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Karlburg
Günstige Erbeeren aus dem Ausland: Lohnt sich der Anbau in Unterfranken noch?
Der Handel zahlt den heimischen Erdbeerbauern seit Jahren fast die gleichen Preise, doch die Kosten steigen deutlich. In Main-Spessart wird die Direktvermarktung für die Produzenten deshalb immer wichtiger.
Günstige Ware aus dem Ausland macht den Erdbeer-Produzenten im Landkreis Main-Spessart größere Konkurrenz.
Foto: Andreas Arnold/dpa | Günstige Ware aus dem Ausland macht den Erdbeer-Produzenten im Landkreis Main-Spessart größere Konkurrenz.
Katrin Amling
 |  aktualisiert: 08.02.2024 14:10 Uhr

Eigentlich war die Erdbeer-Ernte in diesem Jahr sehr gut. Das Wetter war sonnig und nicht zu nass, denn das mögen die Erdbeeren gar nicht - schnell werden sie faulig. "Vom Geschmack her waren die Erdbeeren super", sagt Inge Väth aus Hafenlohr. Und dennoch ist die Stimmung bei den Produzenten in Main-Spessart getrübt.

Denn das Erdbeer-Geschäft lohnt sich immer weniger, da die Abnahmepreise für den Handel seit einigen Jahren unverändert sind. Erdbeeren brauchen ganz viel Handarbeit und das sorgt für hohe Kosten: "Wir müssen alles mit der Hand machen, das ist fast nicht mehr bezahlbar", erklärt Inge Väth. Ihr Sohn Alexander kümmert sich inzwischen um den Erdbeer-Anbau, die Anbaufläche haben sie in den vergangenen Jahren schon ein wenig reduziert. In diesem Jahr war die Saison vor allem kurz, berichtet Väth. Da sie nur eine Sorte anbauen und keine Folien einsetzen, um früher ernten zu können, war die Erntezeit bei den Väths ohnehin schon immer kürzer als bei anderen Produzenten.

"Wir machen alles in Handarbeit."
Inge Väth über den Erdbeer-Anbau

Dass zu den Väths vor allem Selbstpflücker kommen, hilft jedoch dabei, die Verkaufspreise gering zu halten. Ein Schälchen eigens gepflückte Erdbeeren kostet bei den Väths 1,80 Euro, bei größeren Abnahmemengen nur 1,50 Euro. Bereits gepflückte Früchte gab es in Hafenlohr in diesem Jahr für 3,20 Euro.

Nicht jeder kann sich regionale Erdbeeren noch leisten

Auch Marion Gold vom Obst- und Spargelhof Gold im Karlstadter Stadtteil Karlburg macht sich Sorgen: "Es ist natürlich ein Problem, wenn die Preise stagnieren, aber unsere Kosten hochgehen." Eine immer größere Konkurrenz für die Erdbeeren aus der Region ist auch die Ware aus dem Ausland, die im Supermarkt sehr günstig verkauft werde, berichtet Gold. "Viele unserer Kunden legen Wert auf Regionalität", sagt Gold. Doch es gebe auch angesichts der hohen Inflation viele Menschen, die sich einfach nur die günstigeren Erdbeeren leisten könnten. "Die Ware aus dem Ausland sieht ähnlich aus und ist auch von der Qualität nicht schlecht, aber deutlich günstiger", äußert Gold Verständnis.

Viele Produzenten versuchen deshalb, sich stärker auf die Direktvermarktung über Hofläden und Straßenstände zu konzentrieren. Im Laden des Obst- und Spargelhofs Gold hat die 500-Gramm-Schale Erdbeeren in dieser Saison zwischen 3 Euro und 3,80 Euro gekostet. "Hier können wir die Preise selbst festlegen, da ist noch alles gut", berichtet Marion Gold. Die Kundschaft im Hofladen sei treu und habe Verständnis, dass man die gestiegenen Kosten in der Produktion auch weitergeben müsse.

Marion Gold verkauft einen Teil ihrer Erdbeeren an den Handel. Sie glaubt jedoch, dass in Zukunft die Direktvermarktung immer wichtiger wird. (Archivbild)
Foto: Björn Kohlhepp | Marion Gold verkauft einen Teil ihrer Erdbeeren an den Handel. Sie glaubt jedoch, dass in Zukunft die Direktvermarktung immer wichtiger wird. (Archivbild)

Peter Stenger aus dem Lohrer Stadtteil Halsbach baut auf rund zwei Hektar Erdbeeren an. Er setzt schon immer auf die Direktvermarktung und verkauft seine Früchte frisch am Feld, am Wochenmarkt und im Hofladen. In diesem Jahr hat er außerdem seine Ware zum ersten Mal über einen Erdbeer-Automaten verkauft. Von den geringen Preisen, die im Einzelhandel gezahlt werden, ist er also nicht direkt betroffen. Die Auswirkungen bekommt er aber dennoch zu spüren.

