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Gemünden
Aus für Gymnasium am Florentini: Können Lehrer ans staatliche FLG wechseln?
Das Bistum erklärt die Hintergründe zur geplanten Schließung des Florentini-Gymnasiums. Das staatliche Gemündener Gymnasium spürt die Auswirkungen. Eltern wollen kämpfen.
Die Theodosius-Florentini-Schule in Gemünden wird ihr Gymnasium schließen.
Foto: Björn Kohlhepp | Die Theodosius-Florentini-Schule in Gemünden wird ihr Gymnasium schließen.
Björn Kohlhepp
 |  aktualisiert: 09.02.2024 16:56 Uhr

Ab dem Schuljahr 2024/25 gibt es in Gemünden nur noch das staatliche Friedrich-List-Gymnasium (FLG). Anfang Dezember hat die private Theodosius-Florentini-Schule der Kreuzschwestern (ehemals MBW) überraschend bekannt gegeben, dass das seit 1965 bestehende Gymnasium am Florentini nach dem Schuljahr 2023/24 geschlossen wird. Eltern und Schüler reagieren enttäuscht auf die Botschaft, die bedeutet, dass nur noch die jetzigen Jahrgangsstufen 9 bis 12 ihr Abitur am Florentini machen können. Ab kommendem Schuljahr gibt es am Gymnasium keine fünften Klassen mehr.

In einer Stellungnahme schreibt Jürgen Engel, Leiter der Abteilung Schule und Hochschule des Bistums Würzburg, dass die Zahl der Schülerinnen über Jahre abgenommen habe. Der Schritt, auch Jungen an der Schule aufzunehmen, habe nicht den gewünschten Erfolg gebracht. Engel schreibt: "Die Aufnahme von Jungen an der Realschule entwickelte sich durchaus positiv. Aber am Gymnasium war das eben nicht so. Die Anmeldezahlen blieben schlichtweg aus. Und irgendwann muss man dann den berühmten Strich unter die ganze Sache machen und Bilanz ziehen." Der Entscheidung seien viele Gespräche vorausgegangen.

"Auch ein Bistum verfügt nicht über unerschöpfliche Geldmittel."
Jürgen Engel, Schulreferent des Bistums Würzburg

Es sei klar, dass die Entscheidung für die Eltern wie auch für die Kreuzschwestern ein schwerer Schlag ist. Bischof Franz Jung blicke dankbar auf das jahrzehntelange "unschätzbare Engagement der Kreuzschwestern für die Bildung zukünftiger Akademikerinnen" zurück, so Engel. Kritik daran, dass die Diözese ihr finanzielles Engagement nicht fortführt, weist der Schulreferent zurück. "Auch ein Bistum verfügt nicht über unerschöpfliche Geldmittel." 

Das Bistum Würzburg erklärte sich 2015, bei der Entscheidung, auch Jungen aufzunehmen, dazu bereit, für fünf Jahre die Ordensgemeinschaft finanziell zu unterstützen. Unter anderem auch, weil es an staatlicher Unterstützung gefehlt habe. Die positive Entwicklung an der Realschule nehme er zusammen mit der Ordensleitung als Bestärkung, sich als Schulreferent weiter für die katholische Schule in Gemünden zu engagieren.

"Es ist noch zu früh, da abschließend was zu sagen" antwortet Ingo Schneider, Leiter des staatlichen List-Gymnasiums, auf die Frage, was die Schließung des gymnasialen Zweigs für seine Schule bedeute. Es habe aber schon einige Anfragen von Eltern gegeben. Er findet es wichtig, dass sie sich umfassend informieren. Zu Wechselmöglichkeiten berate der Schullaufbahnberatungslehrer am FLG. "Ich würde davon abraten, vorschnell irgendwelche Entscheidungen zu treffen."

"Wir versuchen Schüler aufzufangen."
Ingo Schneider, Leiter des Friedrich-List-Gymnasiums

Generell könnten Schüler "aus triftigen Gründen" auch im laufenden Schuljahr die Schule wechseln. "Die Eltern entscheiden." In Bezug auf Florentini-Achtklässler sagt Schneider: "Das Schuljahr ist erst ein paar Wochen alt." Wenn ein Achtklässler in einen anderen Zweig mit neuen Fächern wechseln würde, ließe sich alles nachholen.

