Das derzeit beeindruckende Bekenntnis in der Bevölkerung gegen rechtsgerichtete und menschenfeindliche Strömungen setzt sich auch in Karlstadt fort. Anlässlich des Holocaustgedenktags 2024 trafen sich am Freitag am Mahnmal in der Jahnanlage rund 250 Menschen zu einer Kundgebung als Mahnung und als Protest gegen die aktuellen Entwicklungen. Dazu aufgerufen hatte ein Bündnis aus politischen Parteien, der Karlstadter Kirchen, Vereinen und anderen Organisationen. Schade allerdings, dass das Durchschnittsalter zwischen 50 und 60 Jahren lag. Jugendliche fehlten fast vollständig.
Am Samstag waren es 79 Jahre, dass das von den Nationalsozialisten betriebene Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau durch die Rote Armee befreit wurde. Damit war eines der größten Vernichtungslager der Nationalsozialisten aufgelöst. Nur 7000 Überlebende konnten registriert werden. Dieser Tag erinnere an die Schrecken der Vergangenheit und mahne uns, wachsam zu bleiben gegenüber Diskriminierung, Hass und Intoleranz, sagte Karlstadts Bürgermeister Michael Hombach. Er wies auf die Entwicklungen am rechten politischen Rand hin, die uns alarmieren sollten. Dies fordere von uns allen ein kritische Bewusstsein und eine klare Haltung, "damit sich das dunkle Kapitel des Holocaust nie mehr wiederholt."
Pfarrer Mayer wehrt sich gegen rechtsextreme Vereinnahmung von "christliches Abendland"
Dekan Simon Mayer bezeichnete die Verwendung des Begriffes "christliches Abendland" durch Vertreter der rechten Szene als Perversion, als dämonische, boshafte Fratze. Schließlich ruhten christliche und jüdische Kultur auf gemeinsamen Wurzeln. Wer das infrage stelle, verachte die Würde und die von Gott geschenkte Gleichheit aller Menschen.
Verena Frey stellte den Bezug der Judenverfolgung zu Karlstadt her. Die Verbrechen der Nazizeit hätten sich nicht irgendwo abgespielt, sondern auch bei uns vor der Haustüre. Besonders aus Laudenbach und Wiesenfeld wurden viele Menschen deportiert und in den Vernichtungslagern ermordet. Stellvertretend für 50 der Verschleppten, deren Namen mittlerweile auf ebenso vielen Stolpersteinen wieder sichtbar gemacht wurden, nannte Frey ein Dutzend Menschen namentlich. Weiterhin verlas sie das Gedicht "Sch'ma - höret" des italienischen Juden Primo Levi vor. Zuletzt las sie einen Brief des Tennisclubs Karlstadt an seine Mitglieder vor. "Gebt rassistischen Äußerungen und rechtsextremem Gedankengut keine Chance, weder auf dem Tennisplatz, noch im privaten Umfeld oder auf der Arbeit!", heißt es darin.
Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestags war ebenfalls anwesend
Georg Schirmer vom Förderverein Ehemalige Synagoge und Wolfgang Tröster mahnten, es dürfe nicht beim Gedenken und Erinnern bleiben, sondern wir alle müssten bereit sein Verantwortung für die Zukunft zu übernehmen. Wir müssten einstehen für Demokratie, Freiheit und vor allem Menschlichkeit, und daraus folgt: Sich mit den Problemen unserer Gesellschaft , sei es Migration, sei es soziale Ungleichheit, seien es durchaus auch berechtigte Zukunftsängste zu beschäftigen und sie ernst zu nehmen, sie auch zu analysieren und damit zu sachlicher Diskussion zu gelangen. "Wir sehen ein Spiegelbild der Demokraten und das ist genau das richtige Zeichen, das in der augenblicklichen nicht einfachen Situation gesetzt werden muss", so Tröster zu der Veranstaltung in der Jahnanlage.
Prominenten Besuch hatte die Veranstaltung von der Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages Eva Högl, die zuvor auf einem Gedenktag beim Soldatenfriedhof in Gemünden war und anschließend beim Neujahrsempfang des Kreisverbandes der SPD als Hauptrednerin auftrat.
Breites Bündnis stand hinter der Veranstaltung
Veranstaltet wurde die Gedenkstunde von einem Bündnis, aus der GEW Main-Spessart, Bündnis 90/Die Grünen, dem Förderkreis Ehemalige Synagoge Laudenbauch, unterstützt durch weitere Organisationen. Mitverantwortlich waren auch die Karlstadter Ortsverbände der SPD, der CSU und der Freien Wählergemeinschaft. Die katholische Kirche vertrag Dekan Simon Mayer und auch die evangelische Kirchengemeinde St. Johannis Karlstadt war mit vertreten. Am 17. Februar soll auf dem Marktplatz eine "Demonstration gegen rechts" stattfinden.