Christoph Weißhaar, der in Karlstadt die Mohren- und die VitaFit-Apotheke betreibt, teilt die Pandemie in verschiedene Arbeitsabschnitte ein: medizinische Masken, FFP2-Masken, Schnelltests, Schnelltestzentrum und aktuell der digitale Impfnachweis. In der Coronazeit kamen auf Apotheken viele große Aufgaben und fast staatstragende Bedeutung zu. "Zeitweise war's die Hölle", sagt Weißhaar.
"Ich kam im März 2020 vom Skifahren zurück und auf einmal ging's hier los", erzählt Weißhaar. "Dann begann der Ansturm auf die medizinischen Masken; jeder wollte welche kaufen." Ein Produkt, das vorher "nie nachgefragt" wurde und in der Apotheke nur zum Eigengebrauch vorhanden war, war auf einmal wahnsinnig begehrt.
Dealergespräche unter Apothekern
Gespräche mit befreundeten Apothekern seien wie Gespräche unter Drogendealern gewesen, erzählt er lachend: "Hast du was? Weißt du, wo man was bekommen kann? Was soll's kosten?" An einem Marktdonnerstag in Karlstadt "haben wir Unmengen an Masken verkauft", so Weißhaar. "Es war Wahnsinn." Im Grunde halte der Wahnsinn seitdem an, es habe nur immer wieder andere Themen und Aufgaben gegeben.
"Das eigentliche Apothekengeschäft machen wir seit einem Jahr nebenbei." Da sei der Umsatz auch erheblich eingebrochen. Von Grippewellen oder Allergien beispielsweise sei kaum etwas zu spüren gewesen, weil die Menschen Masken trugen. Logistisch sei es nicht einfach gewesen, seine Angestellten so in verschiedene Teams einzuteilen, dass der Betrieb im Fall einer angeordneten Quarantäne weitergehen könne. "Wir haben viele Teilzeit-Angestellte. Da müssen nun manche mehr arbeiten als sonst, andere weniger, damit das hinhaut", sagt Weißhaar. Außerdem hat er Luftfilter für die Apotheken besorgt und Plexiglasscheiben für die Ladentheke.
1000 Masken an zwei Tagen verkauft
Immer wieder sei sehr kurzfristige Organisation und Einkauf von Produkten gefragt gewesen. "Als es hieß, Menschen über 60 könnten kostenlose FFP2-Masken in den Apotheken abholen, bekamen wir nicht etwa die Masken vom Bund, sondern nur Geld, um diese anzuschaffen." Die Zuteilung des Geldes sei auf Grundlage der im vorherigen Quartal eingelösten Rezepte erfolgt. "Wie es ausgegeben wurde, wurde nie überprüft." Erst danach gab es die Masken auf Berechtigungsschein der Krankenkasse und damit eine Kontrollmöglichkeit.
Dann folgte die allgemeine FFP2-Maskenpflicht, die wieder einen Run auslöste. "Wir haben erstmal 1000 Masken bestellt", erzählt Weißhaar lachend. "Die waren in zwei Tagen weg." Zum Glück habe er einen zuverlässigen "Dealer", einen Lieferanten aus der Region, der Nachschub liefern konnte. "Trotzdem bekam und bekomme ich täglich 30, 40 Mails von irgendwelchen mir unbekannten Unternehmen, die Masken zum Kauf anbieten – oder mittlerweile Schnelltests."
Obwohl diese Artikel auch in Drogerien und anderen Läden erhältlich sind, gebe es viele Kunden, die bei ihm einkaufen. "Das ist eine Sache des Vertrauens. Die Kunden vertrauen mir, ich vertraue meinem Lieferanten." Die Wirksamkeit oder Zertifizierung von Masken und Tests könne Weißhaar natürlich auch nicht überprüfen. "Aber deshalb bestelle ich nicht bei windigen Internetanbietern."
Würzburger Studenten wichtig fürs Karlstadter Schnelltestzentrum
Weißhaar hat sich nicht vorgedrängelt, ein Schnelltestzentrum in Karlstadt aufzubauen. "Wir haben im Team darüber gesprochen und zunächst keine Möglichkeit gesehen, das logistisch auf die Beine zu stellen", erzählt er. Als dann Dr. Hans-Udo Heynen seine Hilfe anbot, habe er nochmal nachgedacht. "Wichtig war, Räumlichkeiten ohne Begegnungsverkehr zu finden." Das frühere Reisebüro am Schnellertor konnte er von einem auf den anderen Tag mieten – mit Verlängerung monatsweise. Außerdem fand er einen Experten, der eine flexible Software zur Terminvereinbarung entwickelte. Und er brauchte noch jede Menge Mitarbeiter.
"Mein Sohn Martti studiert Pharmazie in Würzburg. Viele seiner Kommilitonen helfen nun im Schnelltestzentrum mit", berichtet Weißhaar. Sie alle wurden von Dr. Petra Gehrsitz in der Entnahme der Proben und Anwendung der Tests geschult ebenso wie vom IT-Fachmann in der Handhabung der Software. "Das lief gut an."
Als der Besuch des Einzelhandels mit Schnelltest möglich wurde, richtete Weißhaar am Marktplatz eine weitere Teststelle ein. "Als die Frisöre und Baumärkte öffneten, hatten wir wieder extrem viel zu tun." Rund 600 Tests am Tag seien der Höchstwert gewesen. Mit Öffnung der Gastronomie fühlte er sich in der Pflicht, auch sonntags zu öffnen. "Sonst hätte niemand am Sonntagabend Essen gehen dürfen, da die Schnelltests nur 24 Stunden lang gelten."
Kritik am Veraltungsaufwand
Inzwischen sind die Inzidenzzahlen niedrig, die Tests nicht mehr vorgeschrieben. Die Teststube am Marktplatz wurde geschlossen, am Schnellertor werden weiterhin täglich über 150 Tests genommen. Aber der Apotheker bekommt keine Ruhe. "Nun geht's um die Beschaffung der Impfstoffe für die Karlstadter Ärzte." Jeden Dienstag muss jeder einzelne Arzt die benötigte Menge anfordern, Weißhaar gibt dann eine Bestellung auf. "Und donnerstags erfahren wir, wie viel Impfstoff wir am Montag tatsächlich erhalten." Dann müsse sein Team wieder für jeden einzelnen Arzt die auszuliefernde Menge berechnen unter Berücksichtigung von Erst- und Zweitimpfungen. "Der Verwaltungsaufwand ist vollkommen irre", betont der Apotheker.
Und nun ist noch der digitale Impfnachweis dazugekommen, "mit den Software-Problemen, über die schon berichtet wurde". Weißhaar wundert sich über 24 Euro, die er für die Ausstellung jedes QR-Codes erhalten soll. "Ich weiß nicht, wie diese Zahl zustande kommt. Das ist gut vergütet. Aber die Aufgabe bindet einen Mitarbeiter auch komplett."
Generell sagt Christoph Weißhaar: "Ich habe finanziell im vergangenen Jahr sicher profitiert, klar. Aber so ein Jahr möchte ich nicht nochmal machen." Und andere Apotheken, denen die Logistik fehlt, ein Schnelltestzentrum zu errichten, "die haben bestimmt einen Umsatzeinbruch erlebt". Allerdings: "Wir haben viel Wertschätzung erfahren. Den Leuten ist bewusster geworden, was wir leisten."