"Jetzt hätten wir in Rente gehen können und wir tun uns das nochmal an", sagt Alice Diel. Zusammen mit ihrem Mann Richard Diel eröffnete sie vergangene Woche ein Restaurant im Stil einer Heckenwirtschaft in der Hauptstraße 12 in Karlstadt (ehemals "Fame"). In diesen Plan haben die 62-Jährige und der 66-Jährige ihre Ersparnisse gesteckt und gehen somit das volle Risiko ein.
Ihr Mann, Richard Diel, habe schon immer einen Weinkeller machen wollen. "Er will es jetzt noch einmal beweisen", sagt sie. Eigentlich sei der Plan ganz anders gewesen: Die beiden hatten sich eine kleine Wohnung in Adelsberg und für die Wintermonate eine Wohnung auf Teneriffa gekauft. Ein halbes Jahr waren sie dort: "Zum Schluss ist es meinem Mann so langweilig geworden", erzählt Diel.
"Für mich war es schön", sagt sie über die Wochen auf der Insel – doch jetzt steht sie voll hinter dem neuen Projekt. Ohne ihre Unterstützung hätte ihr Mann das auch nicht durchziehen wollen. Von mittags bis spätabends wollen Richard und Alice Diel zukünftig in ihrer neuen Wirtschaft stehen. Statt der Ruhe werden sie also den stressigen Gastro-Alltag zurück in ihr Leben holen. "Das hält fit und jung", sagt die 62-Jährige. Richard Diel sieht die Eröffnung auch als Generationenprojekt: "Wir wollen das unseren Kindern übergeben", sagt er. Der Sohn der beiden helfe bereits im Ausschank mit.
Ausbau mit viel Eigenleistung gestemmt
Gemeinsam führte das Paar bis vor 14 Jahren den Biergarten am Schloss in Laudenbach. Seither waren sie nicht mehr in der Gastronomie tätig, den Betrieb hätten sie damals aber schweren Herzens aufgegeben. Mit den kleinen Kindern sei die Arbeit dort nicht mehr zu stemmen gewesen. Zwischenzeitlich habe Alice Diel in einem Sportgeschäft gearbeitet und ihr Mann war selbstständig im Bereich Innenausbau.
Mit viel Eigenleistung konnten sie so den Keller renovieren, eine ehemalige Shishabar, und als Restaurant ausbauen. "Neulich war ich an einem Punkt, da habe ich gesagt, mir langt das alles", sagt Alice Diel über den Stress der Baustelle. Auf den Gaststättenbetrieb freue sie sich nun aber ohne jeden Zweifel. "Das ist schon wieder vergessen", sagen die beiden und lachen.
Für den Umbau war ein Architekt nötig; der Einbau der Küche und damit verbunden ein Fettabscheider, die Lüftung – alles ganz anders als im Biergarten. Dekoriert ist die Gaststube mit Rebstöcken aus einem Weinberg in Retzstadt. Dafür habe ihr Mann ein Auge, sagt die Wirtin. Sie selbst kümmere sich eher um die Buchführung, er mache das Handwerkliche. Das Tagesgeschäft wollen sie wieder gemeinsam meistern, wie einst im Biergarten.
Der Wirt steht selbst in der Küche
Auch in die Speise- und Getränkekarte steckten sie einiges an Arbeit. Für Wurst und Brot gingen sie auf Probier-Tour durch den Landkreis und wählten alles sorgsam aus. "Ich konnte zum Schluss keine Wurst mehr sehen", sagt Diel. Qualität und heimische Produkte seien ihnen aber wichtig.
Das Schaschlik habe den Gästen im Biergarten besonders geschmeckt, das soll wieder auf der Karte stehen. Ansonsten gibt es hauptsächlich fränkische Gerichte. Richard Diel steht dafür selbst in der Küche.
Natürlich wird es auch eine Auswahl an Weinen geben, wie es für eine Heckenwirtschaft typisch ist. Die Weine stammen von Winzern aus dem Landkreis und aus dem näheren Umkreis. Außerdem werden sie neben dem Wein auch Most und Bier ausschenken.
Eine der größeren Sorgen der Branche ist es derzeit, Arbeitskräfte zu gewinnen. Vor Wochen machten sich die Diels deshalb bereits auf Personalsuche – für das Wochenende und abends hätten sie recht schnell genug Leute zusammen gehabt, aber gerade tagsüber sei es schwieriger gewesen, jemanden zu finden. Teils seien es nun Bekannte und Freunde, die mithelfen.
Ehemalige Gäste warteten schon auf die Eröffnung
Auf ihre ehemaligen Gäste aus Biergarten-Zeiten freue sich Alice Diel am meisten: "Das ist wie eine Familie", sagt sie und erinnert sich an Begegnungen mit Stammgästen nach der Schließung. "Bei manchen weiß ich noch, was sie immer gegessen haben."
Die ehemaligen Gäste, Freunde und Bekannten hätten die Eröffnung beinahe nicht erwarten können: Gutscheine hätten sie schon verkaufen können, selbst eine Weihnachtsfeier hätte sich schon anmelden wollen, berichtet Diel. Dabei hatten sie den Keller im Dezember erst gekauft.
Der Eröffnungstermin verzögerte sich zuletzt auch noch etwas; schließlich eröffneten sie "still und heimlich", um sich zunächst im Team einzuspielen. "Die Tür geht auf und geht gar nicht mehr zu", sagt die Wirtin trotzdem über die ersten Tage und berichtet bereits vom Wiedersehen alter Gesichter in der neuen Wirtschaft.
Grüße, Björn Kohlhepp (Redaktion)