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Gräfendorf
Nach Unfällen: Ist es am Trettstein-Wasserfall bei Gräfendorf gefährlich?
Gräfendorf fühlt sich von den vielen Besuchern am Wasserfall derzeit überrannt. Mehrere Unfälle werfen die Frage auf, wie sicher es für Wanderer und Besucher dort ist.
Der Trettstein bei Gräfendorf.
Foto: Archivbild: Gerd Schaar | Der Trettstein bei Gräfendorf.
Björn Kohlhepp
 |  aktualisiert: 08.02.2024 12:13 Uhr

Derzeit ist der Trettstein-Wasserfall im Wald bei Gräfendorf (Lkr. Main-Spessart), auf der Grenze der Landkreise Main-Spessart und Bad Kissingen, ein überaus beliebtes Ausflugsziel. "Die Leute überrennen uns momentan", sagt Gräfendorfs Bürgermeister Johannes Wagenpfahl. Am Pfingstmontag wurden, offenbar unter anderem durch Instagram angelockt, 2200 Besucher gezählt, sagt Stephan Schulze vom nahen Baumhaushotel Seemühle. Im Trettsteinbecken tummelten sich bis zu 150 Leute gleichzeitig. Am Sonntagmittag war eine 53-jährige Wanderin am Wasserfall abgestürzt und hatte sich schwer verletzt.

Der Unfall und ein weiterer im vergangenen Jahr, bei dem der ehemalige Burgsinner Bürgermeister Franz Schüßler stürzte und sich Sprunggelenk und Wadenbein brach, werfen die Frage auf, wie gefährlich der Besuch des Wasserfalls ist und ob man ihn und die Wege besser sichern oder mit Tafeln auf die Gefahren hinweisen könnte. Klaus Spitzl, Geschäftsführer vom Naturpark Bayerische Rhön, kennt den Trettstein. Er ist der Meinung: "Wenn man sich auf den Wanderwegen bewegt, passiert eigentlich gar nix." Stephan Schulze vom Baumhaushotel Seemühle, über dessen Grund ein Teil der Wege zum Trettstein führt und für dessen Hotelgäste die vielen Besucher eine Zumutung seien, sagt hingegen: "Sicher ist da gar nichts." Es sei rutschig und steil, kurzum "total gefährlich".

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Vor sechs Jahren wurden am Wasserfall neue Geländer installiert, die örtliche Jugendfeuerwehr setzt regelmäßig Stege und Wege instand. Der offizielle Wanderweg befindet sich auf der Seite des Landkreises Bad Kissingen und wurde vor einigen Jahren mit einem Holzgeländer ausgestattet. Der Weg von Gräfendorf sei ebenfalls in einem vernünftigem Zustand, findet Bürgermeister Wagenpfahl. "Im Rahmen unserer Möglichkeiten haben wir da ein Auge drauf." Allerdings sei die abgestürzte Frau von der anderen Seite, wo es kein Geländer gibt, einen steilen Hang heruntergekommen – und das, so wurde ihm zugetragen, mit ungeeigneten Schuhen.

Hat die Gemeinde eine Sicherungspflicht am Wasserfall? Wagenpfahl meint nein und bezieht sich auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 2. Oktober 2012. Darin ist festgehalten, dass die Benutzung des Waldes auf eigene Gefahr geschieht, ein Waldbesitzer keine besonderen Sorgfalts- und Verkehrssicherungspflichten hat. "Die Leute müssen wissen, dass es in so einem Wald waldtypische Gefahren gibt", so der Bürgermeister. "Wir können das nicht so absichern wie im Dorf eine Straße oder eine Treppe mit Räum- und Streupflicht."

Der im vergangenen Jahr verunglückte frühere Burgsinner Bürgermeister Franz Schüßler, 61, sieht das ebenso. Er sei schon viele Male am Trettstein gewesen, vor einem Jahr aber habe er es über einen ungesicherten Weg versucht und sei über eine Wurzel gestolpert. Tief gestürzt sei er nicht. Sich im Wald zu bewegen sei eben ein Risiko.

Das Aufstellen einer Tafel, die auf mögliche Gefahren hinweist, wäre denkbar, aber Bürgermeister Wagenpfahl gibt zu bedenken, dass es allein zwei Wege von Gräfendorf dorthin gibt, außerdem zwei von Dittlofsroda und einen von Waizenbach (beides Lkr. Bad Kissingen). Wo sollte man eine solche Tafel also aufstellen?

Weiterer dramatischer Vorfall am Muttertag

Katja Glatzer, Redakteurin der Main-Post aus Würzburg, ist der Meinung, dass auch auf dem Weg an Gefahrenstellen wenigstens ein kleines Schild sinnvoll wäre. Sie wurde am Muttertag auf dem Rückweg vom Wasserfall Zeugin, wie eine Großmutter mit ihrem dreijährigen Enkel auf dem Pfad vom Baumhaushotel auf einem laubbedeckten Stein ausrutschte und beide mehrere Meter den steilen Hang hinabrollten.

