
Die Stadthalle in Lohr ist dieses Jahr im Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler (BdSt) gelandet. "Dieses Beispiel zeigt wieder einmal, dass öffentliche Bauvorhaben oft nicht in dem vorgegebenen Kostenrahmen umgesetzt werden können", heißt es dort über das Projekt. Die Leidtragenden seien die Steuerzahler. Für das Schwarzbuch recherchiert der Bund der Steuerzahler nach eigenen Angaben jedes Jahr über 100 Beispiele "eklatanter Steuergeldverschwendung".
Doch was genau ist aus Sicht des Vereins falsch gelaufen in Lohr am Main? Zunächst einmal erkennt die Autorin des Schwarzbuch-Eintrages, Maria Ritch, an, dass der Bau der neuen Halle nötig war. Da stimmt ihr auch Lohrs Bürgermeister Mario Paul zu. Über die Erforderlichkeit der Stadthalle habe "zu keiner Zeit Uneinigkeit oder Zweifel" bestanden. Schließlich habe es im Landkreis Main-Spessart keine vergleichbare Halle für Veranstaltungen gegeben.
Zusatzwünsche haben Kostenanstieg verursacht
Das Problem ist jedoch: Ursprünglich sollte die Halle rund 15,3 Millionen Euro (netto) kosten. Letztlich ist die Bausumme aber auf knapp 20 Millionen Euro gestiegen, also um knapp 30 Prozent. Die Gründe dafür sind vielfältig. Auch in diesem Punkt sind sich beide Seiten einig. Inbesondere "Zusatzwünsche und Mehrausstattung" haben laut Ritch die Kostensteigerung verursacht. So hat man sich zum Beispiel im hinteren Bereich der Halle für aufsteigendes Gestühl entschieden, um die Akustik und die Sicht zu verbessern. Weitere Kosten sind entstanden durch eine Photovoltaik-Anlage, Maßnahmen zu Barrierefreiheit, eine Erweiterung der Tiefgarage, eine Hubbühne sowie bessere Veranstaltungs- und Bühnentechnik.
"Die Kostensteigerung ist nicht von der Hand zu weisen", räumt Lohrs Bürgermeister in einer Stellungnahme gegenüber dieser Redaktion ein. Die Gründe bedürfen aus seiner Sicht aber einer genauen Betrachtung. So sei ein nicht unerheblicher Teil auf die allgemeine Baukostensteigerung und die Baukonjunktur zwischen der Kostenberechnung 2012 und der Fertigstellung des Gebäudes 2017 zurückzuführen, sagt Paul.
Paul betont den Nutzen der zusätzlichen Austattung
Die zusätzlichen Ausstattungsmerkmale der Stadthalle Lohr seien entweder "gesellschaftspolitisch erwünscht beziehungsweise notwendig", "senken die Betriebskosten des Gebäudes" oder "erhöhen die Aufenthaltsqualität und Multifunktionalität des Gebäudes". Über den Umfang und die Ausführung der Halle habe es einen breiten öffentlichen Diskurs gegeben, genauso über den finanziellen Aufwand. Aus diesem Diskurs resultierten laut Paul auch die Entscheidungen, die die Kostenentwicklung beeinflusst haben.
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Die Nachricht, dass die Lohrer Stadthalle in das Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler kommt, kam für Bürgermeister Mario Paul diese Woche nicht überraschend. Bereits im April und im Mai habe Kontakt zum Bund der Steuerzahler in Bayern bestanden. Paul: "Die Gründe für die Kostensteigerung wurden dort ausführlich erläutert."
Wenn man ein aufsteigendes Gestühl oder ein besonders gutes Soundsystem möchte, muss man das vorher einplanen und nicht stückchenweise nachschieben.
Ansonsten schadet es auch nicht, sich von Anfang an einen Planungspuffer von ca. 10% mit einzurechnen.
Die Halle ist toll, aber aus der misslungenen Planung sollte gelernt werden.
Aus meiner Sicht zu Recht im Schwarzbuch gelandet!