Die Erleichterung war spürbar: Nur eine Gegenstimme! Sabine Sitter wurde mit 102 Ja-Stimmen zur Landratskandidatin der CSU gewählt – es gab zwei ungültige Stimmen und nur einen Abweichler. Für ihr Wahlergebnis und ihre frische Präsentation erhielt Sitter von der Kreisdelegiertenversammlung im Saal des Gemündener Kreuzklosters sogar stehenden Applaus. Zuvor noch hatte es den Eindruck erweckt, als trauten die CSU-Oberen ihren Kreisdelegierten nicht so recht über den Weg.
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Keine zwei Sekunden hatte der Kreisvorsitzende Thorsten Schwab auf eine Antwort auf seine Frage "Gibt es Gegenkandidaten?" gewartet. Dann war er zufrieden: "Ich sehe, das ist nicht der Fall." Mehrfach hatten alle Redner – Schwab, Kreistagsfraktionsvorsitzender Walter Höfling und Ulrich Reuter, Landrat des Landkreises Aschaffenburg – betont, sie wünschten und hofften auf ein klares, vielmehr ein überragendes Votum für Sabine Sitter. Als die Delegierten diesen Wunsch erfüllten, war die Freude groß.
Die Schlüsselposition gewinnen
"Der Landrat ist die Schlüsselposition zwischen Kommunen und Freistaat", sagte Schwab. Die CSU sei auf allen Ebenen vertreten, in Kommunen, im Land und im Bund; deshalb sei es wichtig, im März 2020 auch im Landratsamt Main-Spessart die Oberhand zu erlangen. Ulrich Reuter war aus dem Nachbarlandkreis Aschaffenburg nach Gemünden gekommen. Er sagte, er kenne Sitter als sehr kompetente stellvertretende Landrätin. Er wünsche es ihr und den Menschen in Main-Spessart, dass sie nun Chefin werde.
Walter Höfling rief zur geschlossenen Unterstützung der Kreis-CSU für Sitter auf. "Seit 1984 tut es uns weh, dass wir nicht den Landrat stellen. Bitte helft mit!" Er betonte Sabine Sitters Fähigkeit, mit Menschen zu reden und ihre Empathie. "Das wäre neu im Landratsamt", sagte er.
Präsentation in zwei Akten
Die 1975 geborene Sabine Sitter, seit 2014 stellvertretende Landrätin und studierte Sozialpädagogin mit Master in Klinischer Sozialarbeit, stellte sich in einer zweiteiligen Präsentation vor. Zunächst gab es ein Zwiegespräch mit ihrem Mann Ralf Schwarz, einem Winzer, mit dem sie zwei Kinder hat. "Sabine ist zielstrebig", sagte Schwarz. Sie erwiderte, sie habe immer Förderer gehabt, die ihr Übergänge erleichtert hätten. Schwarz sagte: "Du hast Bodenhaftung und ich werde dafür sorgen, dass du sie behältst." Sitter sagte, sie wolle in Main-Spessart ein Wir-Gefühl erzeugen. Sie wolle die Möglichkeiten vorantreiben, auf digitalem Wege Anträge verschiedener Art ans Landratsamt zu stellen, und sie wolle eine neue Art zu Führen etablieren: im Netzwerk, im Miteinander.
Nach diesem etwas bemühten Dialog kam Sitter zur Sache und präsentierte per Powerpoint ihre Wahlkampfschwerpunkte in fünf Stichworten. Sie wolle "in den Chefsessel im Landratsamt", sagte die Kandidatin. Den Begriff "Landrätin" vermied sie weitgehend. "Main-Spessart: Mehr als Altlandkreise" lautete ihre erste These. Aus konkreten Fragen – Was braucht ein Rentner in Burgsinn, eine junge Familie in Bischbrunn, ein Jugendlicher in Hasloch? – wolle sie eine "Landkreis-Strategie 2030" entwickeln. Grein und Schiebel hätten als Landräte mit einer "Nicht-Strategie" agiert.
"Mobilität: Mehr als Straßen" stand auf dem zweiten Schaubild, das den Landkreis als fast autobahnfreie Insel in Unterfranken aufzeigte. Es sei für sie keine Frage, dass eine Ost-West-Verbindung nötig sei. "Bei der B26n geht's um das Wie", formulierte sie. "Aber wir brauchen auch Car-Sharing und Busse, Radwege, Wanderwege und die Datenautobahn." Und: "Die Zukunft ist Zug."
Denk neu, mach neu, mach mit
"Bildung: Mehr als Schule" lautete die dritte These. In Hammelburg würden gerade auf der grünen Wiese nebeneinander Mittel-, Realschule und Gymnasium gebaut – "das hat Zukunft", urteilte Sitter. "Mich sorgt, dass 19- bis 24-Jährige den Landkreis verlassen." Sie überraschte mit der Ankündigung, es sei ihr Ziel, einen Hochschulstandort nach Main-Spessart zu bringen, "vielleicht mit Schwerpunkt Gesundheit".
"Gesundheit: Mehr als Krankenhaus" und "Sicherheit: Mehr als Blaulicht" lauteten die weiteren Punkte, die zur Schlussfolgerung hinführten: "Sabine: Mehr als Stellvertreterin". Sie sei eine "Neudenkerin", behauptete die Kandidatin. Sie wolle alle Bürger einladen: "Denk neu, mach neu, mach mit!" Dis CSU-Kreisdelegierten zeigten sich bereit, mitzumachen.