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GEMÜNDEN
Bruderkrieg auf Kosten der Stadt Gemünden
Diese Zeichnung hält das Verladen des Gepäcks der preußischen Truppen an der Gemündener Mainlände auf Kähne am 12. Juli 1866 fest. Die Mannschaften marschierten, gestärkt vom Gemündener „Felsenbier“, nach Lohr weiter, während die Kommandeure vier Tage lang im Huttenschloss einquartiert waren.
Foto: Repros (3): Historischer Verein Gemünden | Diese Zeichnung hält das Verladen des Gepäcks der preußischen Truppen an der Gemündener Mainlände auf Kähne am 12. Juli 1866 fest.
Bearbeitet von Michael Fillies
 |  aktualisiert: 03.12.2019 09:10 Uhr
„Dieser Abendmarsch gab der Division ihren ganzen vortrefflichen Humor wieder.“
Kriegsberichterstatter über die Rast in Gemünden

Gleich doppelt hatte Gemünden vor 150 Jahren unter dem „deutschen Bruderkrieg“ von 1866 zu leiden. Zwar blieb man im Gegensatz zu Hammelburg und Kissingen von direkten Kampfhandlungen verschont, aber: Die Stadt hatte die königlich-bayerische und dann die preußische Main-Armee zu verpflegen, und das bayerische Bezirksamt (Landkreis) Gemünden verlor als Kriegsfolge das Gebiet um die Stadt Orb an den hessischen Kreis Gelnhausen. Der Rest wurde 1872 vorübergehend dem Bezirksamt Lohr zugeschlagen.

Forschungen des Historischen Vereins

Über den Einmarsch der Preußen am 12. Juli 1866 in Gemünden und Lohr berichteten wir am Mittwoch. Die Einquartierung und Requirierung von Nahrungsmitteln, Tabak, Alkoholika und Viehfutter ist im Gemündener Stadtarchiv umfangreich dokumentiert. Das Material – Rechnungen von Geschäftsleuten an den Stadtmagistrat zumeist – hat Norbert Schuch vom Historischen Verein gesichtet und ausgewertet. Für die Main-Post fasst der Heimatforscher die Ergebnisse zusammen:

„Am Morgen des 10. Juli 1866 rückten die Preußen unter dem Befehlshaber der Main-Armee, General der Infanterie Eduard Vogel von Falckenstein, mit zwei Divisionen auf Kissingen vor und besetzten das rechte Saaleufer. Daraufhin entwickelte sich ein heftiges Gewehr- und Geschützfeuer zwischen den Verteidigern und Angreifern sowie ein langwieriger und erbitterter Kampf von Haus zu Haus.

Preußen schlugen die Bundesarmee

Das VII. Armeekorps der Deutschen Bundesarmee, das ausschließlich aus bayerischen Truppen unter dem Oberbefehlshaber Feldmarschall Prinz Karl von Bayern bestand, wurde von den preußischen Truppen trotz erbitterten Widerstandes geschlagen. Gegen Abend wurden die restlichen Bayern dann von den siegreichen Preußen unter General Edwin Freiherr von Manteuffel in Richtung Nüdlingen versprengt.

Das gleiche Schicksal erfasste die Stadt Hammelburg: Obwohl Meldungen von Zivilisten über größere preußische Truppenteile eintrafen, wurden diese von den Verantwortlichen der Bayerischen Armee ignoriert. In Hammelburg waren noch drei Bataillone mit 2500 Mann. Ihnen standen 13 Bataillone mit circa 14 000 preußischen Soldaten gegenüber. Um 14 Uhr begann der große Angriff auf die Stadt, gegen 15.30 Uhr marschierten die Preußen in das von den Einwohnern verlassene Hammelburg ein. In den Gefechten in Bad Kissingen fanden 244 Mann den Tod, 1289 wurden verwundet. 623 Soldaten galten nach den Kämpfen als vermisst. (...)

Bäuerliche Erzeugnisse abliefern

Die Stadt Gemünden spielte im Bruderkrieg nur eine untergeordnete Rolle: Nachdem die Preußen mit einem Ablieferungsbefehl der königlich-preußischen Feldintendantur des Generals von Manteuffel sich ausgiebig in der Gemeinde Gauaschach mit Verpflegung versorgt hatten, mussten die Einwohner noch erhebliche bäuerliche Erzeugnisse an das ,Amt Gemünden‘ abliefern. Dies waren unter anderem zehn Ochsen, 600 Laib Brot, 5 Eimer Bier (340 Liter), je 60 Zentner Heu und Hafer. Am 12. Juli 1866 rückte der kommandierende General der Preußen an der Spitze der Division Goeben mit einer Stärke von 6000 Mann zusammen mit circa 600 bayerischen Gefangenen über Hundsfeld und Bonnland in Gemünden ein.

Hier wurde nach den Aufzeichnungen eines preußischen Kriegsberichterstatters eine zweistündige Rast gemacht, ,die Tornister geöffnet, sämtliche Patronen herausgenommen und die Feldkessel abgeschnallt‘.

