
Das kleine Sägewerk Hilpert in Massenbuch ist eines der letzten seiner Art, und es hat schon mal schlechtere Zeiten erlebt. Während in der Umgebung immer mehr kleinere Sägewerke in den vergangenen Jahren aufgehört haben, erlebt der Betrieb von Erich Hilpert, 61, seit zwei Jahren einen Boom. Mit Corona und einer extremen Nachfrage nach Holz für den Garten habe es angefangen. Auch die Marktpreise hätten entsprechend angezogen, zumal plötzlich viel Bauholz etwa in die USA exportiert wurde. "Wir profitieren schon ein bisschen von den hohen Preisen", sagt Hilpert, "aber wir machen den Hype nicht mit." Über Holzmangel könne er nicht klagen, da er seine Stämme aus umliegenden Gemeindewäldern kaufe und mit seinem kleinen Sägewerk nicht viel brauche.
Normalerweise sei im Winter eine ruhige Zeit, aber vergangenes Jahr hätten sie noch bis Heiligabend gearbeitet – und zwischen den Jahren ging's gleich weiter. Pausen gebe es höchstens mal eine Woche, und dann versetzt mit Sohn Jonas, 22. Der ist, was nicht immer der Plan gewesen sei, nach seinem dualen Studium zum Wirtschaftsingenieur vergangenes Jahr voll im Familienbetrieb eingestiegen. Vor zwei Jahren hat er eine Webseite gebaut, was das Einzugsgebiet bis Würzburg, Bad Neustadt und Aschaffenburg vergrößert habe. Zudem postet Jonas Hilpert auf Instagram Bilder von Poolumrandungen, Gartenhütten oder Hochbeeten aus Brettern des Sägewerks. Bei der Internetseite habe er sich vorher genau überlegt, was potenzielle Kundinnen und Kunden interessieren könnte, erzählt er. Denn mit dem Begriff "Sägewerk" könnten viele Leute wenig anfangen, habe er festgestellt.
Etwa die Hälfte der Kundschaft des Sägewerks ist heute privat, die andere Hälfte Firmenkunden. Das hat auch mit schlechteren Zeiten zu tun. In der Finanzkrise nach 2008 sprang Erich Hilpert ein Großkunde, für den er oft tagelang gearbeitet hatte, ab. Hilpert arbeitete zeitweise allein im Sägewerk. Mit Bauholz sei es jahrelang schwierig gewesen, Geld zu verdienen. "In schlechten Zeiten mach ich halt ein bisschen langsamer mit Geldausgeben", sagt Hilpert. Er musste sich damals was überlegen, sich neue Abnehmer suchen. Also konzentrierte er sich auf die Baumart Douglasie und baute das Geschäft mit Privatkundinnen und -kunden aus.
Zwei Drittel macht heute der Anteil der Douglasie beim Sägewerk Hilpert aus, der Rest ist Fichte. Der Vorteil sei, dass Douglasie für außen geeignet sei, etwa für die Fassade oder die Terrasse. Damit sei Douglasienholz eine Alternative zur sibirischen Lärche, zumindest wenn es abtrocknen kann und nicht dauerhaft feucht ist. Zudem gilt die Douglasie als hitzeresistent. Vor ein paar Jahren hätten Naturschützer im Spessart Douglasiensetzlinge herausgerissen, weil die Douglasie, ein nordamerikanischer Nadelbaum, keine einheimische Baumart ist, wundert sich der 61-Jährige. In der Gegend stehe glücklicherweise noch genug Douglasie.

Das Herzstück des Sägewerks, eine Gattersäge, hat schon über drei Jahrzehnte auf dem Buckel. Demnächst muss wieder mal der Keilriemen gewechselt werden, ansonsten tue sie zuverlässig ihren Dienst. Gattersäge oder einfach Gatter heißt sie, weil bis zu 15 Sägeblätter nebeneinander eingespannt werden können, die einen Stamm in Bretter sägen. Das erste Gatter hatte der Großvater von Erich Hilpert 1949 nach der Währungsreform gebraucht gekauft, davor war der Betrieb eine Wagnerei. Wenn die Bretter gesägt sind, werden sie in der Regel getrocknet und gehobelt. Obwohl im Moment wieder Bretter für Dachlatten in der Trockenkammer liegen, ist Bauholz für die Hilperts nur ein Nebenprodukt. Bei Dachlatten für Zimmereien bräuchten sie eine teure Zertifizierung. Die hatten sie schon mal, aber sie habe sich nicht gerechnet. Der Arbeitsprozess sei zwar der Gleiche, aber nun fehle halt die Zertifizierung.
Die Hilperts setzen auf Nischenprodukte wie Rhombusprofile für die Fassade. Die Stärke eines kleinen Sägewerks wie dem ihrigen sei, dass sie auch kleinere Aufträge nach Kundenwunsch fertigen könnten. Mit ihren Maschinen seien sie in Stärke und Breite variabel. Um die Maschinen nicht ständig umrüsten zu müssen, versuchen sie mehrere ähnliche Aufträge zu bündeln. Durch die hohe Nachfrage hätten sich die Wartezeiten für Kunden aber auf jetzt vier bis sechs Wochen verlängert. Haupteinsatzgebiete für ihre Douglasienbretter sind Terrassendielen, Sichtschutzzäune, Fassaden, Gartenzäune. Fichte komme vor allem für Kanthölzer, Bauhölzer und Latten sowie als Verladehölzer für Maschinen zum Einsatz.
Vergangenes Jahr, als Holz mitunter zu Tagespreisen gehandelt worden sei, seien manche Zimmerleute ohne dagestanden, berichten Vater und Sohn Hilpert. Die regionalen Betriebe, die schon immer bei ihnen gekauft haben, seien dann von ihnen bedient worden. Jonas behält den Bauholzindex weiterhin im Auge – demnach gingen im September die Preise nach unten und zögen jetzt wieder an. Selbst hatten sie nie Probleme mit Holznachschub. Zuletzt hätten sie auch Schadholz aus Massenbuch verarbeitet. Das Problem mit Schadholz sei nur, dass sich die Stämme nicht beliebig lange einfach lagern ließen. Nach ein bis zwei Jahren sei es kaputt, wenn es nicht gewässert werde. "Wir können auch nur eine gewisse Menge aufarbeiten."
Was Jonas Hilpert motiviert hat, voll daheim einzusteigen? "Wenn man durch die Gegend fährt und sieht die Fassaden und Zäune, dann macht das Spaß. Man muss halt gewillt sein, Stunden zu machen." Als nächsten Schritt will er seinen Meister machen. Das sei zum einen wichtig, um einmal ausbilden zu dürfen, zum anderen, weil er zwar schon viel Erfahrung durch die Arbeit im Familienbetrieb habe, aber bisher keine einschlägige Ausbildung absolviert, sondern studiert habe. Sein Bruder hilft neben dem Studium auch zu Hause mit.
Erich Hilpert ist überzeugt, dass der Holzbau künftig noch stärker komme und dem Sägewerk so schnell die Arbeit nicht ausgehe. "Bei uns in der Gegend steht eigentlich genug Holz", sagt Erich Hilpert. Aber wird es auch in Zukunft so sein? Aus Hilperts Sicht müsste verstärkt Douglasie gepflanzt werden, jetzt wo die Fichten reihenweise dem Käfer und der Trockenheit zum Opfer fielen.