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Gemünden
Interview mit Realschulleiter: Konkurrenz in Gemünden verschärft?
Vor 70 Jahren hat die Staatliche Realschule ihren Unterricht aufgenommen. Ein Gespräch über die Vergangenheit und die Zukunft der Schule.
Thomas Feser (63) ist in Gemünden aufgewachsen. Seit mittlerweile 19 Jahren ist er Schulleiter der Staatlichen Realschule in Gemünden.  Schon sein Vater hatte dort unterrichtet. 
Foto: Corbinian Wildmeister | Thomas Feser (63) ist in Gemünden aufgewachsen. Seit mittlerweile 19 Jahren ist er Schulleiter der Staatlichen Realschule in Gemünden.  Schon sein Vater hatte dort unterrichtet. 
Corbinian Wildmeister
Corbinian Wildmeister
 |  aktualisiert: 08.02.2024 22:31 Uhr

Die Staatliche Realschule in Gemünden ist nach der Ochsenfurter die zweitälteste ihrer Art in Unterfranken. Mit Konzerten, Klassentreffen und einer Feier wollte die Schule heuer das 70-Jährige begehen. Doch wegen der Pandemie muss sie das wohl verschieben. Trotz ihres Alters ist die Gemündener Realschule keineswegs in der Zeit stehen geblieben. Im Gegenteil: Es tut sich viel in der Kolpingstraße. Ein Gespräch mit Schulleiter Thomas Feser. 

Frage: Herr Feser, seit fast 20 Jahren sind Sie schon Direktor der Staatlichen Realschule in Gemünden. Was hat sich dort in dieser Zeit verändert?

Thomas Feser: Als ich hierherkam, war ich einer der jüngsten Kollegen. Die meisten Lehrer sind dann so langsam in Pension gegangen und ein neues, junges Kollegium ist nachgekommen. Mittlerweile bin ich der Älteste hier. Was sich stark verändert hat, ist die Gebäudestruktur. Das Schulhaus ist energetisch saniert worden und seitdem sind wir eine richtig grüne Schule. Das hat unter anderem auch dazu geführt, dass wir uns Gedanken gemacht haben, wie die Klassenzimmer in Zukunft aussehen sollen. Wir haben damals die Kreidetafeln ausgemustert und durch elektronische Tafeln ersetzt. Das ganze Kollegium hat das damals mitgetragen. Selbst die älteren Kollegen fanden, dass das eine super Idee ist. 

Die staatliche Realschule (früher Mittelschule) in Gemünden in den 50er Jahren. 
Foto: Staatliche Realschule Gemünden | Die staatliche Realschule (früher Mittelschule) in Gemünden in den 50er Jahren. 
Ihre Schule hat also nicht erst mit Corona technisch aufgerüstet. Hat das jetzt beim Unterricht in der Pandemie geholfen?

Feser: Sicher! Die Kollegen waren schon daran gewöhnt, mit EDV-Unterstützung zu arbeiten. Das war wichtig. Extrem geholfen haben uns auch die Dokumentenkameras, die wir vor ein paar Jahren als Ersatz für Overhead-Projektoren gekauft haben. Die sind sehr praktisch, weil sie wesentlich vielseitiger sind. Wir können Arbeitsmaterialien, aber auch Personen filmen und übertragen. Die Geräte haben zudem ein eingebautes Mikrofon. So können wir die Schüler auch gut unterrichten, wenn sie zuhause sitzen. Dadurch war es verhältnismäßig unproblematisch Distanzunterricht nach Stundenplan durchzuführen. Für uns war diese Distanzphase nicht so schlimm aufgrund unserer

exzellenten Ausstattung und des vorbildlichen Einsatzes des Lehrerkollegiums. Welches Problem aber immer wieder auftaucht, ist, dass Kinder berichten: "Bei mir zuhause funktioniert das Netz nicht ordentlich."

Gerade laufen schon wieder Bauarbeiten an der Schule. Was ensteht hier aktuell?

Feser: Jetzt gerade sind wir im dritten Bauabschnitt und erhalten neue Gebäude. Der Rohbau wird wohl im Herbst fertig sein. Dann dauert es nochmal ein Jahr, bis alles eingerichtet ist. Da kommen jetzt noch zwei Werkräume dazu, ein großer Musik- und Mehrzwecksaal, die Räume für die offene Ganztagsschule, die wir uns mit dem Gymnasium teilen und eine Cafeteria. Das wird alles sehr luxuriös.

Es heißt immer, dass Eltern darauf drängen, dass ihre Kinder nach der Grundschule aufs Gymnasium gehen. Haben Realschulen dadurch eine neue Aufgabe? 

