Nun also Sonnenblumenöl und Mehl. "Wenn ihr den letzten Baum zerstört, wenn ihr den letzten Fisch gefangen und so weiter . . . Werdet ihr erst dann einseh'n, dass ihr euer schönes Geld auf der Bank nicht essen könnt, welch' Menge ihr auch nennt?" So soll es der Häuptling der Cree seinerzeit gesagt haben. Und das natürlich nicht in der Sprache der Dichter und Denker, sondern auf Creeisch.
Seine Weisheit nimmt sich nun das Volk zu Herzen, das bisher rund siebeneinhalb Billionen Euro auf der hohen Kante hatte. Das Ergebnis ist nicht nur in den Regalen von Marktheidenfelder Supermärkten zu sehen. Die siebeneinhalb Billionen werden jetzt in Produkte aus der Ukraine, nämlich Sonnenblumenöl und Mehl, umgeschichtet – wie Börsianer sagen. Weitsichtige dürften übrigens schon auf Mottenkugeln setzen, denn Mehl schmeckt bekanntlich Motten.
Welche Friedenslieder sind passend?
Der oben zitierte Spruch wirkt poetisch. Kein Wunder, stammt er doch in diesem Wortlaut von einem Lied der linksalternativen Band "Cochise", die einst auf der Gemündener Scherenburg konzertierte. In einer ähnlichen Kategorie bewegte sich die holländische Friedensband "Bots", die in den 1980er Jahren deutsche Texte mit Rudi-Carell-Akzent zum Besten gab. Es war dieselbe Combo, die nach der Abrüstungsdemo in Mutlangen "Das weiche Wasser bricht den Stein" sang. Gemeint war damit, man werde sich auch ohne Waffen nicht von einem Aggressor unterkriegen lassen, wenn man nur die richtige Haltung ihm gegenüber bewahrt. Ob solche Songs in der momentanen Situation noch so beklatscht würden? Da findet gerade auch bei einigen, die damals den "Bots" zujubelten, ein Umdenken statt.
Doch welche Lieder spielt man, wenn heute plötzlich zu einem Friedenskreis auf dem Marktplatz gerufen wird? Im schönen Karscht griffen die Musiker in die Beatles-Kiste. Richtig: John und Yoko legten sich damals nackig ins Bett, um ihre Friedfertigkeit zu demonstrieren. Beatles passen immer. Doch all das ist ein anderes Thema.
Die Briefmarkensammlung war gestern
Wenn nun das Rauschen des russischen Gases in den Druckminderern verstummt, findet vielleicht bei manch anderen ebenfalls ein Umdenken statt. Ein Windrädchen im Vorgarten wäre jetzt vielleicht doch nicht so schlecht – gleich neben dem Sonnenblumenbeet, dem jetzt der eben erst frisch angelegte Schotter weicht.
Wir erinnern uns: Vor zwei Jahren waren Klopapier und Nudeln die begehrten Sammelobjekte. Zwischenrein funkten Dachlatten als Geldanlage mit mittelfristigem Horizont. Nun also Sonnenblumenöl und Mehl. Selenskyi hat schon recht, wenn er Deutschland vorhält, dass "Wirtschaft, Wirtschaft" das ist, was hier als erstes zählt.
Biofreaks horten statt Mehl übrigens Dinkelkörner. Damit hat endgültig die seinerzeitige Masche "Wollen wir uns mal meine Briefmarkensammlung ansehen?" ausgedient. Filme von 2022 wird man einst daran erkennen, dass der Liebhaber seine Angebetete mit den schmachtenden Worten einlädt: "Schatz, willst du mal meine Dinkelkörner sehen?"