"Das Heilige Grab": Der Förderkreis Lohrer Karfreitagsprozession macht sich Gedanken über die liegende Holzfigur des toten Christus. Zwar ist die Holzfigur bei der Prozession mit einem feinem Gazetuch zugedeckt. Doch sei sie "keine Schönheit", nahm Pfarrer Sven Johannsen bei der Jahresversammlung dieses Vereins kein Blatt vor den Mund.
363 Tage im Jahr unterm Kreuzaltar verborgen
Die Leichenblässe gehe langsam in den Verwesungszustand über, spitzte er die Situation zu. Wohl würde das Vermögen des Förderkreises ausreichen, eine neue Figur zu finanzieren. Doch der Stadtpfarrer präsentierte einen Lösungsvorschlag, an dem viele durchaus Gefallen fanden: Die aktuelle Figur könnte von einem Werk ersetzt werden, das 363 Tage im Jahr unter dem Kreuzaltar der Stadtpfarrkirche verborgen ist.
Geschaffen hat es der Würzburger Bildhauer Josef Gerngras (1894 – 1959) im Jahr 1926. Von ihm stammt auch das ein Jahr ältere, große hölzerne Kruzifix vor dem südlichen Seitenschiff der Stadtpfarrkirche St. Michael. 1926 übernahm Gerngras auch die Bildhauer-Werkstatt von Heinz Schiestl in Würzburg, der verwandtschaftlich und künstlerisch mit Lohr verbunden war.
Fast lebensgroße Statue
Es handelt sich um eine fast lebensgroße hölzerne Statue Christi, der im Grab liegt. Am Fußende kniet ein Engel, seine Füße umfassend, den rechten Flügel ausgebreitet. Diese Darstellung ruht also fast das ganze Jahr über hinter der Holzverkleidung des Seitenaltars. Geöffnet wird diese nur am Karfreitag und Karsamstag.
Diese Austausch auszuprobieren, "bevor wir eine Figur renovieren", sei nur eine Überlegung, betonte Johannsen. Die Versammlung – mit Bürgermeister Mario Paul waren 24 Personen anwesend – zeigte sich angetan von diesem Vorschlag. "Die Idee ist faszinierend", sagte Joachim Salzmann, seit elf Jahren Vorsitzender des Förderkreises. Die Frage ist nur: Ist diese Figur auch zu stemmen? Sie ist offenbar aus massivem Holz und sehr schwer. "Wir gucken's uns an", sagte Salzmann. Der Vorschlag sei eine Option fürs nächste Jahr.
Die Ergänzung der Prozession durch eine 14. Station, wie sie 2013 diskutiert worden war, war diesmal kein Thema. So bleibt der Schweigemarsch im 58. Jahr unverändert. 1961 hatte der damalige Stadtpfarrer und Dekan Karl Haller ihn durch "Das Kreuz unserer Zeit" ergänzt - ein schlichtes Holzkreuz mit der Aufschrift "Hunger, Hass, Lauheit, Spaltung".
Vorsitzender Joachim Salzmann einstimmig bestätigt
Joachim Salzmann, 2008 als Nachfolger von Josef Franz erstmals zum Vorsitzenden gewählt, wurde bei der Wahl einstimmig in seinem Amt bestätigt, ebenso (in Abwesenheit) sein Stellvertreter Walter Heußlein und Michael Schecher, der seit Gründung des Vereins 2002 Kassier ist. Kein Nachfolger fand sich für Roland Merz, der fünf Jahre als Schriftführer fungierte. Der Posten bleibt vorerst vakant.
An Einnahmen verbuchte Schecher rund 3500 Euro durch Mitgliedsbeiträge und fast 1000 Euro durch den Verkauf des Büchleins "Die Lohrer Karfreitagsprozession" von Karl Anderlohr. Für letzteres habe sich vor allem Brigitte Krautwald verdient gemacht, wusste Schecher zu würdigen. Da sich die Ausgaben mit gut 400 Euro in überschaubaren Grenzen hielten, wird mit dem Überschuss das Stammkapital des Vereins aufgestockt.
Auch Unerfreuliches wird angesprochen: Die Drittklässler einer Grundschule in einem Lohrer Stadtteil wissen zwar alle von der Prozession, hat Pfarrer Johannsen abgefragt. Selbst erlebt aber habe sie nur ein einziges Mädchen, bedauerte er. Ein Café in der Hauptstraße, so kritisierte er weiter, habe vergangenes Jahr schon während der Prozession auch draußen bedient.
Ein Greuel sind den Verantwortlichen auch Vorschläge wie jener eines alteingesessenen Lohrers. Die Prozession möge doch bitte öfter anhalten, "damit wir besser fotografieren können", hat er laut Salzmann an ihn herangetragen. Das passt nicht wirklich zu dem Appell "Bitte respektieren Sie den religiösen Charakter der Prozession", der auf den Flyern steht. Auf diesen ist auch die wegen der Baustelle in der Alfred-Stumpf-Straße heuer geänderte Route aufgedruckt. Gleichwohl die Prozession viele Auswärtige anlockt, soll mit ihr nicht geworben, soll sie nicht vermarktet werden und "nicht zu einem Event verkommen", schloss Salzmann die Versammlung.