Zwischen Altbaugiebeln und Satellitenschüsseln spitzt etwas entfernt das Zementwerk Schwenk hervor: Von der Dachterrasse der Familie Schwarzmann ergibt sich ein Blick über zwei konträre Seiten von Karlstadt. Die Wohnung von Sabrina und Daniel Schwarzmann liegt in der Karlstadter Innenstadt, dicht an dicht mit umliegenden Altbauten. Aufwachsen in der Innenstadt – eine Entscheidung, die laut Sabrina Schwarzmann aktuell nur wenige Eltern für ihre Kinder in Karlstadt treffen. Generell gehe die Entwicklung eher zum Wohnen in Siedlungen außerhalb des Zentrums, mit Garten und Parkplatz vor der Tür. Warum hat sich die junge Familie bewusst für das Leben in der Altstadt entschieden?
Urlaubsfeeling auf Dachterrasse
"Bahnhof, Eisdiele und Schwimmbad, all das ist in unmittelbarer Nähe", freut sich Sabrina Schwarzmann. Der Charme der Karlstadter Innenstadt ist für sie und ihren Ehemann Daniel unersetzlich. Sommerabende auf der Dachterrasse mit Blick über die Altstadtdächer lösen bei ihr immer noch "Urlaubsfeeling" aus. Die Innenstadt sei an solchen Abenden voller Leben, das gefällt der 37-Jährigen.
Der 300 Meter entfernte Spielplatz ist für die zwei Söhne Jan und Ben ein beliebter Treffpunkt. Da die Straße autofrei ist, hat Mutter Sabrina auch keine Bedenken, ihren siebenjährigen Sohn Ben dort spielen zu lassen. "Altstadt ist nicht gleich Altstadt", gibt sie allerdings zu bedenken. Ein paar Straßen weiter beispielsweise würde sie mit den Kindern nicht wohnen wollen, diese Altstadtgegend sei ihr zu stark befahren.
Umbau unter Ensembleschutz
Den zweiten Stock des Wohngebäudes ließen die Schwarzmanns 2014 abreißen und neu bauen, seitdem lebt die vierköpfige Familie dort. Auf Solarzellen mussten sie wegen der vorgeschriebenen Dachschräge verzichten, auch die Höhe des Neubaus war aufgrund des Ensembleschutzes für die gesamte Karlstadter Altstadt streng reguliert. Dadurch soll die historische Altstadt als räumlich-architektonische Einheit erhalten bleiben. Dennoch habe ihnen die Stadt Karlstadt beim Umbau keinesfalls Steine in den Weg gelegt, betont Daniel Schwarzmann.
Auf einem zusätzlichen Grundstück der Familie, drei Minuten Fußweg von der Altstadtwohnung entfernt, befindet sich die Garage für das Familienauto. "Die drei Minuten Fußweg vom Auto zum Haus nerven manchmal schon", gesteht Sabrina Schwarzmann. Deswegen nutzen die Schwarzmanns für Wege in der Stadt vorrangig das Fahrrad oder gehen zu Fuß. "So hält man sich auch fit", scherzt die gebürtige Karlstadterin. Einen Garten vermisse sie nicht: "Die Blumen auf der Dachterrasse zu gießen reicht mir schon, wir sind nicht so die Obst- und Gartenbauer", meint Sabrina und lacht.
Und was dient dann als Naturersatz? Zum Beispiel Joggen am Main und Wanderungen zur Karlsburg, es gebe viele Optionen, erzählt das Ehepaar. Daniel ist als gebürtiger Heßdörfer auf dem Land aufgewachsen, das Dorfleben fehlt ihm allerdings nicht: Als ehemaliger Soldat war der 38-Jährige schon viel in Deutschland unterwegs und ist froh, nun wieder in seiner Heimatregion zu wohnen. Dem siebenjährigen Ben gefällt neben dem Springbrunnen auf dem Marktplatz und dem Karlstadter Freibad besonders die Nähe zu seinen Freunden.
Läden verschwinden aus der Altstadt
Eine Entwicklung finden die Schwarzmanns allerdings bedauernswert: Immer mehr Läden verschwinden aus der Karlstadter Innenstadt. So müssen sie Lebensmittel und Dinge des täglichen Bedarf doch häufig mit dem Auto holen. "Beim Ausladen vor unserem Haus müssen wir uns dann immer beeilen, sonst gibt's einen Strafzettel wegen Falschparkens", erzählt Daniel Schwarzmann. Auf's Dorf oder in eine Siedlung zu ziehen kommt für beide dennoch nicht in Frage: "Wir lieben das Karlstadter Altstadtleben."