Lohnkosten sind der größte Posten beim Erdbeer-Anbau

„Grundsätzlich haben wir viele Kunden, die es schätzen, dass die Erdbeeren direkt vor der Haustür frisch angebaut werden und das auch mit dem entsprechenden Preis honorieren“, sagt Stenger. Wenn aber die Discounter mit der extrem günstigen Ware aus dem Ausland werben, fragen die Kunden auch bei Stenger nach, warum sein Obst deutlich mehr kostet. „Wenn wir dann erklären, warum wir viel höhere Kosten haben, verstehen das manche, aber manche eben auch nicht“, so der Obstbauer. Der Verkauf sei gut gestartet in dieser Saison. Doch sobald die Preise im Handel gefallen sind, hat er das auch an der Nachfrage gemerkt, so Stenger.

Peter Stenger aus Halsbach verkauft seine Erdbeeren nur im Direktvertrieb. In diesem Jahr hat er außerdem zum ersten Mal einen Obst-Automaten mit Erdbeeren bestückt.
Foto: Christoph Weiss | Peter Stenger aus Halsbach verkauft seine Erdbeeren nur im Direktvertrieb. In diesem Jahr hat er außerdem zum ersten Mal einen Obst-Automaten mit Erdbeeren bestückt.

Denn der größte Kostenfaktor beim Anbau von Erdbeeren sind auch bei ihm die Lohnkosten. Der vergleichsweise hohe Mindestlohn in Deutschland sorgt dafür, dass deutsche Erdbeeren teilweise doppelt so viel kosten wie die Ware aus dem Ausland. Die Discounter würden die Ware aus dem Ausland aber so günstig einkaufen, dass die Marge für diese Produkte immer höher sei als für die regionalen, egal wie günstig diese im Verkauf dann letztendlich angeboten werden, lautet Stengers Einschätzung.

Heimische Beerenbauern reduzieren Anbaufläche

Das führe wiederum dazu, dass viele heimische Beerenbauern ihre Fläche reduzieren und immer mehr Obst importiert wird. „Wozu die Abhängigkeit aus dem Ausland führen kann, haben wir ja jetzt beim Gas gesehen“, so Stenger. Auch wenn Gas und Erdbeeren nicht eins-zu-eins vergleichbar sind: Da müsse man sich schon fragen, ob man diese Abhängigkeit wolle. Problematisch findet Stenger auch, dass nicht nur aus den europäischen Nachbarländern importiert wird, sondern auch immer mehr aus weit entfernten Staaten wie Chile, Peru oder Mexiko.

Alles schlecht reden möchte Stenger aber nicht: „Die Direktvermarkter stehen deutlich besser da.“ Die Ernte ist gut gelaufen und auf seinem Hof baut er auch noch viele andere Obstsorten an. Der Großteil der Erdbeerernte für diese Saison ist gelaufen. „Zurzeit verkaufen wir keine Erdbeeren mehr, aber wir haben nochmal einen frischen Satz ausgebracht, von dem wir Ende Juli/Anfang August noch einmal ernten wollen.“

 
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  • R. B.
    Offenbar sind doch nur unsere hohen Lohnkosten die Preistreiber vieler landwirtschaftlicher Erzeugnisse, die eine arbeitsintensive Ernte erfordern deren Produktion auch oft noch vom Wetter abhängig ist.

    Und wenn hier der Anbau sich ohnehin nicht lohnt, warum stellen unsere Landwirte nicht um auf die Erzeugung von Lebensmitteln, die mit Maschinen geerntet werden können.

    Die Ökobilanz wird sich kaum ändern, ob das Flugzeug nun halb oder voll mit Erdbeeren beladen zu uns kommt. Dafür verzichten wir auf die immensen "Bewegungen" von Arbeitskräften, die dann nicht mehr quer um die Welt jetten müssen, um unser "Gemüse" zu ernten und schicken das Flugzeug, das die Erdbeeren gebracht hat mit unseren maschinell geernteten Produkten zurück.
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  • M. R.
    Die Frage greift zu kurz!

    Sie muß lauten: "Lohnt sich das arbeiten in Deutschland überhaupt noch?"

