Waren es die hartnäckigen Verhandlungen des Bayerischen Bauernverbandes oder doch eher die Einsichten aus der Energiekrise infolge des gegenwärtigen Krieges in der Ukraine? Jedenfalls verlief die Informationsveranstaltung über den Streckenverlauf für die unterirdische Stromleitung "SuedLink" durch den Vorhabensträger TransnetBW in der Stadthalle von Arnstein sehr ruhig. Momentan ist der Streckenverlauf auf einem Korridor von rund 1000 Metern vorgesehen. Zu der Veranstaltung waren ausschließlich die Eigentümer oder Pächter der infrage kommenden Grundstücke eingeladen. Diese hatten zu drei Terminen an diesem Nachmittag die Gelegenheit, sich zu informieren. Insgesamt waren es etwas über 100 Personen.
Zwar gab es im Einzelgespräch durchaus kritische und sogar unwillige Äußerungen seitens der Betroffenen, doch schien die Einsicht in die generelle Notwendigkeit zu überwiegen. Insbesondere hat wohl der Einsatz des Bauernverbandes für Entschädigungen manchen Widerstand vermindert.
Kritische Stimmen zu Suedlink
Wer sich kritisch gegenüber dieser Redaktion äußerte, wollte zudem anonym bleiben. "Was hab' ich als Müdesheimer Bäuerle von der Trasse", schimpfte zum Beispiel ein Landwirt aus dem Werngrund, der das gesamte Vorhaben grundsätzlich infrage stellte. Der Strom werde nur durch sein Ackerland geleitet, damit die in Oberbayern selbst keine Windräder und Photovoltaikanlagen bauen müssten, meinte er. Ein anderer sah insgesamt den Energiewandel als Übel an, an dem nur wenige verdienten. Kritik wurde auch über die Vorgehensweise von TransnetBW geäußert.
Sowohl die Dimensionierung als auch die Trassenführung sei eine "Einbahnstraße" gewesen, die von oben bestimmt wurde und kaum Mitsprache durch die Bürger ermöglichte. Eine Bäuerin schimpfte, dass in manchen Fällen Belange des Naturschutzes über die der Landwirtschaft gestellt wurden. Eine weitere Grundeigentümerin aus dem Werntal fürchtete um ihre Obstbäume, die nach den gegenwärtigen Planungen untertunnelt werden. Einem Landwirt aber dauerte das gesamte Verfahren viel zu lange. Zur Höhe der Entschädigungen wollte sich keiner der Befragten äußern.
Schäden durch Leitungsbau sollen ersetzt werden
Insgesamt aber hat sich offensichtlich aber die Einsicht durchgesetzt, dass die Stromtrasse nicht mehr zu verhindern und vor allem auch nötig sei. So ging es in der Folge fast ausschließlich um die Fragen der Ausgleichszahlungen und der Entschädigungen.
Dazu gaben Karl Wieland, Ingenieur und Vertreter von TransnetBW, und Eugen Köhler vom Bauernverband detaillierte Auskünfte – teilweise schon in Euro und Cent. Grundlage dafür werden Gestattungsverträge und Dienstbarkeiten sein. Generell sollen alle Schäden, die durch den Leitungsbau entstehen, ersetzt werden, so Wieland. Dabei werden sämtliche Flächen wie höherwertiges Ackerland entschädigt, es gilt dann aber der Verkehrswert und nicht noch die Bonität des jeweiligen Grundstücks.
Während der Bauarbeiten wird ein bis zu 45 Meter breiter Arbeitsstreifen benötigt, wobei die reine Überdeckung nur knapp anderthalb Meter beträgt. Der Rest dient als Schutzstreifen, als Baustraße und für den Erdaushub. Für die betroffenen Flächen zahlt TransnetBW eine Dienstbarkeitsentschädigung (mindestens 100 Euro je Flurstück) und einen Zuschlag zur gütlichen Einigung von 75 Prozent (0,50 bis 2 Euro pro Quadratmeter), für mitverlegte Telekommunikationslinien gibt es 1,53 Euro pro laufendem Meter. Daneben werden Schilderpfähle, temporäre Arbeitsflächen, Bodenschatz und Baulandklauseln berücksichtigt.
Auch für Ertragsausfall soll es Ausgleich geben
Entschädigt werden die betroffenen Landwirte auch für den Ertragsausfall, vor, während und nach den Arbeiten, einschließlich der Regenerationsphase der Pflanzen. Eventuelle Folgeschäden werden ausgeglichen. Sonderregelungen gibt es für Umwege und unwirtschaftliche Restflächen, wenn beispielsweise ein Areal schräg angeschnitten wird. Mögliche Auswirkungen der Wärmeentwicklung durch die verlegten Stromkabel werden derzeit wissenschaftlich untersucht, so Wieland.
Interessant für die Eigner auch der Hinweis, dass Schäden durch den Bau grundsätzlich zum Neuwert ersetzt oder repariert werden. So werden beispielsweise abgebaute Zäune, die nicht ohne weiteres wieder aufgestellt werden können, neu errichtet.
Baubeginn ist für 2024/2025 vorgesehen
Die genaue Trasse wird erst im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens endgültig festgelegt, sie wird aber im bestehenden 1000-Meter-Korridor liegen. Laut Pressereferent Christopher Göpfert soll das Planfeststellungsverfahren Ende dieses Jahres eröffnet werden. Der Baubeginn ist für die Jahre 2024/25 geplant und vier Jahre später will man mit den Arbeiten fertig sein.