
Eine Abkühlung tut gut an heißen Tagen. Doch viele mögen es nicht, wenn nach dem Sprung ins kalte Wasser Badehose, Bikini oder Badeanzug nass am Körper schlabbern. Sie wollen den Alltag und alle Hüllen fallen lassen und sich frei fühlen. Manche mögen dies anstößig finden, in unserer Region sieht man es gelassen. Tendenzen, dass das Nacktbaden zu- oder abnehme, sind nicht bekannt.
In Main-Spessart gab es laut Markus Rill vom Landratsamt in den vergangenen zwei Jahren keine Beschwerden oder Ordnungswidrigkeitsverfahren im Zusammenhang mit Nacktbaden. Strafanzeigen, etwa wegen "Erregung öffentlichen Ärgernisses", würden laut Oberstaatsanwalt Tobias Kostuch von der Würzburger Staatsanwaltschaft ins Leere gehen, erst recht dann, wenn das Nacktbaden an Ort und Stelle geduldet sei. Kein Wunder, denn in Deutschland ist es nicht zwingend vorgeschrieben, in der Öffentlichkeit bekleidet zu sein. Anders gesagt: Sofern niemand wirklich belästigt wird, ist öffentliches Nacktsein erlaubt.
Nacktsein in Deutschland ohne Belästigung nicht strafbar
Der Karlstädter Verwaltung sind im Stadtgebiet keine Orte bekannt, an denen Nacktbaden praktiziert wird, teilte der zuständige Fachbereichsleiter Uli Heck unserer Redaktion auf Anfrage mit.
Am Klostersee bei Trennfeld in der Gemeinde Triefenstein ist Nacktbaden hingegen üblich. Bürgermeisterin Kerstin Deckenbrock erklärte gegenüber der Redaktion, wie das Nacktbaden am See abläuft: "Am See gibt es einen ausgewiesenen Badebereich. Die FKK-Suchenden weichen von diesem Bereich auf die andere Uferseite aus. Somit müssen wir es für den Badebereich auch nicht explizit verbieten, da sich die Gäste selbst voneinander separieren und es bisher keine Beschwerden gab." An warmen Sommertagen sitzen und liegen etwa zwei Dutzend nackte Naturgenießer verschiedenen Alters und Geschlechts am Ufer. Offenbar stört sich niemand daran.
Kein Wunder, denn seit Jahrhunderten baden sowohl Landbevölkerung als auch Oberschicht oft nackt an Seen und Flüssen. Für Johann Wolfgang von Goethe zum Beispiel ist belegt, dass er mit dem Weimarer Herzog Karl-August oft nackt baden ging. Erst vor etwa 200 Jahren galt dies als unsittlich.
Doch seit Ende des 19. Jahrhunderts entstand vor allem in Deutschland und Frankreich eine Tradition der Freikörperkultur als Protest gegen bürgerliche Zwänge und gesellschaftliche Entfremdung. Meist ging sie einher mit der Lebensreform-Bewegung unter dem Motto "zurück zur Natur", nannte sich auch "Naturismus" und im Zentrum stand und steht ein freies Körpergefühl und ökologisches Engagement. Ganz abgesehen von gesundheitlichen Aspekten: Wessen Blase, wessen Nieren tut es gut, in nassen und kalten Badeklamotten zu stecken?
Begrenzte FFK-Möglichkeiten in der Region
Im Gegensatz zu früheren Zeiten gingen nun Frauen und Männer auch gemeinsam nackt auf Wiesen und ins Wasser. Erotik, gar Sexualität stand dabei nur selten im Vordergrund, eher das unmittelbare Eins-Werden mit der Natur.
Weitgehend losgelöst von den früheren Idealen des Naturismus machte schon Jugoslawien mit FKK-Sommertourismus an der Adria ein Bombengeschäft und Kroatien führt dies erfolgreich fort. Gerade im Urlaub wollen viele Menschen sich von Alltagszwängen befreien und sich ohne Polyester und Polyamid von Sonne und Wind streicheln lassen.
Doch auch im Winter gibt es Möglichkeiten zum Nacktbaden. Manche Hallenbäder und Thermen reservieren dafür einzelne Tage, in anderen ist FKK immer möglich. Um in diesen Genuss zu kommen, muss man weit fahren, zum Beispiel nach Bad Wildbad im Schwarzwald, Stuttgart oder Wiesbaden. In unserer Region gibt es sommers wie winters kaum Oasen für Adams- und Evaskostüme . Anders ist dies in Ostdeutschland, wo das Nacktbaden schon zu DDR-Zeiten populärer war als im Westen. Aber um bei den jetzigen sommerlichen Temperaturen einfach mal ungehemmt und freizügig die Hüllen fallen zu lassen, muss man sich wohl auch in Franken nicht verstecken.