Teststäbchen: Das erste kommt in den Pool, das zweite in ein Teströhrchen, auf dem ein Aufkleber mir dem persönlichen Barcode von jedem Kind klebt. "Wonach schmeckt es jetzt?", fragt Grundschul-Rektorin Isabel Diehm bei der zweiten Lutsch-Runde. Sie macht den Test an diesem Morgen mit der Klasse. Nachdem sie die Pool-Stäbchen eingesammelt hat, geht es jetzt um die Einzelproben. "Erdnuss" und "Brokkoli" rufen die Schüler rein – die Vorstellungskraft für Süßigkeiten ist anscheinend erschöpft. "Jetzt knickt ihr die Stäbchen bitte an der Bruchstelle und steckt sie in das Röhrchen", fordert sie die Kinder nach 30 Sekunden auf. 

Grundschulleiterin Isabel Diehm sammelt nach der ersten Test-Runde die Stäbchen für den Pool ein. 
Foto: Lucia Lenzen | Grundschulleiterin Isabel Diehm sammelt nach der ersten Test-Runde die Stäbchen für den Pool ein. 

Zusammen mit dem Röhrchen der Pooltests steckt sie auch die Einzelproben in einen Beutel. Dieser wird zusammen mit den  Tests aus den anderen Klassen später von einem Boten abgeholt. Das Landratsamt hat den Transport der Proben von den Grundschulen zum Labor organisiert. An vier Tagen pro Woche werden die Schulen angefahren. Die Proben werden dann zu einem Knotenpunkt in Schweinfurt gebracht. Von dort aus gehen sie gemeinsam mit Proben aus mehreren Landkreisen zur Auswertung in ein Labor in Weiden in der Oberpfalz. 

Ärgerlich und stressig: Relevante Infos auf den letzten Drücker in der ersten Schulwoche 

Für Isabel Diehm und ihre Kolleginnen und Kollegen bedeutet das: Bis 10 Uhr müssen alle Proben eingetütet sein. Vor allem aber müssen bis dahin im Internet auf der entsprechenden Plattform alle Schüler eingetragen werden, die teilgenommen haben oder nicht. Problematisch: Zum einen muss das während des Unterrichts geschehen. Zum anderen war die Seite zu Anfang dieser Woche nicht zuverlässig zu erreichen. Am Montag konnte Isabel Diehm erst um 12.30 Uhr ihre Eintragungen machen.   

Diese Verzögerungen setzten sich fort: Anstelle um 18 Uhr wie angekündigt, konnten die Ergebnisse, ob der Pool grün ist, sprich keine Corona-Viren nachgewiesen werden konnten, erst gegen 22 Uhr oder später auf der Internet-Plattform eingesehen werden. Isabel Diehm erinnern diese Probleme mit der Stabilität der Seite an die Einführung von „Mebis“, der Online-Plattform für den Distanzunterricht. Vor allem aber ärgert die Rektorin, dass der zeitliche Vorsprung, den man bei der Einführung der Lolli-Tests hatte, nicht ausgenutzt wurde.

In Nordrhein-Westfalen sind die Lolli-Tests schon seit Mai im Einsatz. In Bayern aber seien alle relevanten Infos erst auf den letzten Drücker in der ersten Schulwoche gekommen. „Das Gespräch mit dem zuständigen Labor hatten wir erst am Donnerstag“, so Diehm. Zusätzlich musste sich die Schule ein System überlegen, wie sie die Tests organsiert, die Daten mussten eingepflegt und die Kommunikation mit den Eltern gepflegt werden.

Gut vorbereitet:  Immer freitags werden die persönlichen Test-Beutel  der Kinder bestückt. 
Foto: Lucia Lenzen | Gut vorbereitet:  Immer freitags werden die persönlichen Test-Beutel  der Kinder bestückt. 

„Zum Glück sind wir Schulleiter untereinander gut vernetzt und konnten Tipps austauschen“, so Diehm. Von Michaela Klüg, Rektorin der Verbandsschule Karbach-Birkenfeld, bekam sie den Tipp mit den Gefrierbeuteln mit Klippverschluss. Jedes Kind hat  mittlerweile einen eigenen, in den jeden Freitag die Test-Ausrüstung für die kommende Woche gepackt wird. Dazu gehört auch, die Barcode-Aufkleber auf die Teströhrchen zu kleben.

Kinder, Eltern und Lehrer froh, dass die "Nasenbohrtests" jetzt wegfallen

Auch Michaela Klüg kritisiert das schmale Zeitfenster, das die Grundschulen zur Einführung der Lolli-Pool-Tests  hatten. Vor allem aber kritisiert sie den holprigen Start der Datenübertragung. "Es ist einfach nervig, wenn man bis spät abends in Hab-Acht-Stellung vor dem Computer sitzt, um zu gucken, ob der Pool clean ist", so Klüg. Bleibt das Ergebnis dann tatsächlich aus, muss am nächsten Tag wieder mit Nasenabstrich getestet werden. "Da muss man auch aufpassen, dass man nicht den Unmut der Eltern auf sich zieht, wenn ihre Kinder zweimal die Woche Lolli-Test lutschen und dann zusätzlich noch Nasenabstriche gemacht werden", so Klüg.  

Generell sind Kinder, Eltern und Lehrer froh, dass die "Nasenbohrtests" jetzt wegfallen und es somit auch keine Nies-Attacken und kein gelegentliches Nasenbluten mehr gibt. Zudem biete der PCR-Test viel mehr Sicherheit – wenn die Ergebnisse rechtzeitig kommen. 

Und was sagen die Kinder? Wenn sie sich was wünschen dürften, dann würden sie am liebsten so schnell wie möglich wieder ohne Maske in die Schule gehen, sagen die Viertklässler. Denn die nerve. Die Testerei hingegen sei für sie schon "völlig normal", auch wenn der Lolli-Test natürlich angenehmer ist als der Nasentest. Und außerdem noch den morgendlichen Überraschungseffekt mit sich bringt: Nach was schmeckt der Lolli heute?    

 
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