Das mit den Mitfahrerbänken im Stadtgebiet von Karlstadt klappt noch nicht so ganz. Die SPD wollte es genau wissen und machte einen Test: In jedem Stadtteil setzte sich am vergangenen Donnerstag eine Person von 9 bis 11 Uhr auf eine Mitfahrerbank, um nach Karlstadt beziehungsweise von Karlstadt in einen Stadtteile mitgenommen zu werden. Die Ergebnisse fielen höchst unterschiedlich aus. Es wurde schnell deutlich, dass bei etlichen Mitfahrerbänken nicht klar zu erkennen ist, ob die Person nun auf den Bus wartet oder in einem Auto mitgenommen werden will.
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Seit fast einem Jahr sind die Mitfahrerbänke eingerichtet. Die SPD-Stadtratsfraktion hatte die Idee von anderen Orten aufgegriffen und für Karlstadt beantragt. Im Ordnungsamt wurden die 14 Standorte im Stadtgebiet penibel durchgeplant. Der Haushaltsansatz betrug 4000 Euro.
Tramperdaumen auf grünem Grund
An jeder Mitfahrerbank wurde eine Art Ampel installiert. Sitzt eine Person auf der Bank und das drehbare Schild zeigt den Tramperdaumen auf grünem Grund, ist für einen vorbeifahrenden Autofahrer sichtbar: Diese Person will mitgenommen werden. Die Rückseite des Drehschildes ist einfach rot angestrichen.
Den größten Erfolg verbuchte Barbara Huß, die sich testhalber in Gambach auf die Mitfahrerbank in der Bahnhofstraße setzte – die andere in Gambach befindet sich in der Ortsmitte in der Talstraße. "31 Autofahrer wären bereit gewesen mich mitzunehmen", berichtet sie. Allerdings könnte dabei eine Rolle gespielt haben, dass sie als Gambacherin den meisten bekannt war. Zudem half sie ein wenig nach, indem sie ihren Daumen wie beim Trampen nach oben reckte. Unter den 56, die vorbeifuhren, seien auffallend viele junge Leute gewesen. Von den Älteren, die anhielten, erklärte etwa die Hälfte, dass sie nur Bekannte mitnehmen. Eine Person, die anhielt, berichtete, es sei das erste Mal gewesen, dass hier jemand mitfahren wollte.
Abseits der Hauptroute
Ganz anders erging es Harald Schneider, der sich in Heßlar hinsetzte. Die Mitfahrerbank steht dort etwas abseits der Hauptroute am Stiegel, wo auch die Bushaltestelle ist. Von den zwölf Autos, die Schneider in den zwei Stunden zählte, hielten zwei, weil ihn die Fahrer kannten.
Heidi Wright hatte sich das Bänkchen in der Stettener Werntalstraße nahe Dorfplatz ausgesucht. "Die Bank ist hervorragend einsehbar und ich habe offensiv dagesessen", berichtet sie. Etwa 200 Autos zählte sie. Acht hielten an. Fünf Frauen betonten, sie würden für Frauen stoppen. Unter den drei Autofahrern war auch einer, "bei dem wäre ich nicht eingestiegen". Die andere Mitfahrerbank in Stetten ist vor der Metzgerei Müller.
Männer benachteiligt?
Sind Männer benachteiligt, wenn es darum geht, mitgenommen zu werden? Walter Amberg saß in Stadelhofen und zählte 85 Autos, die vorbeifuhren. Allerdings könnte es auch sein, dass alle dachten, er warte auf den Bus.
An vielen Stellen kann es zu dieser Verwechslung kommen. So sind auch die beiden Karlburger Mitfahrerbänke an den Bushaltestellen – die eine im Harrbacher Weg, die andere in der Karolingerstraße/Hagstraße. Dort zählte der Karlburger Werner Johannes 225 Autos. Die vier Fahrer, die ihn mitgenommen hätten, kannten ihn alle. Viele andere hätten verlegen zur Seite geschaut, als er ihren Augenkontakt suchte, berichtet Werner Johannes.
Versteckt im Buswartehäuschen
Wer in Laudenbach im Buswartehäuschen in der Mühlbacher Straße sitzt, wird nicht gesehen, so Heike Kohlmann. Von den 106 Autofahrern in Laudenbach hielten acht an, um sie mitzunehmen. Anders ist es an der zweiten Laudenbacher Mitfahrerbank. Am Milchhäusle steht sie an einer exponierten Stelle.
Auch wenn es jetzt schon mehrmals angesprochen wurde: In Wiesenfeld sei der Standort in der Karlstadter Straße an der Bushaltestelle nicht so glücklich, urteilt Gunter Schergl. Er hielt sich konsequent daran, wie es eigentlich gedacht ist: Das Schild auf den grünen Daumen drehen und sich auf die Bank setzen. Von den 276 Pkw hielten 14 an, davon 13 aus Main-Spessart und einer aus Kitzingen. Sechs Autofahrer stammten aus Wiesenfeld, zwei waren gute Bekannte. Das andere Bänkchen ist in der Lohrer Straße auf Höhe des Dorfladens.
Mühlbach ist anscheinend zu nah an Karlstadt. Keiner der mehr als 100 Kraftfahrer hielt an, berichtet Gertrud Gehret, die sich in der Stadelhofern Straße postiert hatte. Manche hätten freundlich auf das Schild gedeutet.
Neuer Dorftreff
Martha Bolkart-Mühlrath sagt, in Rohrbach seien schon nach fünf Minuten die ersten Nachbarn interessiert herbeigekommen. "Die Umstehenden haben das Ergebnis verfälscht", ist sie sich sicher. Und sie berichtet: "Die Rohrbacher lieben das Bänkle. Es ist zum neuen Dorftreff geworden." Martha Bolkart-Mühlrath hält den Standort in der Kurve für ungünstig. Das dortige Schild sei schwer zu sehen. Sie fände den Standort an der Bushaltestelle besser.
Schließlich noch Karlstadt. Marianne Kuhn testete die Mitfahrerbank am Busbahnhof. Von 336 Pkw hatten drei angehalten. Ein Fahrer hätte sie nach Gambach mitgenommen, ein weiterer nach Heßlar. "Und ein Türke hätte mich nach Wunsch in einen beliebigen Stadtteil gefahren."
Die Auswertung fand im Beisein von Kai-Uwe Brune vom Ordnungsamt statt – als Rückmeldung und um eventuell nachzubessern.