
Wer wissen will, was schwarzer Humor ist, wer den Spagat zwischen Witz und Ernsthaftigkeit liebt, der liegt bei der gegenwärtigen Komödie "Die Niere" im Karlstadter Theater in der Gerbergasse genau richtig. Aber Vorsicht: Manch einem kann das Thema doch arg an die Nieren gehen und das Lachen im Hals stecken bleiben. Letztendlich hintergeht fast jeder seinen Partner und gerade die weibliche Hauptfigur inszeniert ein hinterlistiges Drama.
Das Ehepaar Kathrin und Arnold war bei der jährlichen Vorsorgeuntersuchung und sie offenbart ihrem Gatten, dass sie wegen schwerer Nierenkrankheit dringend ein Spenderorgan braucht. Nachdem Arnold dieselbe Blutgruppe hat, ist er eigentlich der ideale Spender. Doch der fühlt sich von der Situation völlig überfordert: "Ich soll meine Niere bei lebendigem Leib spenden? Mir wird ja schon schlecht nur beim Gedanken an einen Spenderausweis!" Der Ehemann druckst herum, er kann sich auf kein eindeutiges Ja oder Nein festlegen. Im Gegensatz zu seinem Freund Götz, der spontan ohne groß nachzudenken zusagt.
Wozu ist man als Partner bereit?
Damit wäre ja medizinisch alles geklärt, wenn da nicht plötzlich Zweifel gesät würden. Warum tust du das? Was willst du von meiner Frau? Jedes Wort wird auf die Goldwaage gelegt. Außerdem kommen nun auch Affären ans Licht, sowohl Götz' Frau Diana als auch Arnold hatten jeweils einen Seitensprung. Das gegenseitige Misstrauen wächst. Dann kommt ein Anruf vom Arzt - die erste Wendung des Stücks und alles ist jetzt scheinbar anders. Bis dann zum Schlussakkord die nächste Wendung alles auf den Kopf stellt.

Stefan Vögel, der Autor der "Niere" bringt mit seiner Komödie keinen Schenkelklopfer auf die Bühne, sondern ein Thema zwischen schwarzem Humor und Ernsthaftigkeit. Das Stück bringt den Zuschauer zum Nachdenken und bietet Gesprächsstoff. Es geht ja längst nicht mehr um die medizinische Indikation, sondern um die Frage, wozu man als Partner bereit ist: Welche Risiken würdest du für mich auf dich nehmen? Es zeigt sich mehr und mehr, dass nicht das Organ krank ist, sondern die bis dahin scheinbar glückliche Ehe.
Auch wenn sich die Gesprächsthemen immer wieder mit köstlichem Wortwitz um die Niere drehen, blitzt ständig der ernsthafte Hintergrund auf: Wie gehe ich mit Organspende um? Habe ich einen Spenderausweis? Was ist mir mein Partner oder meine Partnerin wert? Nicht umsonst lagen im Eingangsbereich des Theaters ausreichend Informationen und Spenderausweise bereit.
Schauspieler brillieren mit Körpersprache
Mit gerade einmal vier Schauspielern ist Vögels Stück gewissermaßen noch ein Kammerspiel, es gibt kaum Action-Szenen, sondern es steht die Kommunikation in Wort und Körpersprache im Vordergrund. Und das beherrschen die Akteure aufs Beste. Die größte Herausforderung hat Marc Sigmund: Als der Gatte Arnold setzt er das durchaus abgenutzte Klischee vom verzweifelten, von Unsicherheit getriebenen Ehemann mit großer Hingabe perfekt um. Man glaubt ihm jedes Wort und jede Geste.
Wesentlich weniger Emotionen zeigt Jutta Waßmann als die Ehefrau Kathrin. Auch als scheinbar Schwerkranke behält sie vordergründig die Fassung und erst in den letzten fünf Minuten, bei der zweiten Wende, blitzt dann das Perfide in Kathrins Wesen auf. Volker Eckstein hat wohl den angenehmsten Part. Inmitten der Lügen, Halbwahrheiten und gegenseitigen Vorwürfen ist er der einzige Redliche, Authentische, der unbeirrbar zu seinem Wort steht.
Wie man es vom Theater in der Gerbergasse gewohnt ist, spielt das Ensemble mit Hingabe unter der Regie von Werner Hofmann. Selbstverständlich ist auch wieder das Bühnenbild von Peter Gsell ein echter Augenschmaus.
"Die Niere" wird bis Mitte Mai noch 14 Mal aufgeführt. Mehr Infos unter www.theater-gerbergasse.de