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Karlstadt
Karlstadt: Wie die Stadt den Bahnhof wieder zum Leben erwecken will
Seit Jahren steht das Empfangsgebäude leer. Das möchte Bürgermeister Michael Hombach ändern. Doch die Bahn wollte das Gebäude bislang nicht veräußern.
Das leerstehende Bahnhofsgebäude in Karlstadt: Bisher wollte es die Bahn offenbar nicht an die Stadt verkaufen.
Foto: Corbinian Wildmeister | Das leerstehende Bahnhofsgebäude in Karlstadt: Bisher wollte es die Bahn offenbar nicht an die Stadt verkaufen.
Corbinian Wildmeister
Corbinian Wildmeister
 |  aktualisiert: 08.02.2024 16:28 Uhr

"Hinweis! Wartehalle geschlossen" steht auf dem Schild, das in der Glastür des Bahnhofsgebäudes in Karlstadt hängt. Wer durch die Scheibe hineinschaut, sieht dort noch einige alte Drahtgittersitze stehen. Doch seit Jahren hat auf diesen kein Bahnreisender mehr Platz genommen. Ob bei praller Hitze, strömendem Regen oder bitterer Kälte: Auf ihren Zug müssen Fahrgäste in Karlstadt draußen warten. 

Anders als viele andere Bahnhofsgebäude im Landkreis Main-Spessart befindet sich die Karlstadter Immobilie noch im Eigentum der Deutschen Bahn (DB). Die Bahn nutzt diese allerdings nicht. Der letzte Mieter einer Wohnung in dem Bau an der Ringstraße hat diese im Juni 2018 verlassen, eine Filiale der Bäckereikette Maxl Bäck hat bereits Ende 2017 geschlossen. Pläne für das Empfangsgebäude hat die Deutsche Bahn nach eigenen Angaben nicht – anders als die Stadt Karlstadt. 

Stadt hat Interesse, das Empfangsgebäude zu kaufen

"In verschiedenen Gesprächen mit der DB hat die Stadt Karlstadt bereits ihr Interesse am Erwerb der Gebäude mitgeteilt", sagt Bürgermeister Michael Hombach (CSU) auf Anfrage dieser Redaktion. Ausgenommen sei der Bereich des Nebengebäudes, in dem sich technische Einrichtungen der Bahn befinden. Bisher sei der Konzern aber nicht an einem Verkauf interessiert gewesen.

Was die Stadt mit dem Empfangsgebäude vorhat? Hombach verweist auf das integrierte städtische Entwicklungskonzept (ISEK). Darin sind nach den Schilderungen des Stadtoberhauptes eine ganze Reihe von Ideen zu einer Neugestaltung des Bahnhofareals enthalten. Dabei geht es zum Beispiel um Barrierefreiheit oder den Umbau des Busbahnhofs. Eines der Ziele sei die Steigerung der Attraktivität beziehungsweise der Nutzung des Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und des Fernverkehrs, erklärt Hombach. Den Bahnhofsgebäuden komme dabei eine große Bedeutung zu. Nach Angaben der Bayerischen Eisenbahngesellschaft hatte der Karlstadter Bahnhof 2019 unter der Woche im Durchschnitt 2100 Fahrgäste pro Tag. 

Sieht aktuell eher ungemütlich aus: der geschlossene Wartesaal im Karlstadter Bahnhofsgebäude.
Foto: Corbinian Wildmeister | Sieht aktuell eher ungemütlich aus: der geschlossene Wartesaal im Karlstadter Bahnhofsgebäude.

Das Bahnhofsgebäude soll nach Überlegungen der Stadt – vorausgesetzt, sie könnte es kaufen –erhalten und saniert werden. "Die Stadt würde einen witterungssicheren Wartebereich im Bahnhofsgebäude begrüßen", so Hombach. Zusätzlich wäre ein überdachter Wartebereich für den Busbahnhof "wünschenswert".

Außerdem möchte die Stadt im Bahnhofsgebäude wieder eine Fläche für die Nahversorgung integrieren. Als Beispiel nennt Hombach einen Bäcker. So sollen sich Reisende auch außerhalb der "üblichen Geschäftszeiten" am Bahnhof mit Kaffee oder einem Snack eindecken können. Gegenüber des Bahnhofs gibt es derzeit zwar einen Kiosk und einen Bäcker – am Abend haben diese aber zu. Eine Wohnung im ersten Stock des Empfangsgebäudes könnte laut Bürgermeister zukünftig wieder vermietet werden.

Warum ziert sich die Deutsche Bahn ? 

"Für die Realisierung des ÖPNV-Knotenpunktes sind bereits Mittel für die Haushaltsberatungen 2021 beantragt worden", berichtet Hombach. Doch was ein Kauf des Bahnhofs kosten würde, ist der Stadt bisher nicht bekannt. Das liege daran, dass die Bahn bisher nicht an einem Verkauf interessiert war. Zur Umsetzung der Pläne aus dem ISEK würden bereits Gespräche der Stadt Karlstadt mit der Bahn, Bundestagsabgeordneten und den beteiligten Ministerien laufen. "Ohne Mitwirkung der beteiligten Institutionen ist eine Gesamtumsetzung nicht möglich." Gegebenenfalls müsste die Stadt ihre Pläne anpassen.

"Druck von oben wirkt bei der Bahn immer am besten."
Lukas Iffländer, stellvertretender Bundesvorsitzender, Fahrgastverband Pro Bahn

Dass die Bahn das Karlstadter Empfangsgebäude nicht verkaufen möchte, ergibt von außen betrachtet wenig Sinn. "Viele Bahngebäude, die aus einer anderen Zeit stammen und damals ihre Funktionen erfüllten, sind aus heutiger Sicht überdimensioniert und für die DB nicht wirtschaftlich zu betreiben. Daher veräußern wir diese Immobilien nach und nach", sagt ein Sprecher des Konzerns auf die Frage, welche Strategie dieser grundsätzlich bei Empfangsgebäuden verfolgt. Bundesweit hat der Konzern bis 2018 rund 2000 Gebäude an Kommunen und private Investoren veräußert. Heute verfügt er noch über etwa 700. Aktuell befinden sich in Main-Spessart noch die Empfangsgebäude in Karlstadt, Gemünden, Wiesthal und Retzbach im Eigentum der Bahn. 

Kein hoffnungsloses Unterfangen

Dass sich das leerstehende Empfangsgebäude in Karlstadt für die Deutsche Bahn rechnet, ist höchst unwahrscheinlich. Völlig aussichtslos ist das Vorhaben der Stadt aber auch nicht. Denn möglicherweise will die Bahn ihre Immobilie doch noch loswerden."Eine Übernahme ins Verkaufsportfolio wird hier geprüft", sagt ein Bahnsprecher gegenüber dieser Redaktion.

Der Fahrgastverband Pro Bahn befürwortet, wenn Empfangsgebäude für die Bahnreisenden wieder geöffnet werden. Wenn die Deutsche Bahn ungenutzte Immobilien nicht an Kommunen verkaufen will, rät der stellvertretende Bundesvorsitzende Lukas Iffländer dazu, beispielsweise Abgeordnete für das Thema anzustacheln. "Der Druck von oben wirkt bei der Bahn immer am besten", meint Iffländer.

 
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