
Deutschland sucht ein Endlager für Atommüll. "Das Ding will niemand auf der Welt, aber wir werden es brauchen." Diesem Satz von Grünen-Fraktionschef Gerhard Kraft konnten alle Mitglieder des Ausschusses für Landkreisentwicklung beipflichten. Auch seinem Dank an Sebastian Kühl, Sachgebietsleiter Wirtschaftsförderung im Landratsamt, für die Erstinformation zu diesem Thema am Mittwoch in Marktheidenfeld. Die erste von drei Phasen zur Standortsuche sei erst angelaufen, berichtete Kühl, mahnte aber auch: "Wir müssen da ein Auge darauf haben."
Im Jahr 2031 soll feststehen, wohin das Atommüll-Endlager kommt. 90 Teilgebiete kämen dafür bundesweit in Frage, auch Bereiche im Main-Spessart-Kreis aufgrund des kristallinen Gesteins im Untergrund. Welche sechs bis acht Gebiete in die engere Wahl kommen, das soll am Ende der Phase 1 feststehen. Sowohl auf bayerischer wie auf unterfränkischer Ebene fänden derzeit Koordinierungsaktivitäten statt, so Kühl.

Begrenzte Beteiligungsmöglichkeit
Als Kritikpunkte am Standortauswahlverfahren nannte er unter anderem die mangelnde Transparenz und Beteiligungsmöglichkeit, ferner dass im Spessart klüftige Gesteine bislang nicht ausgeschlossen wurden oder unbeachtet blieb, dass sich in Nordbayern ganze Flusstäler in Hebung befinden. Als Appell an die Kreisräte, die Entwicklung aufmerksam zu beobachten, darf Kühls Hinweis verstanden werden: "Wenn man keine Beteiligungsmöglichkeiten mehr hat, dann brennt hier schnell der Baum."
Zeitnäher als mit dem Atommüll wird sich der Landkreis mit dem Thema Freiflächen-Photovoltaikanlagen – im Volksmund kurz Solarparks – befassen. Die sind zwar Sache der Städte und Gemeinden, doch stellte angesichts des "sprunghaften Anstiegs von Nachfragen" und des erhöhten Flächendrucks Sebastian Kühl fest: "Die Planungen laufen vielfach räumlich unkoordiniert, häufig ausschließlich auf der Grundlage der Flächenverfügbarkeit und unter weitgehender Vernachlässigung landes- und regionalplanerischer Vorgaben."
Auf Ebene der Regionalplanung werde deshalb ein Konzept erstellt. Er hoffe, dieses noch im ersten Halbjahr 2021 an die Kommunen weitergeben zu können. Es weise Flächen aus, in denen die Nutzung von Photovoltaik aus raumordnerischer und umweltfachlicher Sicht voraussichtlich möglich ist.
Roos: Besser Flächen entlang der A3 nutzen
Gerhard Kraft (Grüne) hoffte, dass am Ende nicht das herauskomme, was für die Windkraft gelte, "dass wir null Zubau haben". Der Landkreis Main-Spessart wolle energieautark werden, erinnerte er, und forderte einen Bericht des Klimaschutzbeauftragten, "wo wir prozentual stehen mit Wasserkraft, Windkraft und Sonnenenergie". Esselbachs Bürgermeister Richard Roos (UGM) verwies auf ein Pilotprojekt in Aschaffenburg, wo Solarparks entlang der Autobahn entstehen sollen. Auch in Main-Spessart gebe es an der A3 ausreichend Flächen. Die solle man nutzen, dann müsse man keine landwirtschaftlichen Flächen belegen oder gar in den Naturpark gehen.
Informationen lieferte Kühl schließlich noch zu den Stromtrassenprojekten SuedLink und Fulda-Main-Leitung. Von der SuedLink-Trasse seien Arnstein, Thüngen, Retzstadt, Zellingen und Birkenfeld betroffen. Noch gesucht werde ein Standort für eine Kabelabschnittsstation. Vier Suchbereiche seien dafür ausgewählt: südlich Altbessingen, nördlich Marbach, südlich Binsfeld und östlich Retzstadt. Eine solche Station benötige rund 7000 Quadratmeter. Das Auffälligste daran ist ein Blitzschutzmast von 27 Metern Höhe.
Noch offen ist der Verlauf der Fulda-Main-Leitung, die ab 2031 die Umspannwerke Mecklar und Dipperz in Hessen mit Grafenrheinfeld verbinden soll. Das soll überwiegend im Freileitungsbau geschehen. Das Planfeststellungverfahren sei für 2023 vorgesehen. Auf bayerischem Gebiet ergebe sich eine Dreiteilung des Korridornetzes, orientiert an der A7, der Gasleitung Sannerz-Rimpar und der ICE-Trasse Hannover-Würzburg. Der Landkreis werde das Planungsverfahren kritisch begleiten und ein Höchstmaß an Verringerung von Beeinträchtigungen durchsetzen, so Kühl.