Zu gerne hätte die Würzburger Justiz jetzt ein Verfahren um Menschenschmuggel und billige Leiharbeiter in Gemünden und Lohr beendet, das ihr seit vier Jahren wie ein Mühlstein am Hals hängt: Es geht um das Einschleusen von 49 billigen Leiharbeitern aus der Ukraine und Moldawien, mit deren Billiglöhnen sich ein Unternehmen in Gemünden offenbar viel Geld zu sparen hoffte. Von über 100.000 Euro ist die Rede.
Prozess gerät gleich ins Stocken
Vier Jahre nach einer Großrazzia, bei der dieser Fall ans Tageslicht kam, sollten jetzt sechs Verdächtige auf der Anklagebank Platz nehmen. Doch eine Schlüsselfigur des Falles ist inzwischen gestorben, eine zweite hochschwanger und der Verteidiger eines dritten Angeklagten plötzlich erkrankt. Das bringt den auf drei Tage angesetzten Prozess ins Stocken.
Die Bundespolizei hatte 2020 das Unternehmen und Arbeiterunterkünfte in Gemünden und Lohr sowie in Veitshöchheim durchsucht. In Baden-Württemberg fanden Durchsuchungen in Lauda-Königshofen (Main-Tauber-Kreis) und in der Kreisstadt Ravensburg statt.
Scheinfirma gegründet?
Dabei entdeckten die Ermittler nach eigenen Angaben unter anderem gefälschte Ausweise, die ihre Inhaber als angeblich rumänische und slowakische Staatsbürger ausweisen, somit also den Anschein erwecken, es handle sich um freizügigkeitsberechtigte EU-Bürger. In Wahrheit sollen es Arbeiter aus der Ukraine und Moldawien gewesen sein. "Man hat eine Scheinfirma gegründet, um Schwarzgeld und die Einschleusung von Leiharbeitern zu verschleiern", erklärte damals ein Sprecher der Bundespolizei.
Das Gericht sieht in einer vorläufigen Beurteilung einen minderschweren Fall, bei dem die Leiharbeiter gewusst hätten, worauf sie sich einließen – nicht vergleichbar mit Zwangsprostituierten, denen der Pass abgenommen und die Freiheit beschnitten wird. Da ein Anwalt erkrankt war, erschien auch sein Mandant nicht. Das Verfahren stockte, es kam gar nicht zur Verlesung der Anklage.
Versuch einer schnellen Verständigung
Das Gericht prüfte aber zumindest die Möglichkeit einer schnellen Erledigung des Verfahrens mit einer Verständigung: Bei einem Geständnis der Angeklagten gegen eine zuvor ausgemachte Strafobergrenze im bewährungsfähigen Bereich (höchstens zwei Jahre) hätte das Gericht den Fall vielleicht vom Tisch bekommen. Aber da spielte die Staatsanwältin nicht mit, die sich Strafen von teilweise deutlich über drei Jahren vorstellte. Sie sah bei den Angeklagten "erhebliche kriminelle Energie".
"Eine Verständigung kam nicht zustande", musste der Vorsitzende nach längeren Gesprächen attestieren. Die Anklage blieb unverlesen, bestellte Zeugen wurden wieder abgeladen. Nun droht nach Angaben des Vorsitzenden ein Prozess mit mühseliger Wahrheitssuche mit 13 statt drei Tagen – vermutlich irgendwann im nächsten Jahr.
Der Prozess ist auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Zunächst einmal wünschte das Gericht der hochschwangeren Angeklagten alles Gute für die bevorstehende Geburt ihres Kindes.