
Erklimmt man die Gemündener Scherenburg über den steilen Pflasterpfad an deren Nordseite, fällt es einem unweigerlich ins Auge: Zwischen dem charakteristischen Giebel und dem übrigen Teil der Mauer klafft ein einige Zentimeter breiter und tiefer Spalt. Beginnend an der Mauerkrone misst er etwa sechs Meter und durchzieht die Burgmauer damit fast bis auf die Hälfte ihrer Höhe.
Ein Zustand, auf den Stadtrat Matthias Risser (CSU) Bürgermeister Jürgen Lippert (BfB) in der Stadtratssitzung am 9. Dezember aufmerksam gemacht hatte. Auf Anfrage dieser Redaktion erklärt Lippert, dass der Stadt bekannt sei, dass sich an dieser Stelle eine sogenannte Bauteilfuge befände. Dabei handelt es sich um eine Öffnung, die aufgrund bestehender Temperaturunterschiede größer beziehungsweise kleiner ausfallen kann. Dass sich die Fuge in der jetzigen Form geöffnet habe, sei der Verwaltung jedoch neu gewesen.
Laut beauftragtem Tragwerkplaner besteht kein akuter Handlungsbedarf

Dennoch teilt der Bürgermeister Rissers Meinung nicht, dass beim Umgang mit dem Spalt im Mauerwerk "dringender Handlungsbedarf" herrsche. "Nach Einschätzung unseres beauftragten Tragwerkplaners besteht aktuell kein akuter Handlungsbedarf", schreibt Lippert. Im Januar soll an der schwer zugänglichen Stelle jedoch eine handnahe Begutachtung durchgeführt werden. Sobald deren Resultate vorlägen, würden nötigenfalls weitere Schritte veranlasst.
Auch Rissers Erinnerung, dass ein Gutachten aus dem Jahr 2020 diesem Teilbereich der Mauer die schlechteste Note ausgestellt habe, widerspricht der Bürgermeister. Der Zustand der nördlichen Mauer sei damals vielmehr als "gut" bewertet worden. Weiter war dort die Rede von leichtem Bewuchs, losem Putz, offenen Fugen und einem verwitterten Mauerfuß.
Gutachten von 2020 beschreibt den Zustand der Scherenburg größtenteils als gut

Das Gutachten zum Zustand des Mauerwerks der Scherenburg war 2020 erstellt worden, nachdem 2019 ein Teilstück der Stadtmauer unterhalb der Scherenburg herausgebrochen war. Großen Teilen der Burg, wie dem markanten Bergfried, wird darin ein guter Zustand bescheinigt. Kurzfristige Sanierungsmaßnahmen waren indes an der südlichen Ringmauer mit dem Tor angemahnt worden. Dieser Teilbereich erhielt mit "mangelhaft" und "ungenüngend" die mit Abstand schlechtesten Noten. Dort hatte sich das Mauerwerk entlang des Burgturms bereits 2015 bedenklich nach innen gewölbt und war von der Firma Brückner teilweise herausgebrochen und wieder neu vermauert worden.
In Reaktion auf das Gutachten hatte die Firma diesen Mauerabschnitt B 5 laut Lippert dann komplett saniert. Mittelfristig empfohlene Maßnahmen wie die Sanierung der nördlichen Schenkelmauer mit Halbturm wurden bislang nicht angegangen. Die östliche Ringmauer, vor der jeden Sommer die Scherenburgfestspiele aufgeführt werden, bekam in dem Gutachten die Note "befriedigend". Dort wird zur Erneuerung der Mauerkrone geraten.