Feser: Zu der Zeit, als ich in der Schule war, sind relativ wenige Kinder überhaupt für das Gymnasium zugelassen worden. Ohne Aufnahmeprüfung ging es gar nicht. Da hat sich schon viel verändert. Mittlerweile wird über den Notenschnitt entschieden, auf welche Schule man gehen kann. Aber der Schnitt ist eben nur ein Kriterium. Ich muss mein Kind auch richtig einschätzen. Es hat keinen Sinn, einem Kind etwas aufzudrängen, womit es nicht fertig wird. Etwa 40 bis 45 Prozent unserer Schüler hätten den Schnitt für das Gymnasium, aber die Eltern entscheiden sich bewusst dagegen.

Warum glauben Sie, ist das so?

Feser: Bei uns haben die Kinder schon weniger Druck und das Arbeitstempo ist etwas niedriger. Der Unterricht wird stärker vom Lehrer angeleitet. Nach der zehnten Klasse wissen die Schüler genauer, was sie wollen. Bis dahin hat sich auch herausgestellt, wie leistungsfähig sie sind. Diejenigen, die wirklich weiter in die Schule gehen wollen, sind lernwillig und haben in der Regel gute Chancen. Immerhin geht ein Drittel unserer Schüler anschießend auf die FOS oder auf das Gymnasium. 

Der erste Abschlussjahrgang der Staatlichen Mittelschule Gemünden, die heute Staatliche Realschule heißt. Der Unterricht wurde dort 1951 aufgenommen.
Foto: Screenshot Main-Post | Der erste Abschlussjahrgang der Staatlichen Mittelschule Gemünden, die heute Staatliche Realschule heißt. Der Unterricht wurde dort 1951 aufgenommen.
In Gemünden gibt es zwei Realschulen. Das ist eher ungewöhnlich für so eine kleine Stadt. Inzwischen dürfen auch nicht mehr nur Mädchen die Florentini-Schule besuchen. Wie hat sich das ausgewirkt? 

Feser:  Die Florentini-Schule hat ein größeres Einzugsgebiet als wir. Bei uns kommen die Schüler hauptsächlich aus dem Altlandkreis Gemünden, ein paar Kinder auch wegen Werken aus Partenstein oder Frammersbach. Aber klar, das hat die Konkurrenzsituation sicher verschärft. Ich will nicht zu politisch werden, aber da ist einiges nicht gut gelaufen in den Jahren, als die Entscheidungen darüber gefällt worden sind, wie es mit den Schulen in Gemünden weitergeht.  Aber so ist nun einmal die Situation! Florentini hat jetzt das Gymnasium aufgegeben. Wie es mit deren Realschule weitergeht, kann ich nicht beurteilen. 

Was sind Ihre Wünsche für die Zukunft Ihrer Schule?

Feser: Mir wäre es ein großes Anliegen, dass das gute Klima, das wir an der Schule haben auch erhalten bleibt, wenn ich irgendwann nicht mehr hier bin. Wir haben hier ein sehr harmonisches und engagiertes Kollegium, das einen außergewöhnlich guten Umgang mit den Schülern pflegt. Wenn jetzt noch die Sanierung und der Bau der neuen Gebäude abgeschlossen wird, habe ich wirklich nicht mehr viele Wünsche. Es ist alles da. Wenn die Infrastruktur und das Klima stimmen, sind die Kinder gut betreut. 

70 Jahre Staatliche Realschule in Gemünden

Im September 1951 wurde an der Kolpingstraße in Gemünden der Unterricht aufgenommen. Damals hießen Realschulen noch Mittelschulen. 1952 verlegte man die Unterrichtsräume in das neu errichtete Kreisschulgebäude. Zunächst dreistufig wurde die Schule 1958 schließlich vierstufig. Bald schon wurde das Haus zu klein und so wurde ein neues Gebäude gebaut und 1965 eingeweiht. Es ist auch heute noch das Hauptgebäude der Schule. Da die Schülerzahlen weiter anstiegen, wurde zwischen die neue Schule und die alte Sporthalle 1969 ein Querbau mit drei weiteren Klassenräumen gestellt.
2004 begannen die Planungen für die Generalsanierung der Schule. Zuerst wurde die Realschule energetisch saniert, 2014 hat man die neue Sporthalle in Betrieb genommen. Aktuell laufen Bauarbeiten für den im Interview beschriebenen dritten Bauabschnitt; sie sollen 2022 fertig werden. Rund 350 Kinder und Jugendlichen besuchen die Realschule. 34 Lehrerinnen und Lehrer sind dort beschäftigt.
Quelle: Staatliche Realschule Gemünden
 
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