Wer nur auf die reinen Zahlen schaut, könnte erfreut sein: Gab es im Jahr 2018 noch elf leer stehende Ladenlokale in Marktheidenfeld, sind es 2020 "nur" noch neun. Und es ist Dynamik in der Stadt: Im Juli 2020 eröffnete am Marktplatz die Tourist-Info, direkt daneben das "Schoppen-Fenster". Andere Standorte wurden durch Umzüge innerhalb der Stadt frei und wieder belegt. So geschehen beim Wechsel in der Luitpoldstraße 13, vom Reisebüro zum Unverpackt-Laden. Und auch in der Obertorstraße ist Bewegung drin. Die Nummer 5 bis 7 wird derzeit renoviert und steht ab Frühjahr 2021 zur Verfügung, die Nummer 12 wird neugebaut. Beide Gebäude sind als Wohn- und Geschäftshäuser geplant.
Doch leider ist Leerstand ist nicht gleich Leerstand. 1600 Quadratmeter Verkaufsfläche haben die Räume, in denen bis November 2018 noch die Schuhwelt und belmodi drin waren. Seitdem steht das Ladenlokal leer und sticht durch seine prominente Lage am Rathaus ins Auge. Ähnlich geht es mit dem ehemaligen Kaufhaus Lermann. Der Eingang zur Luitpoldstraße hinaus ist seit Frühjahr 2019 zu. Die Schaufensterscheiben sind zugeklebt. Im Rückgebäude befinden sich aber nach wie vor die Geschäfte für Berufsbekleidung, Kinderkleidung, Elektro und Fahrrad sowie Werbetechnik. "Leerstände sind unterschiedlich zu gewichten", sagt Inge Albert, Stadtmarketing-Chefin im Marktheidenfelder Rathaus. Je nachdem wie prominent sie liegen und wie groß sie sind.
Luitpoldpassage endlich wieder voll
Seit vielen Jahren schon hat sie den Überblick über die Belegung der Geschäftsräume in der Stadt. Fungiert sozusagen als Informations- und Vermittlungsstelle zwischen Suchenden und Bietenden. Was sie freut: Dass sich in letzter Zeit – trotz Corona – besonders einige junge, kreative Unternehmer in Marktheidenfeld angesiedelt hätten, wie ganz aktuell seit Oktober die Betreiberin des Kinder-Secondhand-Geschäfts, aber auch die Inhaber des Unverpackt-Ladens sowie die Betreiber des Café Wertvoll und der Kreativ-Agentur. Auch freut sie, dass die Luitpoldpassage mit dem Orthopädie-Geschäft Albert, einem Nagelstudio und einem Obstgeschäft nun voll ist. Dennoch gebe es in der Stadt Branchen, die fehlen: Sportartikel, Spielwaren, Haushaltswaren, aber auch ein breiteres Sortiment an Textilwaren. Letztere hat Corona besonders getroffen.
Ob es derzeit überhaupt eine Nachfrage gibt? Ja, sagt Albert. Aber ob aus der Nachfrage immer etwas wird, steht auf einem anderen Papier. Lage, Quadratmeterzahl, Renovierungszustand, Preis – bei einer Vermietung müssen eben alle Komponenten passen. Zumindest beim Preis seien die Vermieter laut Abert aber bereit, auch auf die Mieter zuzugehen.
Veränderte Laufwege machen sich bemerkbar
Welche Erfahrungen machen Immobilienmakler? Hendrik Hagenbucher ist seit 1982 in der Immobilienbranche und Hausverwaltung in Marktheidenfeld und Umgebung tätig. Er sagt, Ladengeschäfte zu vermieten sei derzeit äußerst schwierig. Es gebe sehr wenig Anfragen. Unter seinen Angeboten findet man auch das Ladengeschäft in der Bronnbacher Straße 10. In dem rund 100 Quadratmeter großen Laden war früher das Naturkost Geschäft Kornblume. Seit 2017 steht es leer.
Es habe bisher ein paar Interessenten gegeben, so Hagenbucher. Zum Beispiel aus dem Bereich Gastronomie. Hier sei es allerdings meist daran gescheitert, dass die Räume bisher nicht gastronomisch genutzt wurden, schwierig zu belüften seien und somit Nutzungsänderungen nach sich ziehen würde. Auch ein Wettbüro sei mal im Gespräch gewesen, aber von der Stadt Marktheidenfeld abgelehnt worden.
Was sich in der Bronnbacher Straße vor allem bemerkbar mache, seien die veränderten Kundenströme, vor allem durch die Schließung des Kaufhaus Lermann. Denn die Straße wurde gerne als Laufweg von dort zum Marktplatz genutzt. Die Frequenz sei hier in den letztem Jahren immer gut gewesen.
Baustelle als Frequenz-Killer
Ein echter Frequenzkiller, aber leider nicht verhinderbar, ist die aktuelle Sanierung der Ortsdurchfahrt in Marktheidenfeld und die dazugehörigen Straßensperrungen. Sie machen es den Gewerbetreibenden derzeit nicht leichter. Das macht auch Bürgermeister Thomas Stamm Sorge. Er appelliert daher an alle, weiter lokal einzukaufen und die Angebote der Händler in der Innenstadt zu nutzen.
„Gerade jetzt ist es wichtig, unserem lokalen Handel den Rücken zu stärken und in der Innenstadt einzukaufen“, erklärt er. „Schließlich möchten wir alle, dass die hohe Angebotsvielfalt in Marktheidenfeld erhalten bleibt.“ Dies ginge aber nur, wenn die Einzelhändler auch in diesen Zeiten ausreichend Umsatz machen, betont Stamm.
Die Stadt Marktheidenfeld weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass alle öffentlichen Parkplätze in der Innenstadt über die beschilderte Umleitung weiter anfahrbar sind. In der Regel können Fußgänger und Fahrradfahrer die innerstädtischen Baustellen trotz des laufenden Baubetriebs passieren.