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Gemünden
Geschenkte Lithografie zeugt davon, dass im Bruderkrieg 1866 preußische Truppen in Gemünden waren
Sammler Ulf Fischer hat dem Stadtarchiv eine Lithografie übergeben. Gemünden musste im Deutsch-Deutschen Krieg sowohl preußische als auch bayerische Truppen verköstigen.
Ulf Fischer (rechts) übergibt dem Gemündener Stadtarchivar Bernd Wirthmann und Kulturamtsleiterin Jasna Blaic eine Lithografie von 1866.
Foto: Björn Kohlhepp | Ulf Fischer (rechts) übergibt dem Gemündener Stadtarchivar Bernd Wirthmann und Kulturamtsleiterin Jasna Blaic eine Lithografie von 1866.
Björn Kohlhepp
 |  aktualisiert: 27.03.2025 02:38 Uhr

Der Langenprozeltener Sammler Ulf Fischer hat dem Gemündener Stadtarchiv eine Lithografie aus dem Jahr 1866 geschenkt. Darauf zu sehen sind preußische Soldaten im deutschen Bruderkrieg 1866, die an der Gemündener Mainlände Gepäck auf Kähne bringen. Darunter steht: "Einschiffung des Preußischen Gepäcks vor dem Marsch der Division Göben auf Lohr am Abend des 12. Juli 1866." Die leicht fleckige Lithografie habe er nach vielen Jahren vorletzten Winter in einer Mappe wiederentdeckt, erzählte Fischer. Er habe sie in den 1990er Jahren einem älteren Aschaffenburger Privatsammler abgekauft.

Das Motiv war in Gemünden schon bekannt. Die Main-Post hat es für den Artikel "Bruderkrieg auf Kosten der Stadt Gemünden" im Jahr 2016, 150 Jahre nach den Geschehnissen, verwendet. Fischer berichtet, dass Lithografien damals seines Wissens stets in Büchern und Zeitschriften veröffentlicht wurden. Tatsächlich trägt die nun geschenkte die Nummer 11, gehörte also ganz offensichtlich zu einer Serie, womöglich über den Deutsch-Deutschen Krieg. Stadtarchivar Bernd Wirthmann hat auf der Internetseite des Bayerischen Armeemuseums eine Beschreibung des Bilds gefunden. Es stammt demnach von einem Künstler namens Ludwig Burger. "Das Archiv ist der richtige Aufbewahrungsort", meinte Kulturamtsleiterin Jasna Blaic bei der Übergabe und bedankte sich.

Erst kamen königlich-bayerische Truppen, dann trank eine preußische Division Felsenbier

Zwar blieb Gemünden im Gegensatz zu Hammelburg und Kissingen von direkten Kampfhandlungen verschont und spielte im Bruderkrieg nur eine untergeordnete Rolle, aber die Stadt hatte erst die königlich-bayerische und dann die preußische Main-Armee zu verpflegen. Die Division Goeben unter dem Kommando des Generalleutnants von Goeben hatte zuvor in der Schlacht bei Kissingen am 10. Juli die Bayern besiegt und Kissingen besetzt. In "Der Feldzug der preußischen Main-Armee im Sommer 1866" (1867) steht zu lesen, dass die Division am 12. Juli gegen Abend in einer Stärke von 6000 Mann über Hundsfeld und Bonnland in Gemünden einrückte – 600 bis 700 bayerische Gefangene im Schlepptau.

Demnach machte die Division zwei Stunden Rast in Gemünden. "Die Tornister wurden geöffnet, sämmtliche Patronen herausgenommen und die Feldkessel abgeschnallt", hieß es. In Gemünden wurde der Division "eine reichliche Ration des dort so beliebten und wirklich ausgezeichneten Gemündener Felsenbiers (Alte Brauerei, Anm. d. Red.) ausgetheilt". Dann wurde alles Gepäck auf Kähne geladen, "die sich glücklicherweise in großer Anzahl vorfanden, und diese mainabwärts nach Lohr befördert". Gegen acht Uhr Abend ging es gen Lohr weiter. "Dieser Abendmarsch im herrlichen Mainthale ... gab der Division ihren ganzen vortrefflichen Humor wieder", heißt es in dem Werk von 1867.