    - höchsten Lohnnebenkosten
    - höchsten Steuern
    - höchste Stromkosten
    - späteste Rente
    - niedrigste Rente
    - geringstes Vermögen

    Wozu arbeiten?
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  • E. K.
    Beantworten wir die Frage mal mit Nein. Keiner geht mehr Arbeiten. Und dann?
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  • G. A.
    Wer bezahlt Ihre Rente, wenn Keiner mehr arbeitet. Oder Jeder bekommt eine Parzelle und wird Selbstversorger etc.
    Aufwachen, das ist ein Alptraum.
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  • J. Z.
    Mann sollte einfach mal nen Gang runter schalten. Früher hatte man seine Erdbeeren auch nur in der Sommerzeit. Leider müssen die Leute alles zu jeder Zeit haben. Ich pflücke meine Erdbeeren selbst Garten, und es bringt mich auch nicht um. Diesen ganzen billig und Discounter wahn haben wir alle selbst zu verantworten
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  • H. S.
    Mindestlohn in Polen, Tschechien und Ungarn: unter 4 Euro
    Mindestlohn in Deutschland: 10,45 Euro, bald 12 Euro
    Noch Fragen?
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  • E. K.
    Selber pflücken ist doch für alle eine super Lösung. 1,80 für das Pfund, günstiger wird es nicht, frischer auch nicht. Aber wer ist denn in diesem Land noch bereit, sich zu bücken? Warum haben es denn die Bauern so schwer, Erntehelfer hier zu finden? Nicht nur bei Erdbeeren, Spargel, Gurken, ohne osteuropäische Hilfe würde alles auf den Feldern bleiben. Da hat auch der neue Mindestlohn noch nicht viel geändert. Harz 4 scheint weiter attraktiver.
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  • U. L.
    Wir kaufen schon seit vielen Jahren keine Erdbeeren mehr im Supermarkt. Beim Obstbauern direkt sind die Erdbeeren frisch und - das wichtigste - sie schmecken. Das gewährleisten die Supermärkte ohne hin nicht. Die grün gepflückten und erst auf dem Transport rot gewordenen Erdbeeren aus sonstwo schmecken nicht und passen überdies nicht in den Klimawandel.
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  • N. K.
    grün gepflückte Erdbeeren funktioniert nicht. Die werden nicht mehr rot - nicht mal aus Scham. Bei Bananen geht das Nachreifen.
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  • R. B.
    Da fängt doch die große Klimalüge an. Schauen wir uns doch einmal das gut sortierte Gemüse- und Obstangebot der Lebensmittelhändler an. Ein Großteil der hier angebotenen Ware kommt von weit her, aber nicht Wenige wollen Drachenfrucht, Papaya, Curuba u.s.w., und wenn möglich ganzjährig. Kommt die Ware nicht zu uns, verlieren hunderttausende Menschen ihre Arbeitsplätze in den Plantagen, importieren wir die Ware, geht dies immens zu Lasten der CO²-Bilanz, so ein wenig die Entscheidung zwischen Pest und Cholera.
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  • H. H.
    Der relativ hohe Mindestlohn...

    schon mal dran gedacht, dass wir hier in D auch relativ hohe Mindestlebenshaltungskosten haben, die durch die Ukraine-Spezial-Operation nicht gerade sinken?

    Irgendwann fliegt uns dieses ganze Billig-billig-billig noch furchtbar um die Ohren. Alle nur am Jammern - die einen weil niemand mehr die Preise zahlen will die sie gerne hätten, die anderen, weil sie sich das nicht (mehr) leisten können. Und eine Handvoll Leute, die das abgegriffene Geld in Form von "Finanzprodukten" für sich arbeiten lässt, zahlt einen lächerlichen Steuersatz dafür und wird reicher und reicher und die Regierungen fürchten sich, da was dran zu ändern, weil diese Leute könnten ja dem jeweiligen Land den Rücken kehren und irgendwohin auswandern, wo die Steuern niedriger sind. Hand aufs Herz: wäre das so schlimm - oder fürchten sich die Regierenden nur davor, dann selber irgendwohin auswandern zu müssen, wo ihr Besitz nicht ganz so sicher ist wie hierzulande?
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  • D. P.
    Man muss sich das mal auf der Zunge zergehen lassen: Es ist für die Discounter profitabler, Erdbeeren um den halben Globus zu fliegen, als lokal zu beziehen. Und der Abnehmer bestimmt den Preis, nicht der Erzeuger. Wie kaputt kann ein Markt sein?
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  • K. K.
    Nein, der Kunde bestimmt den Preis, weil er glaubt er muss immer das billigste nehmen. Beim Discounter werden keine Erdbeeren gekauft. immer nur in der Hütte davor, die sind regional.
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  • D. E.
    Was den jetzt, der "grüne" Kunde dem vorgeworfen wird, das er es es sich leisten kann im Bioladen - regional und nachhaltig - einkaufen kann und ausgerechnet jetzt soll dieser "grüne" Kunde Wert auf billige Erdbeere das ganze Jahr legt?
    Unsinn
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