Nun hat Karlburg seit 16 Jahren eine großzügige Ortsumgehung. Und dennoch ist das Dorf weiterhin vom Verkehr geplagt. Eine Initiative versucht, Tempo 30 für den gesamten Ort zu erreichen. Diese Geschwindigkeitsbeschränkung gilt bereits in allen Wohnstraßen. Nur in der Karolingerstraße (ehemals Staatsstraße) und im Harrbacher Weg (ehemals Kreisstraße) gibt es einige Abschnitte, in denen 50 gefahren werden darf.
Seit etwa einem Jahr bemühen sich Elisabeth Mahlke-Gruber, Monika Nunn und Renate Kühl darum, hinsichtlich eines durchgängigen Tempolimits etwas zu erreichen. Dies geschah bisher weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Vor wenigen Tagen nun hatten sie Karlburger Stadträte und Einwohner zu einem Gespräch auf der Straße in der Ortsmitte eingeladen.
Wer ins Gewerbegebiet will, ist nicht gleich Anlieger
Von den Stadträten war Edgar Ehrenfels zu dem 14-Uhr-Termin gekommen. Die anderen hatten sich entschuldigt. Ehrenfels sah sich im Handumdrehen mit Appellen konfrontiert, die Fahrzeuge seines Zimmerer-, Dachdecker- und Spenglerbetriebs mögen doch bitte die Umgehungsstraße nutzen und nicht durch den Ort zum Firmengelände im Heßheimer Weg fahren. Er habe schließlich eine Vorbildfunktion, merkte die Karlburgerin Michaela Nowak an.
Ehrenfels sagte, er könne seinen Mitarbeitern nicht verbieten, durchs Dorf zu fahren. Oft werde auch durch den Ort gefahren, weil die Handwerker noch eine Brotzeit holen. Bruno Kübert berichtete von Lastwagen, die offenbar Holz ins Gewerbegebiet liefern und durch den Ort fahren. Ehrenfels gab dessen Kritik recht. Lastwagen über 7,5 Tonnen dürften schließlich nicht durch die Karolingerstraße und den Harrbacher Weg fahren. Sie würden auch dann nicht als Anlieger gelten, wenn sie einen Betrieb in Karlburg beliefern.
Tempolimit könnte Anreiz sein, die Umgehung zu nutzen
Renate Benkert, die in Karlburg an der Karolingerstraße wohnt, brachte es auf den Punkt: "Wenn im Dorf Tempo 30 ist, dann werden mehr außen herum fahren. So aber denken sie, es geht schneller durch den Ort." Und jemand merkte an, dass es immer unattraktiver sei, an der früheren Ortsdurchfahrt zu wohnen. Ehrenfels sagte: "Wegen mir kann gerne Tempo 30 kommen." Als er aufgefordert wurde, das im Stadtrat durchzusetzen, erklärte er, das sei nicht so einfach: "Man kommt schwer gegen Kai-Uwe Brune (vom Ordnungsamt) an. Wir Stadträte sind ja keine Verkehrsrechtler."
Wie die Initiatorinnen berichteten, führe die Stadt drei Argumente gegen eine durchgehende 30-Regelung ins Feld: Eine verdeckte Geschwindigkeitsmessung spreche ebenso gegen deren Notwendigkeit wie die Verkehrsstatistik. Auch genieße der Verkehrsfluss einen hohen Stellenwert.
In der Karolingerstraße gibt es Abschnitte mit Tempo 30, die dann wieder mit Tempo-50-Schildern aufgehoben werden. Die Versammelten sagten, es sei nicht zu verstehen, weshalb. Beispielsweise sei es doch Unfug, die Beschränkung gerade dort wieder aufzuheben, wo sich der Laden, die Bäckerei und das Friseurgeschäft befinden.
Kritische Stellen in der Karolingerstraße
Kritisiert wurde auch, es sei gefährlich, mit einem Kinderwagen den Lämmleinsweg herunter zur Karolingerstraße zu kommen. Ehe die erwachsene Person die Straße einsehen kann, ist der Kinderwagen schon halb auf der Fahrbahn. Auf dieser Route würden auch viele Kinder zur Sporthalle gehen. Die Initiatorinnen haben eine ganze Liste ähnlich gefährlicher Stellen in der Karolingerstraße zusammengestellt, beispielsweise die Schulbushaltestelle am südlichen Ortseingang und den Schülerlotsenübergang, bei dem gleich im Anschluss in einer leichten Kurve Autos parken und die Situation unübersichtlich machen.
Eine Nachfrage beim Landratsamt und der Regierung von Unterfranken ergab, dass in einem ganzen Gebiet nur dann Tempo 30 gelten darf, wenn sich dort keine Vorfahrtsstraße befindet, wenn es keine Straße mit der Funktion als Sammelstraße gibt und wenn dort kein Gewerbegebiet ist. Die Karolingerstraße und der Harrbacher Weg sind jedoch Vorfahrtsstraßen. Es stellt sich die Frage, ob das geändert werden könnte. Bisher, so die Karlburgerinnnen, habe es aus dem Rathaus lediglich das Angebot von "Freiwillig 30"-Schildern gegeben.
Karlburger blicken nach Margetshöchheim und Adelsberg
Die Karlburger Initiatorinnen verweisen auf die Gemeinde Margetshöchheim, wo die Situation ähnlich ist: Es gibt eine Umgehungsstraße, die einstige Ortsdurchfahrt ist Vorfahrtsstraße – und dennoch ist der komplette Ort Tempo-30-Zone. Und das funktioniert gut. Eine Anfrage in der dortigen Verwaltung ergab, dass diese Regelung schon mindestens seit 30 Jahren existiert. Möglicherweise war die Gesetzgebung damals noch anders. Die Regelung solle demnächst auf den Prüfstand gestellt werden, so die Margetshöchheimer Verwaltung.
Als anderes Beispiel nennen die Karlburger Adelsberg. Dort gilt nur im unteren, kleinen Abschnitt Tempo 50. Ansonsten ist der komplette Ort Tempo-30-Zone mit "Rechts vor Links", obwohl die Adolphsbühlstraße als Sammelstraße zu betrachten ist.
Die Initiatorinnen aus Karlburg haben inzwischen Kontakt mit den Initiatorinnen von "Karscht macht mobil" und wollen bei der "Europäischen Mobilitätswoche" im September für eine Woche komplett Tempo 30 auf der Karolingerstraße und dem Harrbacher Weg testen.
Fragwürdig ist auch, warum die Initiatoren in der Karolingerstr. 30km/h wollen, jedoch selbst mit 50km/h die Abkürzung durch die Raiffeisenstr. nehmen!!
Warum ist es ausgerechnet in Karlstadt so schwierig, in anderen Orte aber geht das ohne Probleme? Warum blockiert Stadtrat und Verwaltung hier alles, anstatt versucht, Möglichkeiten der Umsetzung zu finden?
Wieder einmal zählt in Karlstadt nur der Autoverkehr.