Schriftsteller Theodor Fontane zitiert einen begeisterten Kriegsteilnehmer

Theodor Fontane zitiert in seinem Werk "Der deutsche Krieg von 1866" den fast schon schwärmerischen Bericht eines Beteiligten: "Dieser Marsch war der schönste, den Ihr Euch denken könnt. Alles war wie Traum und Mährchen. Die Chaussee führt hart am Main hin, eingeschlossen von hohen Bergpartien, die meist mit Wald, mitunter auch mit Schlössern und Ruinen geschmückt sind. Das Mondlicht lag auf dem Strome, während unsere 6 großen Kähne mit den Tornistern unserer Leute bepackt, die glitzernde Wasserstraße hinunterschwammen."

Die Gemündener mussten zur Truppenverpflegung erhebliche bäuerliche Erzeugnisse an das Amt Gemünden abliefern. Dies waren unter anderem zehn Ochsen, 600 Laib Brot, 5 Eimer Bier (340 Liter), je 60 Zentner Heu und Hafer.

Kommandierender General der Main-Armee logierte im Huttenschloss

Die Einquartierung und Requirierung von Nahrungsmitteln, Tabak, Alkoholika und Viehfutter ist im Gemündener Stadtarchiv umfangreich dokumentiert. Norbert Schuch hat zum 150. Jahrestag zahlreiche Unterlagen wie Rechnungen, Schriftverkehr und andere Aufzeichnungen gesichtet und ausgewertet. Diese belegen, dass der kommandierende General der Main-Armee, Eduard Vogel von Falckenstein, mit Gefolge vom 12. bis zum 15. Juli 1866 im Huttenschloss und in den Nebengebäuden sein Quartier aufgeschlagen hatte. Dann rückten noch der Chef des Generalstabes, zwei Majore, zwei Hauptleute, zwei Corpsschreiber und 14 Soldaten ein.

Nach den Aufzeichnungen im Archiv wurde für den General ein Dinner bestellt, für die Offiziere und Soldaten gab es ein Abendessen. Insgesamt wurden 18 Gulden in Rechnung gestellt. Aber nicht nur die preußischen Truppen nahmen das Huttenschloss in Beschlag, im Juni und Juli hatten sich schon die königlich-bayerischen Truppen dort verköstigen lassen.

Belege und Rechnungen zeugen von der Truppenversorgung

Im Stadtarchiv sind zahlreiche Belege und Rechnungen vorhanden wie zum Beispiel: Transporte mit Proviant nach Lohr, Rechnung des Schmiedmeisters Michael Wirsing, eine Lieferung von Heiner Nätschert (Hafer und Heu für die Pferde), Gasthofbesitzer Adam Flurschütz (Unterbringung von Pferden in drei Stallungen für zwei Monate), Michael Eberlein (unter anderem 1596 Pfund Salz), Bürgermeister Adelmann (Lieferung von 5000 Zigarren für die preußischen Soldaten) sowie Entschädigungsansprüche von Bürgern.

Am 29. September 1866 erschien vom Stadtmagistrat und von Bürgermeister Adelmann eine öffentliche Danksagung im "Würzburger Stadt- und Landboten": "Nachdem die feindlichen Truppen uns verlassen haben, und mit dem Frieden auch wieder bessere Zustände zu uns zurückgekehrt sind, drängt es den unterfertigten Stadtmagistrat, eine angenehme Pflicht zu erfüllen und allen jenen edlen Menschenfreunden, welche der von den Kriegsereignissen so schwer betroffenen Stadt Gemünden Unterstützungen in so reichlichem Maße haben zufließen lassen, insbesondere den verehrlichen Hilfscomités zu Würzburg, Schweinfurt, München, Traunstein, Fürstenfeldbruck und Weilheim Namens der unterstützten hiesigen Stadtarmen den innigsten Dank auszusprechen."

Das bayerische Bezirksamt (Landkreis) Gemünden verlor als Kriegsfolge das Gebiet um die Stadt Orb an den hessischen Kreis Gelnhausen.

 
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