Eine Hausnummer? Die gibt es am Stauffenbergring 21c in Marktheidenfeld bereits seit 24 Jahren. Weiß und schlicht hängt sie an der blau-grauen Fassade. Seit Februar 2019 besitzen Ulrike und Thomas Steigerwald aber noch eine weitere Hausnummer für ihr Anwesen: Eine grüne.
Die Grüne Hausnummer: Als Zeichen der Anerkennung des Landkreises für besonders ökologisch verantwortungsvolles Bauen und Wohnen wurde sie im Frühjahr dieses Jahres von Landrat Schiebel verliehen.28 private Haushalte hatten sich auf die Auszeichnung beworben.So auch Ulrike und Thomas Steigerwald aus Marktheidenfeld. "Als ich den Aufruf in der Zeitung gelesen habe, habe ich nur gedacht: Wenn nicht wir, wer dann?", erzählt sie lachend. Seit 1995 wohnen sie in der Doppelhaushälfte am Stauffenbergring. Das Besondere: Ihr Haus ist ein Teil eines ökologischen Wohnhofes mit sechs Familien und ihren Häusern. Die Familie Steigerwald wohnte damals in Eisingen (Lkr. Würzburg), als sie von dem Wohnprojekt erfuhr. Die federführende Architektin war die Marktheidenfelderin Silke Jordan, die sich insbesondere auf ökologisches Bauen und gesundes Wohnen spezialisiert hatte.
Zu ihr nahm Ulrike Steigerwald nun auch noch einmal Kontakt auf, um sich zu erkundigen, welchem KfW-Effizienzhausstandard ihr Gebäude nach heutigen Kriterien entspricht. Für die Bewerbung konnten in den vier Themenfeldern Garten, Energieerzeugung, Energieeffizienz und Baustoffe Punkte gesammelt werden. Ab einer Punktzahl von 75 war die Grüne Hausnummer sicher.
"Unser Haus entspricht heute ungefähr dem Effizienzhausstandard 70. Das war für die damaligen Verhältnisse gut", erzählt Ulrike Steigerwald. Als Baumaterial entschied sich das Paar damals für Ziegel. "Eine Holzbauweise war uns zu gefährlich wegen der Brandgefahr", so Steigerwald. Schließlich wohnen sie zur Linken Wand an Wand und zur Rechten mit 80 Zentimeter Abstand zu den Nachbarn. Die Wände wurden zur Wärmedämmung verdickt. Die Holzdecken mit Kokosfasern trittschallgedämpft.
Heizung mit modulierender Brennwert-Technik
Eine Solaranlage wurde beim Hausbau, zumindest von den Leitungen her, mit eingeplant. Allerdings entschied sich das Ehepaar dagegen, da die Dachneigung ungünstig ist. Auch war bei der Wohnhof-Belegschaft ein gemeinsames Blockheizkraftwerk im Hof im Gespräch. Doch auch dazu kam es nicht. Die Anwohnern hatten bei der zu dem Zeitpunkt noch relativ unbekannten Technik noch zu viele Zweifel.
"Wir haben uns dann für eine Heizung mit modulierender Brennwert-Technik entschieden. Sprich der Brenner fährt nur bei Bedarf hoch, arbeitet insgesamt sehr sparsam", so Ulrike Steigerwald. In die Räume kommt die Wärme über sogenannte Randleisten-Heizkörper. Sie werden ungefähr in Höhe der eigentlichen Fußleisten eines Raumes installiert, wo sie Fußboden und Wand miteinander verbinden. Ihr Vorteil: Neben der Energieeffizienz und einer Kostenersparnis machen sie ein angenehmes Raumklima, denn es entstehen keine Kaltzonen. Zudem kühlen die Wände nicht aus, was auch Schimmel vorbeugt.
Allerdings benutzt die Familie die Heizung im unteren Wohnraum nur selten. Denn dort steht ein großer, gemauerter Ziegelsteinofen. "Den habe ich damals selbst als Modell aus Ton entworfen", erzählt Ulrike Steigerwald. Das Funktionsprinzip: Neben dem Feuerraum wird der Ofen von Rauchgängen durchzogen. Im Vergleich zum Kachelofen heizt der Ziegelsteinofen allerdings weniger intensiv. Dafür speichert er mehr Wärme und strahlt diese länger ab.
Insgesamt legte das Ehepaar Steigerwald beim Hausbau Wert auf die Verwendung heimischer Produkte. So stammt der Holzfußboden in Küche und Wohnraum aus dem Taubertal. Und auch die Fichtenfenster sind aus Holz aus der Region. Bei den Böden in den beiden Stockwerken haben sich Steigerwalds für nicht lackierten und versiegelten Kork entschieden, selbst im Badezimmer. Unter dem Dach liegen abgeschliffene und geölte OSB-Platten. "Eigentlich sollte dort auch noch Kork drauf. Aber wir haben das dann einfach so gelassen, weil es uns so gut gefallen hat", erzählt die Hausherrin.
Eidechsen und Blindschleichen im Garten gesichtet
Auch in Sachen Gartenanlage kann man bei bei der Grünen Hausnummer Punkte sammeln. Zum Beispiel, wenn heimische Wildkräuter und Sträucher vorhanden sind. Neben wildem Thymian, Salbei und Pfefferminze findet man im Steigerwaldschen Garten die Felsenbirne und die Kornelkirsche, die bereits im März zu blühen beginnt und somit besonders für die Bienen attraktiv ist.
In den Trockenmauern, die den Hang zum Haus hoch aufgeschichtet sind, zeigen sich oft Eidechsen, erzählt Ulrike Steigerwald. Letztes Jahr hat sie auch zwei Blindschleichen entdeckt. Versteckt unter einem Kiesbett liegt die Zisterne der Familie. Diese damals anzulegen war nur logisch. "Die Häuser mussten damals auf das Niveau der Straße gebracht werden. Um aufzufüllen, wurden damals riesige Mengen an Erde herangeschafft", erzählt die Hausherrin. Genug Platz also, um auch eine rund 10 000 Liter fassenden Zisterne anzulegen. Das hier aufgefangene Regenwasser dient im Haus als Toilettenspülung.
Welche Projekte in der Hausnummer 21c noch anstehen? Ein Elektroauto, das wäre so ein Wunsch. Obwohl beide Eheleute jeden Tag mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nach Würzburg zur Arbeit pendeln, wollen sie nicht komplett auf das Auto verzichten.
Wie ihre Art, das Thema Nachhaltigkeit zu leben, von ihrem Umfeld aufgenommen wird? "In den Anfängen haben wir manch anstrengende Diskussion geführt, waren oft der Spielverderber, wenn wir versucht haben, unser Leben zu begründen oder die Leute zu überzeugen", so Ulrike Steigerwald. Mittlerweile sei das Thema akzeptierter und sie hätten viele Bekannte, die ähnlich denken und leben würden. Was sie besonders freut: Das aktuelle Engagement der Schüler, die für mehr Klimaschutz auf die Straße gehen. "Das finde ich so toll", sagt sie, "da kommen mir fast die Tränen."