
Für jeden ist die jetzige Situation eine Ausnahmesituation - vor allem für die Eltern. Viele müssen Beruf und Erziehung gleichzeitig meistern, jetzt kommt auch noch der Online-Unterricht von zuhause dazu. Wir haben deshalb mal nachgefragt, wie die Eltern unter unseren Lesern mit der dreifachen Belastung so klar kommen und wie das Lernen von Zuhause für ihre Kinder so funktioniert.
- Lesen Sie auch: Main-Spessart: Wie ist der Onlineunterricht für die Schüler?
- Lesen Sie auch: Schule zu Hause wegen Corona: So läuft nun der Unterricht in Unterfranken
Das sagen die Elternbeiräte
Andreas Bieber, Vorsitzender des Elternbeirats des Franz-Ludwig-von-Erthal-Gymnasiums in Lohr, sieht es positiv, dass in seinem E-Mail-Postfach bisher noch keine Reaktionen der Eltern gelandet sind. "Scheint ja, dass es keine größeren Probleme gibt oder dass jeder einen Weg gefunden hat." Er selbst hat einen 17-jährigen Sohn in der 12. Klasse. "In der Zeitung hab ich gelesen, dass Eltern teilweise drei Stunden mit ihren Kindern und den Schularbeiten beschäftigt sind. Bei meinem Sohn ist das Ganze eher ein Selbstläufer." Bieber gibt aber zu, dass es auf den Grad der Selbstständigkeit und die Leistung der Schüler ankommt.
Sehr zufrieden mit der Webcloud des Lohrer Gymnasiums ist Iris Frodl-Stahl, Biebers Stellvertreterin. Hier stellen die Lehrkräfte ihre Arbeitsaufträge und Unterrichtsmaterialien ein. "Vom Volumen her finde ich das okay. Man muss aber auch betonen, dass gerade eben keine Ferien sind, sondern Schulzeit", erzählt Frodl-Stahl. Ihren Sohn, der in die achte Klasse geht, weckt sie morgens vor neun Uhr und versucht damit, dem Tag ein wenig Struktur zu geben. Dann geht Frodl-Stahl zur Arbeit und lässt ihren Sohn selbstständig arbeiten. "Man merkt aber schon, dass das nicht so flüssig und konzentriert läuft. Er selbst sagt sogar, dass er sich auf die Schule freut." Für heute sei ausgemacht, dass sie über seine Matheaufgaben schaut. "Die Eltern kennen ihre Kinder am Besten und können abschätzen, inwieweit man nochmal nachschauen und nachfragen muss."
Unterschiedliche Stimmen der Eltern erhält Carolin Jost-Kilbert, Vorsitzende des Elternbeirats der Realschule Marktheidenfeld. Bei manchen Familien funktioniere das Lernen zuhause gut, bei anderen wiederum nicht. Sie selbst ist mit drei schulpflichtigen Söhnen gut beschäftigt. "Struktur ist da total wichtig und auch den Kindern zu zeigen, dass wir als Eltern bei Problemen ansprechbar sind. Wir setzen uns dann gemeinsam hin und schauen zum Beispiel auf YouTube, ob es eine gute Erklärung gibt." Von manchen Lehrern komme sehr wenig Unterrichtsmaterial, andere dagegen produzieren sogar selbst YouTube-Videos und erklären alles Schritt für Schritt.
Die selbstständige Tierheilpraktikerin versucht möglichst flexibel zu sein, um ihren Mann und den Kindern den Rücken frei zu halten. Am Morgen lädt Jost-Kilbert die Aufgaben aus dem Schulmanager herunter, verteilt sie an die Kinder und achtet darauf, dass sich die Kinder am PC abwechseln. Auch wenn die Söhne immer wieder nach Schlupflöchern suchen, kann sie bei ihrem Jüngsten schon einen kleinen Erfolg verbuchen: "Ich hab seine Schrift einfach nicht lesen können, jetzt schreibt er viel ordentlicher. Mal schauen, wie lange das in der Schule dann noch anhält."
