Der Karlstadter Bruno Six, Jahrgang 1932, arbeitete nach dem Krieg von 1948 an zehn Jahre lang bei seinem Großvater Michael Henneberger in der Mainsandbaggerei. Der Großvater war eigentlich ursprünglich Fischer, ihm gehörten aber auch einige Schiffe. Six hatte das Mainschifferpatent erworben und durfte somit auch das größte Schiff fahren. Es war die "Gute Fahrt" mit 130 Tonnen Tragkraft.
Dieses Schiff vermietete Henneberger an die Firma Buchner. Sie benutzte es für den Bau der Mainschleusen. Himmelstadt und Harrbach waren schon 1939 gebaut worden, die heutige große Schleuse von Würzburg aber erst 1954. Denn es gab dort schon die kleinere Schleuse, die heute noch existiert, aber nicht mehr betrieben wird.
Das 130-Tonnen-Schiff sei für den Ludwig-Kanal konstruiert gewesen, weiß Bruno Six. Stellte man das Ruder quer, passte es dort gerade so in die Schleusen. Und gerade so passten die Holz-Telefonmasten, die aus dem Bayerischen Wald kamen, in das Schiff.
Schiff bei Mannheim versenkt
Dieses beschlagnahmte die Wehrmacht im Krieg und platzierte eine Flak darauf. Bei Mannheim sollte mit den Flugabwehrkanonen die dortige Industrie vor Angriffen geschützt werden. Zum Kriegsende versenkten die Deutschen das Schiff, damit es nicht den Gegnern in die Hände fällt. Six' Onkel fuhr den Rhein ab und fand das Wrack. Das Loch wurde zunächst mit Holz abgedichtet und das Schiff leergepumpt, bis die "Gute Fahrt" wieder schwamm.
Auf diesem Schiff arbeitete Bruno Six beim Bau der Würzburger Schleuse. Die Baufirma nutzte es, um den Bagger und die Ramme zum Einrammen und Ziehen der Spundwände darauf zu platzieren. Der Karlstadter wohnte in jener Zeit auch auf dem Schiff. "Das Gehämmer der Ramme ging die ganze Nacht, der Fels war hart." Einmal, so erinnert er sich, sei seine Großmutter von Karlstadt nach Würzburg gelaufen, um ihm Essen zu bringen. Die Ration reichte für zwei Tage.
Das kleinste Wasserfahrzeug des Großvaters war der "Flieher", ein breites Stahl-Rettungsboot zum Rudern, von denen jedes Schiff auf Strecke eines haben musste. Er wurde hinten angehängt.
Rekordmenge an Eis gebrochen
Neben der Sandbaggerei gab es für Six und seinen Großvater noch ein Zubrot in der Winterzeit. Die beiden holten Eis aus dem Main für die Brauereien. Oberhalb vom heutigen Zementwerkshafen waren die "Bäu", also die Buhnenfelder, in denen das Wasser zuerst gefror. Auch die Bauern Schreck und Bernard fuhren damals Eis. Es sei eine Art Wettbewerb unter den Eislieferanten entbrannt, erzählt Six.
Normalerweise wurden mit einer Säge, an deren unterem Ende ein Gewicht angebracht war, Platten herausgesägt, die zwei Mann heben konnten. Bruno Six ließ sich etwas einfallen. Ein Fahrzeug der Amerikaner ließ er aufrüsten zu einem Bagger. "Ich hab' auf dem Eis angezeichnet, wie groß die Stücke werden sollen, damit sie ins Maul vom Bagger reinpassen." So hat seine Truppe in Rekordzeit so viel Eis geliefert, dass es dafür 100 Mark gab. "Das war ein Wahnsinnspreis."
Denselben Bagger nutzte er übrigens, um die Baugrube für das Haus von Dr. Benno Keller in der Ringstraße auszuheben und den Mist beim Bauern Bernard umzusetzen.
Die Papierrollen waren zu schwer
1958 wechselte Bruno Six zur "Tuttefabrik", zur Franconia-Verpackung, wo die Zementsäcke aus Papier hergestellt wurden. Die Papierrollen kamen per Schiff aus Norwegen. Als Baggerfahrer hievte er die Rollen aus dem Schiff. "Da habe ich in der Stunde mit fünf Mark so viel verdient wie beim Großvater in einer ganzen Woche. Bei dem hatte ich allerdings das Essen kostenlos."
Der Bagger war für die Papierrollen eigentlich zu leicht. Die Hinterräder hoben beim Anheben manchmal ab. Eines Tages kippte Six mitsamt Bagger in den Main. Die Kabinentür ging nicht auf, während er bis über die Brust im Wasser steckte. Mit einem Kran vom Zementwerk wurde der Bagger geborgen. Der Chef warf Six vor, den Bagger absichtlich umgeworfen zu haben. Das erzürnte den Beschuldigten so, dass er sein Taschenmesser zückte und dem Chef androhte: "Damit kitzel ich dich, wenn du das noch mal sagst." Den Job war er damit los.
Studium zum Bauingenieur
Er wechselte als Lkw-Fahrer zur Baufirma Fleischmann, machte eine Maurerlehre, legte im Polytechnikum Würzburg die Mittlere Reife ab und studierte Bauingenieur. Nach sieben Jahren als Ingenieur bei der Baufirma Heinz Fleischmann ging er zur Firma BTU und später zur aus der Baufirma Ehrenfels hervorgegangenen SEK.
Bruno Six ist in Karlstadt auch als Sportler bekannt. Mit 14 begann er Handball zu spielen, dann wurde sein Lauftalent entdeckt. "In Würzburg habe ich jeden 1000-Meter Lauf gewonnen." Als Senior startete er bei Marathonläufen – zu Fuß und auch auf Inlinern. Mit Gustl Krapf, dem Sohn des Altbürgermeisters Christian Krapf, Gitti Haas und Rudi Kalb war er zum Skifahren auf dem Kreuzberg. Und er fuhr die Planierraupe, mit der Anfang der 1960er Jahre die Sprungschanze auf dem Saupurzel angelegt wurde.