"Wir versuchen Schüler aufzufangen. Man kann das Schülern nicht erklären, was da gerade passiert." Florentini-Schüler werden eingeladen, sich die Klassenräume am FLG anzuschauen. Hat das FLG denn Kapazitäten zur Aufnahme von Florentini-Schülern? "In manchen Klassenstufen mehr als in anderen", so Schneider. Der schlimmste Fall für das FLG mit seinen 380 Schülern und zwei Klassen pro Jahrgangsstufe wäre es, wenn durch Schulwechsel plötzlich Klassen auf 30 Schüler anwüchsen und geteilt werden müssten. Dann bräuchte es womöglich kurzfristig neue Lehrer

Für FLG-Leiter wären Florentini-Lehrer willkommen

Könnten denn Lehrer vom Florentini ans FLG wechseln? "In einem normalen Ablauf wäre das unüblich", sagt Schneider, "aber eine besondere Situation fordert besondere Maßnahmen." Man werde sich wohl mit allen Beteiligten, darunter auch das Kultusministerium und die Florentini-Schulträger, an einen Tisch setzen und darüber sprechen. "Ich bin guter Dinge, dass alle Beteiligten die Besonderheit der Situation sehen."

Hinzu kommt, dass das Schuljahr 2024/25 für das FLG noch aus einem anderen Grund besonders wird: Denn weil 2024 der letzte G8-Jahrgang sein Abitur macht, bekommt das FLG dann wieder eine 13. Jahrgangsstufe dazu. Schneider: "Die Lehrer müssen ja irgendwoher kommen." Er als Schulleiter sei offen dafür, schon vorher die Weichen zu stellen.

Im Jahr 2018 gab es eine Feier zum 60-jährigen Bestehen der Schulen des  Kreuzklosters in Gemünden. 
Foto: Michael Fillies | Im Jahr 2018 gab es eine Feier zum 60-jährigen Bestehen der Schulen des  Kreuzklosters in Gemünden. 

Die Schließung des Gymnasiums hat auch Landrätin Sabine Sitter, die hier ihr Abitur gemacht hat, überrascht. "Ich habe hier viel über Grundwerte und christliche Werte gelernt." Als Landrätin bedauere sie, dass dem Landkreis ein "Alleinstellungsmerkmal" verloren geht. "Als Mutter sehe ich es auch so: Mir wird hier eine Wahlmöglichkeit genommen", sagt Sitter, die einen Sohn in der Grundschule hat. Ihre ältere Tochter besucht die Realschule der Kreuzschwestern, die von der Schließung nicht betroffen ist.

"Das ist natürlich eine ganz unschöne Sache, es hat uns alle relativ überfahren."
Uwe Drutschmann, Vater einer Florentini-Gymnasiastin

Die älteste Tochter des Gemündeners Uwe Drutschmann besucht aktuell die fünfte Klasse am Florentini-Gymnasium. Sie war auch schon in der Kita, im Kindergarten und während der Grundschule in der Nachmittagsbetreuung am Kreuzkloster. "Wir haben uns bewusst für das Gymnasium am Florentini entschieden, das ist eine ganz, ganz tolle Sache." Die Lehrer seien sehr kompetent, das Verhältnis an der Schule familiär, außerdem wohnen die Drutschmanns nicht weit von der Schule entfernt. Deshalb trifft die Nachricht vom Aus des Gymnasiums 2024 die Familie schwer. "Das ist natürlich eine ganz unschöne Sache, es hat uns alle relativ überfahren", sagt Uwe Drutschmann.

Er findet es schade und traurig. Das Ende sei auch zu einem "denkbar schlechten Zeitpunkt" verkündet worden, findet er – zum einen vor Weihnachten, zum anderen während der Pandemie mit Kontaktbeschränkungen, so dass Eltern sich nicht richtig austauschen können.

Schüler malen Plakate und sammeln für den Bischof 

Für den Erhalt des Gymnasiums, wenigstens so lange bis auch die jetzigen Fünftklässler ihr Abitur am Florentini gemacht haben, gibt es eine Petition von Eltern. Die Schüler malen Plakate und sammeln für den Bischof, um die Finanzierung zu sichern.

"Wir wissen überhaupt nicht, was wir jetzt machen werden", sagt Vater Uwe Drutschmann. Sollen die Eltern fordern, dass die jetzigen Fünftklässler praktisch "als Letzte ihrer Art" noch das Abitur machen dürfen? Werden dann überhaupt noch genug Lehrer da sein, leide die Qualität? Oder solle seine Tochter vielleicht besser bald die Schule wechseln? Was, wenn zu viele jetzt gleich wechseln? Ist dann das Weiterbestehen der fünften Jahrgangsstufe ganz bedroht? Klar ist für Familie Drutschmann im Moment nur, dass sie keine übereilte Entscheidung treffen will. Sie möchten auf jeden Fall abwarten, was der Elternbeirat unternimmt.

 
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