- Lesen Sie auch: Schon wieder Vorfreude auf die "richtige Schule"
Das sagen die (selbstständigen) Mamas
Carina Nickel hat eine Tochter, die in die 5. Klasse der Staatlichen Realschule in Gemünden. Eigentlich sollte der Heimunterricht anfangs über "mebis" laufen. "Mebis" ist eine digitale Lernplattform des Landesmedienzentrums Bayern. Auf ihr können Lehrer Aufgaben und Material bereitstellen und Schüler ihre Antworten hochladen. Außerdem sind eine Chatfunktion für Lehrer und Schüler sowie ein Cloudspeicher enthalten. Zur Erstellung der Aufgaben stehen den Lehrkräften Tools, wie zum Beispiel ein Vokabeltrainer, zur Verfügung. Allerdings sei da alles zusammengebrochen, sagt Nickel. Das sei aber nicht überraschend, wenn plötzlich alle in dieses Programm wollen.
Inzwischen bekommt Nickel über E-Mail Anweisungen, was zu tun ist. Sie druckt die Arbeitsblätter dann aus und gibt ihrer Tochter die Aufgaben weiter. "Wir haben das große Glück, dass meine Tochter eine super Schülerin ist", sagt Nickel. Weil es für sie und ihren Partner gilt, eine Bäckerei am Laufen zu halten, müsse ihre Tochter auch ab und zu alleine zuhause bleiben. Das bedeutet für die Tochter dann auch, sich jeden Morgen den Wecker zu stellen, um pünktlich ihre Aufgaben zu erledigen. Nickel: "Da bin ich wirklich mächtig stolz auf sie."
Julia Wisiols Kind geht in die Spessartgrundschule Oberndorf. Wisiol erzählt, dass die Kinder am Freitag vor der Schließung alle Hefte und Bücher mit nach Hause bekommen hätten. Es gebe eine Notbetreuung, nehme sie jedoch nicht in Anspruch, da Papa und künftiger Stiefpapa sich die Betreuung teilen, solange Wisiol arbeite.
Die Eltern stünden mit der Lehrkraft über Antolin in Kontakt, einem web-basierten Programm zur Leseförderung in Schulen. Dort bekomme das Kind drei Mal pro Woche eine Nachricht mit einer Liste von Aufgaben und auch Aufgabenblätter, dazu eine Leseliste auf Antolin. Bezug nehmen die Lehrkräfte auf die Bücher oder stellen Texte auf Antolin. Bislang gab es keine großen Verständnisprobleme, die die Eltern nicht lösen konnten. Sollte das doch vorkommen, seien die Lehrkräfte ja erreichbar.
Gibt es auch schlechte Erfahrungen?
Eine Leserin berichtet unter einer unserer Facebook-Umfragen, dass sie zwar im Homeoffice arbeiten könne, sie es aber grundsätzlich schwer finde, alles parallel laufen zu haben. Zu der Uhrzeit, zu der ihr Mann und sie Feierabend machen könnten, sei die Konzentrationsfähigkeit des Kindes schon sehr abgeflacht. Eine weitere Leserin berichtet uns, dass einige Lehrer noch nicht mit der neuen Arbeitsweise vertraut seien und an der Schule ihres Kindes die Infrastruktur immer noch im Aufbau ist. Trotzdem: Die Strukturen würden jeden Tag weiterentwickelt werden.
Insgesamt überwiegen jedoch die positiven Reaktionen der Eltern. Wurde in der Vergangenheit oft das mangelnde Tempo bei der Digitalisierung der Schulen kritisiert, scheint die Ausnahmesituation doch gut gemeistert worden zu sein.
Die Diegitalisierung der Schulen ist nach wie vor noch lange nicht im grünen Bereich. Warum es so gut läuft? Weil die Lehrer von zuhause mit ihrem eigenen Equipment arbeiten. Von der Schule aus mit den dortigen Geräten und der oft nicht vorhandenen Software wäre viel weniger möglich.