Vor allem seine Vergangenheit war es, die einen 41-Jährigen jetzt vor Gericht wieder eingeholt hat. Zwei Mal war er bereits wegen des Besitzes und Anbaus von Betäubungsmitteln zu Bewährungsstrafen verurteilt worden. Nur weil er anerkannter Cannabispatient ist, einen entsprechenden Ausweis und auch Rezepte besitzt, blieb ihm jetzt beim dritten Mal eine Gefängnisstrafe erspart.
"Weil er Geld sparen wollte" und weil "die Krankenkasse zeitweise die Kostenübernahme verweigert hat", so der Verteidiger des Mannes, hatte dieser im April 2020 Cannabis nicht in der Apotheke gekauft, sondern im Internet über eine Adresse in den Niederlanden bestellt. Dass das keine so gute Idee war, zeigte sich wenige Tage später, als das Päckchen mit 97,3 Gramm Marihuana beim Hauptzollamt in Aachen kontrolliert und beschlagnahmt wurde.
Cannabis wird zum Teil von der Krankenkasse übernommen
Ein schwerer Unfall im Jahr 2017 hat den gelernten Zerspanungsmechaniker zum Schmerzpatienten werden lassen. Verschiedene Schmerzmittel, die die Ärzte bei ihm ausprobiert haben, zeigten nicht die gewünschte Wirkung. Erst die Gabe von Cannabis brachte den erhofften Erfolg, schilderte der Angeklagte dem Schöffengericht unter Vorsitz von Strafrichter Dr. Sven Krischker. Daneben versuchten die Therapeuten, durch eine Physiotherapiemaßnahme die Schmerzen in der geschädigten Schulter erträglich zu gestalten. In den warmen und trockenen Monaten des Jahres funktioniert das ganz gut, so der Angeklagte. Während der übrigen Zeit ist er aber auf Cannabis angewiesen, das momentan auch wieder zum Teil von der Kasse übernommen wird.
Etwa 20 bis 30 Gramm beträgt die monatliche Dosis. Bezahlen muss er in der Apotheke dafür rund 20 Euro pro Gramm, bekommt im Gegenzug aber auch "gute Ware". Für das in den Niederlanden gekaufte Paket mit rund 97 Gramm hatte der Mann aus dem Raum Marktheidenfeld etwa 750 bis 800 Euro bezahlt. Finanziell, erklärte er dem Gericht, komme er wegen hoher Schulden aus einem Immobiliengeschäft nur durch die finanzielle Unterstützung der Eltern über die Runden.
Keine Beweise für Handeln mit Betäubungsmittel
Wegen seiner beiden Vorverurteilungen wegen des Besitzes und Anbaus von Marihuana haben Würzburger Kriminalbeamte zunächst an einen größeren Fisch geglaubt. Wie ein 43-jähriger Beamter berichtete, war zunächst geplant, die richterliche Durchsuchungsanordnung mit Zugang zur Wohnung gewaltsam vorzunehmen. Schließlich entschlossen sich die Beamten aber, doch wie üblich an der Haustür zu klingeln. Bei der Durchsuchung habe sich der Beschuldigte kooperativ gezeigt. Beweise zum vermuteten Handel mit Betäubungsmitteln (BTM) habe man keine gefunden.
Vor dem Hintergrund dieser Information zog die Staatsanwältin die Anklage zum Verdacht des Handelns mit BTM zurück. Wegen der einschlägigen Vorstrafen beantragte sie dennoch eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten. Der Verteidiger wies darauf hin, dass die beschlagnahmten Drogen noch nicht in den Händen seines Mandanten und beim Hauptzollamt in Aachen auch räumlich weit weg waren. Darum bestand für ihn höchstens der Vorwurf des "versuchten Erwerbs" von Betäubungsmittel. Dafür hielt er eine Geldstrafe von 4500 Euro (90 Tagessätzen) für ausreichend.
Das Schöffengericht blieb beim Urteil jedoch in der Nähe des Antrags der Staatsanwältin und hielt sich an die derzeit gültige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, räumte jedoch die Tat als "minderschweren Fall" ein. Ein Jahr und sechs Monate, für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt und eine Geldauflage von 3600 Euro zugunsten der Lohrer Tafel, lautete das noch nicht rechtskräftige Urteil.