
Regierungsrat Dittchen läuft die Bühne der Scherenburg-Festspiele in Gemünden auf und ab und ist restlos frustriert: Trotz seines großen Fleißes ist er nicht befördert worden – und das seit zwölf Jahren. Im Gegensatz zu seinem Erzfeind Giersdorf, der eben die richtigen "Connections" hat. Wie soll er das seiner ambitionierten Ehefrau klarmachen? So ertränkt er seinen Kummer in Unmengen von Alkohol und wacht am nächsten Tag mit einem Mordskater auf, nachdem ihn die Zufallsbekanntschaft Tutti im Vollrausch nach Hause gebracht hat.
Ein verärgerter Nachbar des Hotels "Zum Paradies" am Schnakensee beklagt sich über die dortige Sittenlosigkeit, wo sich Pärchen zu frivolem Treiben einquartieren. Für den bislang unauffälligen Beamten ist das eine Chance, Initiative und Zähne zu zeigen. "Mit feurigem Schwert – wie der Erzengel Gabriel – werde ich die Sünder austreiben aus dem Paradies", schwört er und sucht das Etablissement mitsamt dem Polizisten Seidel. Und damit beginnt die Wende im Stück und im Leben Dittchens.

Vorurteile gegenüber des Beamtentums überspitzt
Er ahnt zunächst nicht, dass sich am Schnakensee die gesamte Führung des Ministeriums unter falschem Namen und mit falschen Gattinnen eingenistet hat. Wer mit wem – und warum – und warum nicht? Sogar Dittchens Gattin ist scheinbar mit dabei. Schließlich gilt: "Auch die anständigste Frau hopst mal daneben." So beginnt das Chaos mit den Verlegenheiten und irrwitzigen Verwechslungen. Am Ende ist irgendwie doch wieder alles beim Alten, auch wenn sich die Machtverhältnisse verschoben haben und der Held einen kometenhaften Aufstieg erlebt.
Die Komödie "Weekend im Paradies" von Franz Arnold und Ernst Bach verfolgt ganz bewusst das Spiel mit der pointierten Komik des Schwanks und versteckter oder auch offensichtlicher Gesellschaftskritik. Obwohl die Handlung eigentlich in den 1930er-Jahren angesiedelt ist, hat sie in Bezug auf Verlogenheit, Scheinheiligkeit und Vetternwirtschaft bis heute nichts an Aktualität verloren. Natürlich werden auch gnadenlos alle Vorurteile gegenüber des Beamtentums aufs Korn genommen.

Wenn die Kunst der Komödie darin besteht, heitere Unterhaltung und überzogene Spitzen auf menschliches Fehlverhalten zu vereinbaren, ist das dem Regisseur Dirk Waanders auf der Scherenburg auf hohem Niveau gelungen. Souverän in Szene gesetzt und mit großer Leidenschaft in allen Rollen gespielt, erlebt das Publikum pures Vergnügen am dem absurden Treiben auf der Bühne. Prickelnd, frech und frivol, aber niemals unter der Gürtellinie, sondern charmant und ästhetisch sind die Einblicke in die Tiefen der menschlichen Seele.
Überzeugendes Ensemble

Das Ensemble ist neben der perfekten Regie das Glanzlicht der Aufführung. Da bringt Gerhard Kolbert das Publikum zum Jubeln, wenn er als ewig müder Kriminalpolizist regelmäßig mit dem Kopf an der Wand einschläft. Sven Nickel und Burkhard Ehehalt geben köstlich die schmierigen Hotelbesitzer und das besonders Impulsive des Wolfgang Schulz zeigt einen überzeugend genervten Nachbarn.
Mit einer schönen Mischung aus frechem, vorlauten und doch auch unsicheren Spiel zeigen Lisa Rubenbauer und Luisa Weber ihre "männermordenden" Gesichter und dann doch wieder das Herz am rechten Fleck. Ein Highlight ist Melanie Schelbert als die resolute, unbeugsame, bigotte Abgeordnete Adele Haubenschild, die überall moralische Katastrophen vermutet. Ambivalent zeigt sich Julia Rüfer als treue Ehefrau, die auch gern mal flirtet.

Die drei Herren aus dem Ministerium stehen natürlich im Zentrum der Scheinheiligkeit: Der Ministerialrat (brillant verlogen Mathias Weis), der Möchtegern-Lebemann Giersdorf (Carsten Ceming) und zum Schluss der Ministerialdirektor Lehmann (Till Brinkmann) sind einfach Klasse. Dabei ist letzterer als Bühnenprofi mit exzellenter Mimik und Gestik wirklich einsame Spitze. Steffen Westenmeier, die eigentliche Hauptfigur ist ein wunderbarer, durchschnittlicher "Nowhere Man".
Am Schluss gab es nicht enden wollenden Jubel und stehenden Beifall.