Gepäck auf den Kähnen verstaut

Danach wurde das ganze Gepäck auf bereitliegende Kähne beladen und unter Bewachung auf dem Main nach Lohr befördert. Der Kriegsberichterstatter bemerkte dazu: ,Dieser Abendmarsch im herrlichen Mainthale, nachdem in Gemünden der Division eine reichliche Ration des dort so beliebten und ausgezeichneten Gemündener Felsenbiers (Alte Brauerei) ausgetheilt war, gab der Division ihren ganzen vortrefflichen Humor wieder.‘

Das Ergebnis des deutsch-deutschen Krieges nach dem Friedensschluss am 22. August 1866 ist bekannt: Bayern muss 30 Millionen Gulden süddeutscher Währung (circa 180 Millionen Euro) Kriegsentschädigung an Preußen bezahlen. Darüber hinaus muss Bayern das Bezirksamt Gersfeld und das Landgerichtsgebiet Orb (ohne Aura) an Preußen (Hessen) abtreten. Das solchermaßen verkleinerte Bezirksamt Gemünden wird aufgelöst und dem Bezirksamt Lohr zugeschlagen.

Das letzte Sitzungsprotokoll des Stadtmagistratsrates Gemünden im Krieg wurde unter der Leitung des Bürgermeisters Hoefling am 30. Juni 1866 gefertigt. Die nächste Sitzung des Rates fand danach erst wieder am 22. Oktober 1866 statt.

Im Stadtarchiv sind zahlreiche Unterlagen wie Rechnungen, Schriftverkehr und andere Aufzeichnungen vorhanden. Diese belegen, dass während des Bruderkrieges der Kommandierende General der Main-Armee, von Falkenstein, mit Gefolge vom 12. bis zum 15. Juli 1866 im Huttenschloss und in den Nebengebäuden sein Quartier aufgeschlagen hatte. Dann rückten noch der Chef des Generalstabes, zwei Majore, zwei Hauptleute, zwei Corpsschreiber und 14 Soldaten ein.

Dinner für die Generäle

Nach den Aufzeichnungen im Archiv wurde für den General ein Dinner bestellt, für die Offiziere und Soldaten gab es ein Abendessen. Insgesamt wurden 18 Gulden in Rechnung gestellt. Aber nicht nur die preußischen Truppen nahmen das Huttenschloss unter Beschlag, auch die königlich-bayerischen Truppen ließen sich im Juni und Juli 1866 dort verköstigen. Dies geht aus einem Schreiben vom 26. September 1866 hervor, das der königliche Rentbeamte Voigt (Finanzbeamter) der Stadt Gemünden in Rechnung stellte.

Interessant ist auch ein aus Wernfeld vorhandener Beleg über 42 Flaschen Wein, die 21 Offizieren und Beamten aus dem Feldlazarett des Generals von Manteuffel zugutekamen. Darüber hinaus sind im Stadtarchiv zahlreiche Belege und Rechnungen vorhanden wie zum Beispiel: Transporte mit Proviant nach Lohr, Rechnung des Schmiedmeisters Michael Wirsing, eine Lieferung von Heiner Nätschert (Hafer und Heu für die Pferde), Gasthofbesitzer Adam Flurschütz (Unterbringung von Pferden in drei Stallungen für zwei Monate), Michael Eberlein (unter anderem 1596 Pfund Salz), Bürgermeister Adelmann (Lieferung von 5000 Zigarren für die preußischen Soldaten) sowie Entschädigungsansprüche von Bürgern.

So dürfte das Gemündener Huttenschloss zu der Zeit ausgesehen haben, als General von Falckenstein mit seinem Tross dort logierte. Es handelt sich um eine der ältesten Fotografien des Huttenschlosses.
| So dürfte das Gemündener Huttenschloss zu der Zeit ausgesehen haben, als General von Falckenstein mit seinem Tross dort logierte. Es handelt sich um eine der ältesten Fotografien des Huttenschlosses.
Eine „Liquidation“ (Rechnung) von Heinrich Brönner an den Stadt-Magistrat über eine Proviant-Fuhre.
| Eine „Liquidation“ (Rechnung) von Heinrich Brönner an den Stadt-Magistrat über eine Proviant-Fuhre.
 
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  • Der deutsche Bruderkrieg war die erste dt. Teilung, der Dt. Bund wurde zerschlagen, der Gedankevon 1848 an eine erste demokratisch-deutsche Republik endgültig durch den preußischen Expansionsdrang verloren - mit den fatalen Folgen im 20. Jahrhundert. Leidiglich der Dt. Zollbund bestand bis 1919 in den Grenzen des Dt. Bundes fort. Letztlich war der preußische Militarismus, aus dem auch der Nationalismus entstand, schlecht für dieses Deutschland. Nach 1945 entstand eine neue Werteordnung, die es integriert in einer EU zu schützen gilt. Nie wieder Krieg unter den europäischen Nationen!
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