Es ist davon auszugehen, dass Pflegerinnen und Pfleger in Seniorenheimen keine Angst vor einem kleinen Piekser haben. Wenn trotzdem nur 30 Prozent des Personals im Seniorenzentrum der Heroldstiftung in Karlstadt und im Kreisseniorenzentrum Gemünden sowie 50 Prozent im Kreisseniorenzentrum Marktheidenfeld die Corona-Impfung in Anspruch nehmen, dann muss es dafür gute Gründe geben.
Die Zurückhaltung des Pflegepersonals spiegelt die Zurückhaltung der Bevölkerung wider. Der Impfstoff sei nicht ausreichend getestet worden, über mögliche Langfristschäden, ja sogar über die genaue Wirkung des neuartigen Vakzins wisse man zu wenig – derartige Vorbehalte gibt es beileibe nicht nur in Querdenker-Kreisen. Wenn der Bundes- und Landesregierung daran gelegen ist, dass sich möglichst viele Menschen impfen lassen, dann müssen diese Vorbehalte ausgeräumt werden. Dann müssen die Bürger besser informiert werden. Über 90 Prozent der Seniorenheim-Bewohner haben sich impfen lassen. Dass die Impfung ihre Überlebenschancen im Fall einer Infektion deutlich erhöht, ist eine Botschaft, die angekommen ist.
Dem Pflegepersonal aber lediglich eine Info-Broschüre in die Hand zu drücken und von Impfen als "Bürgerpflicht" zu reden, genügt nicht. Wenn es gelingt, den Bürgern zu vermitteln, dass die Impfungen sicher sind und eine Rückkehr in ein Leben ohne Lockdown ermöglichen, dann gibt es keinen rationalen Grund sich zu verweigern. Klingt einfach, ist aber eine große Aufgabe für die Regierenden. Schließlich haben sie durch Fehler, Zickzack-Kurs und nicht immer nachvollziehbare Auflagen schon viel Vertrauen verspielt.