Jemand Fremdes kommt in die eigene Wohnung, wäscht Schränke und Regale aus, sortiert und schafft Ordnung. Küchenschublade und Kleiderschrank für Fremde zu öffnen, ist für manche ein Alptraum. Andere wünschen sich einen professionellen Aufräumservice. Den bieten Lisa Sumereder und Kristin Roßmann aus Marktheidenfeld seit Jahresanfang – ihres Wissens nach als Erste im Landkreis Main-Spessart.
Die Idee, bei anderen gegen Bezahlung Ordnung zu schaffen, kam Lisa Sumereder (34 Jahre) im Sommer vergangenes Jahres. Die gelernte Mechatronikerin ist momentan in Elternzeit. Schnell hat sie in ihrer Freundin Kristin Roßmann (33), die in Teilzeit als Krankenschwester tätig ist, eine Mitstreiterin für das Vorhaben gefunden.
Trend "Home Organization" kommt aus den USA
Sumereder erklärt: "Der Trend des 'Home Organizitation' schwappt gerade aus den USA zu uns herüber." Wer sich mit dem Thema beschäftigt, kennt vielleicht Aufräumexpertinnen wie Marie Kondo, die unter anderem bekannt für ihre spezielle Falttechnik von Kleidungsstücken ist.
Die Ordnungsexpertinnen aus Marktheidenfeld meinen, dass die Menschen ihre Zeit zu Hause lieber genießen würden, anstatt zu putzen und aufzuräumen. "Doch sobald man Kinder hat, rückt das Ordnung-Halten stärker in den Fokus", sagt Roßmann. Kinder müssten erst lernen, wie man aufräumt.
Die Mütter sind sich einig: Wenn jeder Gegenstand einen festen Platz hat, wissen alle Haushaltsmitglieder, wohin er gehört, wenn er aufgeräumt ist. "Dann können sogar kleine Kinder helfen", sagt Sumereder, die von ihrer 1,5-jährigen Tochter Unterstützung bekommt. Ein weiterer Tipp der Ordnungscoaches: "Bei uns ist es zu Hause sehr reduziert. Wir haben nur das, was wir tatsächlich auch nutzen."
Die beiden Mütter leben gerne in einem aufgeräumten Zuhause – auch wenn sie zugeben, dass momentan wegen der Arbeit vieles liegen bleibe. "Chaos ist das aber nicht, es ist gut beherrschbar", sagt Roßmann. Dort, wo es unordentlich ist, seien Bewohnerinnen und Bewohner leicht chronisch gestresst und fühlen sich unwohl. Ihrer Kundschaft wollen sie helfen, das zu beseitigen.
Mehr Fachwissen durch Zertifizierungskurs zum Ordnungscoach
Eine anerkannte Ausbildung zum Ordnungscoach gibt es nicht. Wenn es klappt, wollen beide in diesem Jahr einen Zertifizierungskurs bei der "Akademie der Ordnung" in der Nähe von Berlin machen. Dort stehen Grundsätze der Ordnungsarbeit ebenso auf dem Stundenplan wie das Arbeiten mit Kundinnen und Kunden, Organisationstechniken und Unternehmensführung.
Fast ein halbes Jahr lang haben Sumereder und Roßmann an ihrem Geschäftskonzept getüftelt, das Unternehmen angemeldet, eine Internetseite erstellen lassen. "Andere nehmen sich gute Vorsätze zum Jahreswechsel vor, ich habe mich riesig auf unseren Unternehmensstart gefreut", sagt Roßmann. Bevor es im Januar offiziell losging, haben die beiden bei einer Freundin zur Probe aufgeräumt. Dann fand der erste richtige Kundentermin statt.
Die beiden berichten: Schon vor mehreren Jahren sei die Kundin mit ihrer Familie in ihre Wohnung eingezogen, aber mit der Organisation in der Küche unzufrieden. Im Erstgespräch mit den Ordnungscoaches zeigte sich: Die Küche war unpraktisch eingerichtet, die Arbeitsfläche mit Geräten vollgestellt und die Schränke vollgestopft mit Lebensmitteln.
"Für manche Kunden ist es befremdlich, wenn wir jede Schublade öffnen", sagt Sumereder, "eine Krims-Krams-Schublade verrät viel über das Leben in einer Familie". Auch für sie sei es anfangs komisch gewesen, aber man gewöhne sich daran, ergänzt Roßmann: "Es ist wichtig, dass wir ein Gefühl für die Räume und die Menschen, die dort wohnen, bekommen". Sie machen Fotos, messen aus und erstellen ein individuelles Angebot. Haben sie den Auftrag, räumen sie zuerst alle Schränke leer, putzen und sortieren aus.
Wo Unordnung herrscht, sind zu viele Dinge
"Das Hauptproblem bei Unordnung ist es meistens, dass man zu viele Dinge besitzt", erklärt Kristin Roßmann. Die meisten Menschen würden denken, dass man die Sachen irgendwann mal noch gebrauchen könne. Aber diesen Zeitpunkt gebe es so gut wie nie. Manche aussortierten Gegenstände verkaufen sie für ihre Kundinnen und Kunden auf Online-Plattformen weiter oder schenken sie einem Sozialkaufhaus.
Die Lebensmittel, die in der Küche der Kundin bleiben durften, sortierten sie. Sie schafften zum Beispiel je eine Kategorie für Nudeln, eine für verschiedene Reissorten und eine für Hülsenfrüchte. Dann füllten die Ordnungscoaches die Lebensmittel in durchsichtige Behälter. So kann man sehen, wie viel und was sich darin verbirgt. Geräte bekamen ihren Platz im Schrank. In Abstimmung mit der Kundin sorgten die beiden für flüssiges Arbeiten: Töpfe und Gewürze in der Nähe des Herdes, Backmaterial neben den Ofen.
Weitere Informationen zu "Frau O räumt auf" gibt es auf der Internetseite https://frau-o.org