Vor weniger als einem Jahr berichteten wir, dass das ehemalige Hotel Atlantis neben der Scherenberghalle in Gemünden einen Käufer gefunden hat und in dem Gebäude moderne Wohnungen enstehen sollen. Nun steht das Atlantis schon wieder zum Verkauf, allerdings anonym zu einem Preis von 779 000 Euro. "Die Vermarktung des Objekts erfolgt auf Wunsch des Eigentümers diskret", heißt es in der Immobilienanzeige im Internet, die es als "Mehrfamilienhaus" anpreist.
Allerdings gibt es in Gemünden nicht so viele Gebäude mit 52 Zimmern (dazu mehrere Funktionsräume) und sechs Etagen. Und auf der Seite des Immobilienvermittlers stand die Anzeige einmal anonym und zumindest bis zu unserer Anfrage noch einmal mit denselben Angaben samt Bild des ehemaligen Hotels im Hofweg und den Worten: "Tolle Kapitalanlage mit viel Potenzial im Spessart, die große Hotel-Pension erstreckt sich über 10 Halbetagen und 52 real geteilten Zimmern."
Umfassende Renovierungsarbeiten nötig
In der nicht-anonymen Version der Anzeige hieß es über das Gebäude: "Der Großteil des Objektes ist bereits für Renovierungsarbeiten leergeräumt und es wurde bereits einiges erledigt. Das Hotel benötigt dennoch umfassende und abschließende Renovierungsarbeiten. Eine Nutzungsmöglichkeit als Boardinghouse bietet sich an, da in der Nähe größere Firmen ansässig sind. Hinter dem Hotel gibt es eine große Parkfläche." Die Parkfläche ist tatsächlich vorhanden, gehört allerdings zur Scherenberghalle.
Käufer des ehemaligen Hotels war 2018/19 die MKB Immobilien GmbH in Aschaffenburg. Zu welchem Preis das Unternehmen das damals schon eine Zeit lang leerstehende Gebäude kaufte, ist nicht bekannt. Allerdings hatte im Oktober 2017 der Vertreter der Eigentümergemeinschaft nach erfolglosen Verhandlungen mit dem Pächter über einen Kaufpreis von 600 000 bis 800 000 Euro mitgeteilt: "Mit 400 000 wären alle sehr zufrieden."
Erneute Nutzung als Hotel scheiterte am Brandschutz
MKB-Geschäftsführer Murat Mert sagte unserer Redaktion damals, dass voraussichtlich 18 bis 20 "moderne Wohnungen" entstehen sollen. Alternativ, so Mert, wäre eine Nutzung als sogenanntes Boardinghouse mit länger vermieteten Apartments vor allem für Firmen eine Option gewesen. Eigentlich hätte er es gerne wieder als Hotel genutzt, allerdings habe das Landratsamt diese Nutzung aus Gründen des Brandschutzes untersagt.
Dass offenbar schon beim Bau in den 80ern nicht gemäß der Planungen gebaut worden war, bestätigte das Landratsamt vergangenes Jahr. Diesen Umstand hat der Landkreis erst festgestellt, als er das Gebäude von Oktober 2015 bis August 2016 als Erstaufnahmeeinrichtung für syrische Kriegsflüchtlinge nutzte. Zuvor war 2015 von den Eigentümern den beiden Hotelpächtern gekündigt worden.
Umbau noch vor dem Verkauf geplant
Der Gebäude-Eigentümer MKB Immobilien GmbH zeigte sich überrascht, als unsere Redaktion bezüglich des Verkaufs des ehemaligen Hotels anfragte. Bisher sei nichts umgebaut worden, das sei aber noch vor dem Verkauf geplant. Die nicht-anonyme Anzeige immerhin ist weg.
Die über 100 Betten des früheren Atlantis werden in Gemünden schmerzlich vermisst. Bürgermeister Jürgen Lippert hat schon mehrfach geäußert, dass ein weiteres Hotel den Übernachtungszahlen der Stadt gut täte. Aber als es darum ging, ob die Stadt das Gebäude selbst kauft, winkte er damals ab.
Im März vergangenen Jahres hatte der Bauausschuss des Gemündener Stadtrats die vom Eigentümer beantragte Nutzungsänderung von Funktionsräumen des Hotelbetriebs in der unteren Etage in Räume für die Unterbringung von Personen abgelehnt. Dort waren damals Arbeiter der nahen IFD Guss GmbH untergebracht. Vom Landratsamt heißt es auf Anfrage: "Eine Baugenehmigung wurde noch nicht erteilt. Es fehlt die Stellungnahme einer Fachstelle." Die aktuelle Nutzung des Erdgeschosses werde vom Landratsamt lediglich geduldet. Für die oberen Etagen sei noch kein Bauantrag eingegangen.