
Ein "Mensch, du bist ja auch da!" macht im Bus ebenso die Runde, wie ein herzliches "Grüß dich!". Man kennt sich auf dieser Ausflugsfahrt, bei der keiner weiß, wohin es geht. Das lässt darauf schließen, dass viele Fahrgäste nicht zum ersten Mal mit von der Partie sind.
Die Stimmung ist locker, als Busunternehmerin Martina Träger um kurz vor 7 Uhr am Steuer des Fünfzig-Sitzer-Busses den Betriebshof in Marktheidenfeld verlässt und ihrem Partner Sebastian Strobl folgt. Er steuert den zweiten Omnibus. 100 Passagiere fahren sie für drei Tage "ins Blaue", Reiseziel unbekannt.
Auch die ganz Findigen unter den Gästen, von denen die meisten das 65. Lebensjahr überschritten haben, hatten auf der Internetseite des Veranstalters vergeblich nach dem Reiseziel gesucht. Sie wollten die angekündigte Vier-Sterne-Herberge ausfindig machen. Doch: Fehlanzeige. So wie es der Veranstalter haben wollte.
Überraschungsfahrt über die Autobahn gen Nordosten
Die beiden Busse verlassen im ersten Morgengrau die Stadt, es nieselt. "Der Sebastian ist heute mein Leitwolf, wenn ich den verliere, bin ich verlassen", sagt Steuerfrau Träger in ihr Mikrofon. In Würzburg steigen weitere Fahrgäste in die Busse. Nördlich von Würzburg biegen die Busse auf die Autobahn A7 ein. Später geht es weiter auf die A71.

Trägers Fahrgäste beginnen zu raten, wohin wohl die Reise geht. Ein Mann nennt den Bayerischen Wald, jemand anderes Dresden als Zielort. Martina Träger meldet sich mit der Aussage: "Nicht so ganz schlecht – die Richtung stimmt zumindest!" Es geht weiter in Richtung Rhön, in der Ferne ist ein Sprung mit drei Rehen zu sehen, die zur Morgenäsung ausgetreten sind.
Frühstücksbuffet unter freiem Himmel
Bei Mellrichstadt verlassen die Busse die Autobahn an einer Raststätte. Es gibt ein großes Frühstücksbuffet unter freiem Himmel, um den ersten Hunger am Morgen zu stillen. Freiwillige Helferinnen und Helfer sind zur Stelle, um aus dem Unterflur-Bereich eines Busses Tisch und Essen zu entladen. In wenigen Minuten sind die Tische gedeckt. Sebastian Strobl schneidet mehr als hundert Brötchen auf. Zum dampfenden Kaffee gibt es Kuchen, Wurst, Schinken und Käse mit Radieschen, Dips, Süßem und saure Gurken.
Gut gelaunt und gestärkt reist die Gruppe weiter nach Nordost. Als Träger schließlich das Geheimnis um das Ziel der "Fahrt ins Blaue" lüftet, kehrt spürbare Zufriedenheit auf den Sitzen der beiden Omnibusse ein. Es geht in die Landeshauptstadt Erfurt und nach Weimar (Thüringen).

Erster Stopp: Thüringens Landeshauptstadt Erfurt
Als die Gruppe gegen 11.30 Uhr in der 215.000-Einwohner-Stadt Erfurt ankommt, ist der Himmel blau. Vom großen Domplatz spazieren manche "Fahrt-ins-Blaue-Touristen" in die Innenstadt, andere nehmen sich Zeit für einen Abstecher zur berühmten Krämerbrücke, dem ältesten profanen Brücken-Bauwerk Europas, das durchgehend mit 99 Häusern bebaut ist.
Die Abendsonne begleitet die Gäste bei einem Spaziergang durch die Gärten von Schloss Belvedere in Weimar. Dort bleiben sie zwei Tage. Johann Wolfgang von Goethe gehörte zu den prominentesten Dichtern und Denkern, denen Weimar viele kulturhistorische Schätze zu verdanken hat. Bei einer Stadtführung durch die ehemalige Kultur-Hauptstadt Europas begegnen die Urlaubenden aus den Landkreisen Main-Spessart, Main-Tauber und Würzburg auch bauhistorische Zeugen, die an die politische Vergangenheit der Stadt erinnern. So fand zum Beispiel in Weimar mit der Nationalversammlung der Übergang vom Deutschen Kaiserreich zur Demokratie statt.
Reisegäste lobten das Programm der "Fahrt ins Blaue"
Auf der Heimreise besuchte die Reisegruppe noch Bamberg. Als kleine Überraschung gab es auf der Rückfahrt einen Sektempfang an einer Autobahn-Raststätte. Albin Ehehalt aus Birkenfeld war "hochzufrieden" über das Programm der Reise. Auch Elfriede Reinhart aus Marktheidenfeld fand alles "super toll". Und Waldtraud Fertig (Marktheidenfeld) erinnerte sich gerne an den Tanzabend mit musikalischen "Wünsch-dir-was-Einlagen" im Hotel.
Nach welchen Kriterien suchen Martina Träger und Sebastian Strobl Ziele und Programm einer "Fahrt ins Blaue" an? Man wähle Destinationen aus, die nicht auf den ersten Seiten in den Urlaubskatalogen stehen, erklärt Träger.