Zum Artikel "Klausurtagung ohne Denkverbote" vom 27. Dezember hat uns folgender Leserbrief erreicht:
In der letzten Sitzung des Jahres des Gemeinderates des Marktes Zellingen, in der üblicherweise nur Gutes von den Sprechern geäußert wird, stellt ein Gemeinderat fest: "Der TSV Retzbach und der Ruderclub feierten Jubiläen." Das ist richtig. Nur der guten Ordnung halber sei auch noch erwähnt, dass auch der Turnverein Zellingen von 1861 e.V. am 15. Oktober ein Jubiläum feiern konnte. Es wurde jedoch wegen Corona und wegen des Kommerses unseres Patenvereins in Retzbach auf eine ähnliche Feier verzichtet. Er ist mit 160 Jahren nicht nur der älteste Verein in unserer Gemeinde, sondern zählt auch zu den ältesten Sportvereinen im Freistaat Bayern. Gegründet im Königreich Bayern am 15. Oktober 1861 hat er das Auf und Ab in der bayerischen, ja deutschen Geschichte gemeistert. Das mag banal klingen. Doch wirkte er wie alle Vereine mit seinen Mitgliedern in einer Gesellschaft nachhaltig zum Wohl des Ganzen auf vielfältige Weise.
Bereits nach der Gründung 1861 bildete sich 1862 eine Turnerfeuerwehr, die beim Großbrand am 13. Juli 1863 bereits zum Einsatz kam und aus der sich 1867 die Freiwillige Feuerwehr Zellingen entwickelte. Fünf Jahre vor dem deutsch-französischen Krieg besuchten Zellinger Turner 1865 das Turnfest in Paris. Dann 1870/71 waren Zellinger Turner als Soldaten des bayerischen Heeres wieder in Frankreich und Paris. Das wissen wir aus Briefen von der Front nach Hause. 1871 gründete sich der TSV 1871 Retzbach und der TV Zellingen wurde zum Patenverein erwählt; eine Verbindung, die noch heute besteht.
In der Folgezeit entfaltete der TV eine Vielzahl von Aktivitäten zum Wohle der Menschen unserer Heimat. Dazu gehörte die Mitgründung der Rotkreuzkolonne, die Gründung einer Singabteilung (1875), die Errichtung einer Vereinsturnhalle (1902) auf dem Sommerturnplatz und eine Vielzahl von erfolgreichen Teilnahmen an den deutschen oder bayerischen Landesturnfesten.
1965 erfolgte die Grundsteinlegung der Turnhalle, die 1967 eingeweiht wurde. Heute heißt die ehemalige Turnhalle des Turnvereins, die 1995 der Gemeinde Zellingen aus wirtschaftliche Gründen übergeben werden musste, Friedrich Günther Halle. Ohne die Verdienste des Altbürgermeisters um Zellingen schmälern zu wollen – er war auch Mitglied im Turnverein – wäre die Halle ohne das besondere und herausragende persönliche Engagement des damaligen Geschäftsführers des TV Zellingen Hans Schech nicht realisiert worden. Deshalb hätte er es verdient, wenn die Halle nach ihm benannt worden wäre. Er war auch maßgeblich für den Bau von vier Tennisplätzen (1977) und der Tennishalle (1979) sowie von zwei weiteren Tennisplätzen (1980) vereinsseitig verantwortlich; dafür wurde er vereinsintern mit dem goldenen Tennisschläger ausgezeichnet.
Diese nur kursorische und kurze Darstellung des Weges des TV Zellingen in unserer Gemeinde kann natürlich ein Gemeinderat nicht wissen, wenn er erst vor Kurzem zugezogen ist und anscheinend sich nicht für die Geschichte seines neuen Wohnortes interessiert. Eckpunkte der Zellinger Geschichte können auf der Internetseite des Marktes Zellingen nachgelesen werden, obgleich diese Seiten der Überarbeitung durch den Ortsarchivar bedürfen, da sie lückenhaft sind.
Werner Goldstein
Vorsitzender des Vorstands Turnverein Zellingen von 1861 e.V.
97225 Zellingen