
Anrufe, bei denen sich das Gegenüber am Telefon als Enkel, Polizist, Mitarbeiter eines Versorgungsunternehmens oder Bankmitarbeiter ausgibt, sind die im Moment wohl bekannteste Masche von Trickbetrügern. Vor zwei Wochen erst konnte eine Würzburger Bank gerade noch verhindern, dass ein Rentner aus Gemünden einen fünfstelligen Betrag abhebt und einem Betrüger übergibt – sein Sohn, so die Mär am Telefon, benötige aufgrund eines schweren Unfalls sehr viel Geld. Die Redaktion hat mit der Sparkasse Mainfranken und der Raiffeisenbank Main-Spessart über diese und weitere aktuelle Betrugsmaschen gesprochen.
Michael Gehrsitz aus Karlstadt, Compliance-Beauftragter bei der Sparkasse Mainfranken Würzburg, erzählt von der neuen Enkeltrick-Variante, die er "Enkeltrick plus" nennt. Wenn das Opfer den versuchten Enkeltrickbetrug durchschaut, rufe hinterher ein falscher Polizist an und sage: "Wir brauchen Ihre Mithilfe. Tun Sie, was der Anrufer gesagt hat." Aber natürlich ist auch der zweite Anrufer ein Betrüger. Einer angezeigten Telefonnummer, auch wenn sie noch so sehr nach Polizei ausschaut, könne man da leider nicht trauen.
Ein Kunde glaubte trotz Hinweis nicht an einen Enkeltrick – Geld weg
Tragisch: Bei einem Kunden, der auf einen falschen Polizisten hereinfiel, habe ein Bankmitarbeiter noch darauf hingewiesen, dass die Auszahlung auffällig ist, aber der Kunde habe gesagt, er wisse, was er tue. Gehrsitz: "Da hilft die beste Aufklärung und Beratung nichts, wenn der Kunde glaubt, es ist kein Enkeltrick." Pressesprecher Stefan Hebig ergänzt: "Wir können Auszahlungen auch nicht verweigern." An die Polizei melden könne die Bank einen Vorfall nur, wenn der Kunde einverstanden ist.
Ein anderer Fall sind Betrüger, die ihrem Opfer Liebe vorgaukeln und irgendwann Geld für irgendetwas wollen. Da ist es laut Gehrsitz "sehr, sehr schwierig, die Opfer zu überzeugen, dass sie betrogen werden". Die Betrüger versuchten, alle Zweifel auszuräumen. Das gehe bis zur Kreditaufnahme. Die Sparkasse habe aber teilweise schon Überweisungen stoppen können.
Zwei Raiffeisen-Kunden haben in den vergangenen Wochen TANs rausgegeben
Hellhörig sollten Kunden werden, wenn ein vermeintlicher Bankmitarbeiter anruft und eine TAN will, etwa für eine "Testüberweisung" oder um eine vermeintliche Abbuchung durch Betrüger zu verhindern. Ein Bankmitarbeiter würde nie nach einer TAN fragen. Vermutlich ist dann der Onlinebankzugang schon gehackt, etwa weil Nutzer auf gefälschte Mails oder Internetseiten hereingefallen sind. Der Anrufer braucht dann nur noch eine TAN, um an Geld zu kommen. Christoph Englert, bei der Raiffeisenbank Main-Spessart zuständig für Betrugs- und Verdachtsfälle, berichtet von zwei solchen erfolgreichen Betrugsfällen in den vergangenen acht Wochen. Die Opfer hätten über die App oder den TAN-Leser TANs generiert und dort sogar gesehen, wohin Geld fließen soll – aber eben nicht beachtet.
Die Chance, das Geld wiederzubekommen, sei gering: "Die Kunden haben grob fahrlässig gehandelt", so Englert. Einen Überweisungsrückruf gebe es offiziell nicht mehr. Es komme darauf an, wie schnell sich der Kunde meldet. Sei das Geld dem anderen schon gutgeschrieben oder gar schon abgehoben oder weiterüberwiesen, sei es zu spät. Das Perfide: Betrüger rufen laut Englert oftmals am Abend oder am Wochenende an. Ein Fall geschah sogar an den Weihnachtsfeiertagen.
"Die Systeme selber sind sicherer geworden", sagt Sparkassen-Pressesprecher Hebig, deswegen suchen Betrüger den direkten Kontakt, weil nur Bankkunden TANs haben. Auch persönliche Daten wie Kontonummer und Geburtsdatum sollten nicht leichtfertig herausgegeben werden, da sie für einen Identitätsklau gebraucht werden können.
Vorsicht bei Schecks ausländischer Banken
Ein Betrugsversuch ganz anderer Art basiert vor allem auf Schecks und funktioniert laut Sparkasse folgendermaßen: Das Opfer verkauft etwas und bekommt dafür einen Scheck, in der Regel einer ausländischen Bank. Der ist aber "versehentlich" statt auf beispielsweise 600 auf 6000 Euro ausgestellt. Ein paar Tage später, wenn das Geld schon auf dem Konto gutgeschrieben ist, melden sich die Betrüger und bitten um Überweisung der Differenz. Was die Opfer oft nicht ahnen: Das Geld auf dem Konto ist dort nur unter Vorbehalt, der Scheck ist aber gar nicht gedeckt und platzt – aber erst nach einigen Tagen. Zeit genug für die Betrüger. Da im Geschäftsbereich Schecks üblicher sind, treffe es meist Geschäftsleute.
Christoph Englert von der Raiffeisenbank kennt noch eine Variante dieses Scheckbetrugs. Dabei bezahle der Gast einer Ferienwohnung, eines Hotels oder einer Gaststätte eine Reservierung per Scheck, nur um ein paar Tage später zu stornieren. Das Geld möge doch bitte zurücküberwiesen werden. Englert: "In anderen Ländern kann ein Scheck noch nach Monaten platzen." Besser sei es, einen Scheck statt unter Einzahlungsvorbehalt inkasso einzureichen, dann gehe das Geld erst auf dem Konto ein, wenn der Scheck gedeckt ist – allerdings muss der Scheckempfänger die Inkassogebühren zahlen.
Woran man ausländische IBANs erkennt
Während Warenbetrugsfälle, bei denen Waren im Internet bezahlt, aber nicht geliefert wurden, bei der Raiffeisenbank alltäglich sind, sei der Anlagebetrug zwar selten, aber hier gehe es um große Beträge. Meist beginne es mit einer Werbeeinblendung oder einer Mail zu vermeintlich hohen Renditen für Geldanlagen. Ein Opfer habe im Dezember zweimal 10 000 Euro an Betrüger überwiesen. Das Geld müsse oft an eine Privatperson und/oder ins Ausland überwiesen werden – beides sollte stutzig machen. Ausländische IBANs erkenne man an einer anderen Länderkennung am Anfang, statt "DE" etwa "ES" für Spanien oder "TR" für Türkei.
Eine ganz raffinierte Methode haben Betrüger rund um Neueintragungen im Handelsregister für sich entdeckt, erzählt Englert. Wenn sie eine neu eingetragene Firma sehen, schicken sie schnell, noch bevor die offizielle Rechnung kommt, eine kaum vom Original zu unterscheidende falsche Rechnung für die Eintragung. Auch hier habe der Empfänger oft eine ausländische IBAN.
Sowohl die Sparkasse Mainfranken als auch die Raiffeisenbank Main-Spessart bieten auf ihren Internetseiten aktuelle Sicherheitshinweise und Warnungen mit Beispielen für Phishing-Mails, Banking-Trojaner oder betrügerische Anrufe.