"Das war hochdramatisch", so Glatzer. Zum Glück sei der Sturz nach einigen Metern zu Ende gewesen und beide offensichtlich nicht schwerer verletzt worden. Der Hang, erzählt Glatzer, wäre noch viel länger gewesen – und unten dann das Bachbett mit Steinen. An der Stelle gebe es kein Geländer.

Der Eigentümer des Baumhaushotels sieht dringenden Handlungsbedarf

Stephan Schulze vom Baumhaushotel sagt: "Die nächsten Unfälle sind vorprogrammiert." Auch unten an der Staatsstraße zwischen Gräfendorf und Waizenbach, wo viele Autos wild parkten. Er sei im Gespräch mit der Gemeinde Gräfendorf, dass die Besucherströme kanalisiert und begrenzt werden. Wenn es nach Schulze geht, soll ein gebührenpflichtiger Parkplatz angelegt werden, außerdem ein gesicherter Weg. Warnschilder seien ebenfalls dringend notwendig. Aber dann, so Schulze, hätte die Gemeinde vermutlich sehr wohl eine Verkehrssicherungs- und Haftungspflicht, wovon sie aber zurückschrecke.

Wolfgang Netsch vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Karlstadt weist auf Anfrage ebenfalls darauf hin, dass für Erholungseinrichtungen im Wald erhöhte Verkehrssicherungspflichten gelten.

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    Warum brauchen manche Menschen immer Menschen, die für sie mitdenken???
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  • M. R.
    Weil ich auch Menschen kenne, die keine Zeitung lesen, die einfach sich nicht damit auseinander setzen, die ein bisschen dümmer sind, sich nicht reflektieren können. Das gibt's - den Leuten geht's unfassbar gut - seelisch.
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  • U. S.
    Ist ja klar das der Besitzer des Baumhaushotels sich beschwert das seine Gäste sich belästigt fühlen, aber der Wasserfall war vorher schon da
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  • M. P.
    Am besten wäre wohl den ganzen Wald abzuholzen, alles flach zu planieren und eine Zufahrt mit dem Auto (oder Sightseeing-Bus) zu ermöglichen... Es ist ganz schlicht und einfach so, dass man im Wald stolpern kann. Die ganze Thematik mit Sicherung da, Schild dort nervt einfach. Gerade auch, wenn Akteure - wie in dem Fall die Feuerwehr - ehrenamtlich etwas instand halten. Herr Schüssler liefert ja die Steilvorlage ("über ungesicherten Weg versucht"). Das ist leider viel zu oft und überall zu beobachten. Fahrradfahrer ohne Helm, Hund ohne Leine, Bergsteiger ohne Helm oder - auch gerne genommen - Tagestouristen in den Bergen mit Sandalen. Viele davon schaffen es in die Zeitungsberichte... Wenn man für jede Situation Schilder aufstellen würde bei der der normale Menschenverstand versagt, dann würde es nicht lange dauern bis der erste gegen ein Schild läuft.... grinsen
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  • M. R.
    Mein Wanderverein sagt immer, man sich soll ich Wald nicht alleine bewegen. Das sind erfahrene Leute, die wissen schon, was sie sagen. Man kann die Menschen nicht zu Tode schützen, man kann sich auch krank fressen oder durch Netflix Freundschaften abbrechen und in Depressionen verfallen. Wie viele Menschen fallen eigentlich jährlich in der Region aus, weil sie am Sonntag beim Fußball vom Gegenspieler umgetreten wurden?
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  • U. S.
    Wenn tüchtig Werbung gemacht wird - auch in der MP, unter der Rubrik Wochenendtipps - darf man sich nicht wundern, wenn dann Menschenmassen auflaufen. Idyllische Plätze werden so natürlich "kaputtgeworben" da mit der Anzahl der Besucher auch die Unfallgefahr steigt. Letztendlich wird alles massengerecht gesichert und schon ist es vorbei mit den einst so schönen Fleckchen Erde.
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  • A. G.
    ich denke, die wochenendtips von der main-post kann man in dem fall vernachlässigen.
    da läuft wesentlich mehr über instagram, facebook, etc.
    da werden oft schöne plätze aufgrund eines bildes von den leuten überrannt, die genau da auch so ein tolles bild machen wollen, und mehr auch nicht, hinfahren, knipsen, weiterfahren.
    und das man dabei nicht die passenden schuhe anhat oder sich irgendeiner gefahr bewusst ist versteht sich von selbst.
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  • F. B.
    Absperrband
    Wegen Waldarbeiten gesperrt.
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    Wem der Weg zu gefährlich erscheint soll weg bleiben. Der Wasserfall und der Weg dorthin ist ein Idyll, das keinesfalls verändert werden sollte!!!
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  • I. E.
    Typisch deutsch - gegen jedes Risiko absichern
    Wer sich im Wald bewegt, tut dies auf eigene Gefahr!
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