Verärgerung, Irritation, Unverständnis – die Reaktionen auf einen von den Freien Wählern in Urspringen am Wochenende verteilten Flyer zur Kommunalwahl sind ganz unterschiedlich. "Genau diese Stimmung wollten wir vermeiden", sagt Roman Eyrich, der Vorsitzende der "Urspringer Einheitsliste" und macht aus seiner Verärgerung keinen Hehl: Der Wille von annähernd einhundert Personen, die in der VG für die neue Liste unterschrieben hätten, und der Grundgedanke einer Einheitsliste seien dadurch "mit Füßen getreten worden". Der zweite Vorsitzende und FW-Gemeinderat Werner Kunkel, der für den Flyer verantwortlich zeichnet, kann dagegen die Aufregung über "eine Wählerinformation" nicht verstehen.
24 Kandidatinnen und Kandidaten sind auf der erstmals aufgestellten Einheitsliste vertreten – nach vorher vereinbartem Proporz konnten CSU und Bürgerblock zwölf, die Freien Wähler zehn und die Alternative für Urspringen (AfU) zwei Personen benennen. Vereinbart war nach Eyrichs Worten auch, auf Wahlkampf zu verzichten und die Parteipolitik aus der Gemeinde herauszuhalten. Das habe auch Kunkel unterschrieben. Auf die Liste konnte jeder Interessierte, auch ohne Parteibuch.
Ist das Wahlkampf? Es gibt unterschiedliche Auffassungen
Von dem nun verteilten Flyer, auf dem die zehn FW-Bewerber mit Porträt und gegenüber den anderen mit deutlich fetter Schrift hervorgehoben sind, seien alle anderen "vor den Kopf gestoßen", so Roman Eyrich. Elmar Ehehalt wertet das Vorgehen gar als "Wortbruch", weil man sich explizit auf den Verzicht von Wahlkampf verständigt hatte. Der mit den Vorwürfen konfrontierte Werner Kunkel schüttelt da den Kopf. Kunkel: "Das ist eine reine Information für die Wähler und kein Wahlkampf."
Zwei Begründungen hat Kunkel für den Flyer: Zum einen habe die Wahlveranstaltung der Freien Wähler wegen des Sturms Sabine in Urspringen kaum Resonanz gefunden, zum anderen habe "bei politisch Interessierten ein Informationsdefizit bestanden, wer für die Freien Wähler antritt". Dass der FW-Flyer einige Tage vor dem gemeinsamen Flyer der Einheitsliste – für den er ebenfalls den Auftrag hatte und der am Mittwoch verteilt wurde – in den Briefkästen landete, sei den unterschiedlichen Druckereien geschuldet gewesen. "Die eine war schneller, ein Flyer war früher da."
Kunkel räumt Fehler bei Gestaltung ein
Kunkel räumt allerdings einige Fehler ein: So habe er auf dem Flyer die Dienstsiegel von Gemeinde Urspringen und Landkreis Main-Spessart abgedruckt und auch keinen presserechtlich Verantwortlichen benannt. Den auf der Rückseite größer beworbenen Kreistagskandidaten Wolfgang Väth habe er zuvor gefragt, den Landratskandidaten Christoph Vogel allerdings nicht. Dieser ist von der Anfrage der Redaktion auch überrascht: "Ich kenne diesen Flyer nicht und er war auch nicht mit mir abgestimmt."
Enttäuscht zeigt sich Urspringens Bürgermeister Volker Hemrich. In den vergangenen sechs Jahren sei Vertrauen geschaffen worden. "Wir haben die Einheitsliste auch vorangetrieben, um das derzeit gute Verhältnis im Gremium auf eine Schiene zu bringen." Nun zuckt er die Schultern: "Aufgrund dieser Wahlwerbung ist es für mich fraglich, wie hier die vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit möglich sein soll."
FW blieben außerordentlicher Sitzung fern
Roman Eyrich hatte für Montagabend kurzfristig zu einer außerordentlichen Sitzung der Liste eingeladen, um die Sache zu besprechen. Von den auf dem Flyer abgebildeten Freien Wählern sei jedoch niemand gekommen und habe auch niemand Stellung bezogen. Werner Kunkel habe wegen Terminschwierigkeiten eine Teilnahme abgesagt. Kunkel: "Für mich bestand keine Chance, das zeitlich zu stemmen, denn ich hatte bereits einen geschäftlichen Termin." Weshalb von den anderen niemand gekommen sei, wisse er nicht. Es habe hier keine Absprache gegeben.
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Allerdings habe er für Mittwochabend einen Alternativtermin angeboten, darauf aber nichts mehr gehört. Kunkel: "Ich kann die ganze Aufregung nicht verstehen. Für mich war klar, dass die beiden Flyer gleichzeitig kommen sollten." Es sei aber kein zeitlicher Ablauf verabredet gewesen, wie etwas verteilt werde. Die Entscheidung für einen eigenen Flyer habe der FW-Ortsvorstand gemeinsam getroffen, die Gestaltung habe er selbst zu verantworten. "Aus meiner Sicht ist die Reaktion überzogen", meint Kunkel. Gerade sein Verzicht auf eine Bürgermeisterkandidatur mache aus seiner Sicht deutlich, dass ihm nicht an einem Gegeneinander liege.
Die Entscheidung für eine Einheitsliste sei "von der Bevölkerung mit Wohlwollen aufgenommen worden", erinnert Eyrich. Nach dem FW-Flyer hätten sich etliche Bürger irritiert gezeigt und gefragt, ob es nun doch keine Einheitsliste gebe. Doch die Kandidaten und Kandidatinnen stünden weiter dazu, betont er. Es sei allen ein Anliegen, "alte Gräben zuzuschütten". Deshalb würden die anderen Gruppierungen auch auf eigene Flyer verzichten und sich an die Vereinbarung halten.