Zum Artikel "Einzigartige Flora und Fauna" erreichte die Redaktion folgender Leserbrief.
Laut Bericht ihrer Zeitung wurde nunmehr die sogenannte "Sackenbacher Wiese" unter Naturschutz gestellt. Diese Wiese ist nach unserer Meinung eine schöne Wiese, aber keine außergewöhnliche Wiese. Wenn ein Gutachter des Landratsamtes andernorts mit der gleichen Intensität suchen würde, so würde er überall die gleichen Pflanzen, Schmetterlinge und Heuhüpfer finden.
Wir Bauern in Sackenbach haben jahrelang versucht, das Naturschutzgebiet zu verhindern –vergeblich. Was wollen wir Bauern? Wir wollen die Fläche weiter so bewirtschaften, wie dies seit Generation geschieht. Was ja offensichtlich auch gar nicht so falsch war. Was haben wir Bauern in Zukunft: drei Seiten Vorschriften, was wir alles nicht mehr tun dürfen. Widrigenfalls droht eine Strafe von bis zu 50 000 Euro.
Wir Bauern sind massiv in der Bewirtschaftung eingeschränkt. Bevor wir etwas machen, sollten wir tunlichst täglich drei Seiten Verordnung studieren. Wenn wir morgen ein zusätzliches Apfelbäumchen setzen möchten, brauchen wir vorab eine Genehmigung des Landratsamtes.
Sowohl bei der Informationsveranstaltung am 4. November 2015 sowie bei den Anhörungen haben wir unsere Anliegen unmissverständlich dargelegt. Alles zwecklos – alle Argumente interessieren das Landratsamt nicht wirklich.
Herr Stockmann vom Landratsamt hat sowohl bei der Informationsveranstaltung als auch bei der Sitzung des Lohrer Stadtrates versprochen, dass er nichts gegen den Willen der Grundstückseigentümer unternimmt. Gehalten hat er sich an dieses Versprechen aber nicht.
Am 4. September 2018 hat Herr Ministerpräsident Dr. Söder den sogenannten Eigentumspakt mit dem Bauernverband unterzeichnet. Einer der Punkte: „Freiwilligkeit geht vor Ordnungsrecht". Jedoch: auch dieser Vertrag ist nur dazu da, um gebrochen zu werden. Oder er ist das Papier nicht wert, auf dem er geschrieben wurde.
Laut Zeitung war ein Kompromiss mit dem Bauernverband "wegweisend". Fakt ist jedoch. dass der Bauernverband bei der letzten Anhörung im Februar 2020 unmissverständlich dargelegt hat, dass alle Einschränkungen abgelehnt werden und dass er auf der Seite der örtlichen Bauern steht.
Über unsere neue Landrätin Frau Sabine Sitter sind wir äußerst enttäuscht:
- Die CSU-Fraktion des Lohrer Stadtrates hat gegen das Naturschutzgebiet gestimmt. Dies ist Frau Sitter egal.
- Die von Herrn Stockmann gemachten Versprechen werden nicht eingehalten. Frau Sitter greift hier nicht ein.
- Der Vertrag der Staatsregierung, unterzeichnet durch den Parteivorsitzenden Dr. Söder: Dieser Vertrag wird von Frau Sitter ignoriert.
- Unsere Stellungnahmen bei der Anhörung der Grundstückseigentümer. Diese interessieren Frau Sitter offensichtlich nicht.
- Der Begriff Eigentum. Dieser wird von Frau Sitter mit Füßen getreten.
Die Unterzeichnung dieser Verordnung war offensichtlich keine Sternstunde von Frau Landrätin Sabine Sitter. Unter ihrer Regie ist ihre Partei CSU durch Missachtung des Eigentums mehrere Schritte von der Mitte nach Links gegangen. Sie hat ihrer Partei schweren Schaden zugefügt.
Wir Bauern müssen der Verordnung Folge leisten und werden dies wohl oder übel auch tun. Dies hat jedoch langfristig die Auswirkung, dass dort mangels Düngung der Boden total verarmt und über kurz oder lang dadurch die jetzt vorgefundene Artenvielfalt verschwinden wird. Das Landratsamt wird das genaue Gegenteil seines Zieles erreichen.
Nach rund zehn Jahren wird die Ernte auf ein Drittel zurückgehen. Wir Bauern sind die Naturschützer Nr. 1. Ohne uns geht der Naturschutz gar nicht. Uns tritt man jedoch von Seiten des Landratsamtes gegen "das Schienbein" und "schlägt unter die Gürtellinie". Wenn wir eines Tages die Lust verlieren und aufhören, so verbuscht die Fläche, und das Landratsamt hat auch dann das genaue Gegenteil seines Zieles erreicht.
Wir Bauern plagen uns täglich auf unserer Scholle. Nachhaltigkeit wird groß geschrieben. Aber warum drangsaliert man uns so? Der Ausweis eines Naturschutzgebietes wirkt wie eine Teilenteignung. Man ist nicht mehr "Herr im eigenen Haus". Von Fürst Otto von Bismarck stammt das Zitat: "Enteignung ist Diebstahl". Was dann eine Teilenteignung ist, mag jeder Leser selbst entscheiden.
Alfred Ullrich
97816 Lohr-Sackenbach
Die Rechte der Besitzer an ihrem Eigentum werden durch die Ausweisung als Naturschutzgebiet nicht aufgehoben. Sie müssen lediglich gem. der im Grundgesetz verankerten Sozialpflichtigkeit des Eigentums Einschränkungen an der Nutzung und Nutzbarkeit ihrer Grundstücke hinnehmen. Wird die Nutzbarkeit eines Grundstücks durch die Schutzgebietsverordnung so stark eingeschränkt, dass es für den Eigentümer gar nicht mehr nutzbar und damit wertlos wird („enteignungsgleicher“ Eingriff), so kann er die öffentliche Übernahme (zum Marktwert) verlangen.
Nicht richtig ist auch, dass mangels Düngung die jetzt vorgefundene Artenvielfalt verschwinden wird. Magerrasenflächen sind sogar besonders artenreich.