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Neustadt am Main
Nach über 110 Jahren: Dominikanerinnen verlassen 2023 das Kloster in Neustadt
Die Dominikanerinnen verlassen Anfang kommenden Jahres ihr Kloster in Neustadt und ziehen gemeinsam in ein Seniorenheim. Unser Foto aus dem Jahr 2007 zeigt einen Teil des ausladenden Kloster-Areals. 
Foto: Peter Rogowsky | Die Dominikanerinnen verlassen Anfang kommenden Jahres ihr Kloster in Neustadt und ziehen gemeinsam in ein Seniorenheim. Unser Foto aus dem Jahr 2007 zeigt einen Teil des ausladenden Kloster-Areals. 
Bearbeitet von Boris Dauber
 |  aktualisiert: 09.02.2024 04:09 Uhr

Zu Beginn des neuen Jahres 2023 wird die Gemeinde Neustadt nicht mehr die alte sein: Bereits Anfang Januar verlassen die Dominikanerinnen nach mehr als 110 Jahren das dortige Kloster.

Die Verantwortliche des Ordens für Deutschland, Provinzpriorin Schwester Christiane Sartorius, nennt den fehlenden Ordensnachwuchs als Grund für den Weggang. Aktuell leben im Neustadter Kloster noch 13 Schwestern, die alle älter als 75 sind. Für diese sei das Gebäude viel zu groß, schreibt sie in einer Pressemitteilung.

Umzug in die neue Seniorenresidenz in Kist

Die Suche nach Alternativen war nach Aussage von Schwester Christiane schneller als erwartet erfolgreich. Im Januar 2023 ziehen die Dominikanerinnen in die neu gebaute Seniorenresidenz nach Kist im Nachbarlandkreis Würzburg um. "Uns ist es ein großes Anliegen, dass unsere Schwestern bis zum letzten Atemzug ein Gemeinschaftsleben als Ordensfrauen leben können", erklärt Schwester Christiane im Gespräch mit dieser Redaktion.

Sie wären gerne alle zusammen ins Lohrer Caritas-Seniorenzentrum St. Martin gezogen, wo bereits acht Schwestern leben. "Aber dort ist Personalnotstand und es war nicht möglich", sagt die 73-Jährige, die in Lohr lebt, ihr Büro aber im Kloster in Neustadt hat.

Die ersten Dominikanerinnen kamen im Jahr 1909 nach Neustadt, um hier ein Ausbildungshaus für künftige Ordensfrauen zu eröffnen, die in die Mission nach Südafrika gesendet werden sollten. Doch seit Jahrzehnten habe es keine Eintritte mehr in Neustadt gegeben, bedauert Schwester Christiane.

Lange im Rehazentrum für psychisch kranke Menschen tätig

In den 1970er Jahren entstand, in Zusammenarbeit mit dem Diözesancaritasverband, auf dem Gelände der ehemaligen Benediktinerabtei ein Rehabilitationszentrum für psychisch kranke junge Menschen. Lange Jahre waren die Schwestern dort in der Leitung und in der Therapie tätig. Das damals vom Erthal-Sozialwerk im Haus St. Michael betriebene Rehazentrum wurde 2017 nach Würzburg verlegt.

Klaus Schwab, 2. Bürgermeister von Neustadt, erfuhr am Dienstag bei einem Termin mit den Ordensschwestern von deren baldigem Wegzug. Der 53-Jährige hatte den Termin stellvertretend für Bürgermeister Stephan Morgenroth wahrgenommen, der derzeit auf einem Lehrgang ist. "Die Schwestern sind ein Teil von Neustadt und haben sich immer im Ortsgeschehen eingebracht", sagt Schwab.

2. Bürgermeister Schwab: "Kloster war nie abgeschieden"

In seiner Kindheit habe es im Kloster eine Krankenschwester gegeben, die einen bei Verletzungen versorgt habe, erinnert er sich. Da Schwabs Vater früher im Rehazentrum arbeitete, unterhielt seine Familie auch persönliche Beziehungen zu den Ordensschwestern. Das Kloster sei nie abgeschieden, sondern immer offen für die Bevölkerung gewesen, betont der 2. Bürgermeister.

Nach Aussage von Schwester Christiane Sartorius arbeite man in enger Abstimmung mit der Gemeinde Neustadt an Plänen für die Zukunft des Klostergebäudes. Der stellvertretende Bürgermeister berichtet von "vielversprechenden Gesprächen" mit einem möglichen Investor, der vielleicht Interesse an dem Areal habe. Da sei allerdings noch nichts spruchreif, betont Schwab.

Der überraschend schnelle Umzug der Dominikanerinnen in knapp zwei Monaten hat auch darauf Auswirkungen: "Diese Gespräche werden seitens der Schwestern erst einmal bis zum neuen Jahr ausgesetzt, weil sie sich auf den Umzug konzentrieren müssen", sagt Schwab.

Auf dem weitläufigen Klostergelände gibt es etliches zu beachten

Auf dem weitläufigen Klostergelände gibt es überdies etliches zu beachten: Die vier Gebäude, in denen einst das Rehazentrum untergebracht war, haben die Dominikanerinnen dem Würzburger Diözesancaritasverband in Erbpacht überlassen. Drei davon stehen leer, in einem betreibt die Caritas eine Heilpädagogische Tagesstätte. Dort betreut und unterstützt sie Kinder im Grundschulalter, die in der Entwicklung verzögert sind oder unter psychischen oder sozialen Störungen leiden.

Das Klostergebäude, in dem die Schwestern leben, gehört hingegen noch den Dominikanerinnen. "Wenn hier jemand etwas investieren will, muss alles unter einen Hut gebracht werden", betont Schwab.

"Dorf und Kloster waren eine Einheit", sagt Lohrs Stadtpfarrer

Im Mai 2018 berichteten wir über den Plan des St.-Josefs-Stifts in Eisingen, ein Wohnheim für Schwerbehinderte mit 18 Plätzen auf dem Neustadter Kloster-Areal zu bauen. Der Baubeginn war ursprünglich im darauffolgenden Jahr geplant. Doch das Millionenprojekt scheiterte laut Klaus Schwab daran, dass eine Analyse im Kreis Main-Spessart zu wenig Bedarf nach Wohnheimplätzen offenbarte.

Lohrs Stadtpfarrer Sven Johannsen hat Neustadt und Erlach als Pfarradministrator mitübernommen, als der dortige Pfarrer Alkuin Mahr 2009 in den Ruhestand ging. Bald danach gehörte die Gemeinde dann zur Pfarreiengemeinschaft 12 Apostel am Tor zum Spessart. Die Schwestern bezeichnet Johannsen als wichtigen Teil der Gemeinde. "Dorf und Kloster waren eine Einheit. Viele sind von den Schwestern geprägt worden. Ein Teil unserer Gemeinde wird dann nicht mehr da sein", sagt er.

Schwestern waren sehr gut integriert

Die Dominikanerinnen haben viele verschiedene Aufgaben in Neustadt übernommen: Laut dem Lohrer Pfarrer leiteten sie beispielsweise den Chor, waren als Küsterinnen aktiv, gaben Impulse, machten Führungen und Wortgottesdienste. "Die Schwestern haben dort auch einen Seelsorgeauftrag wahrgenommen und einen Trauerkreis angeboten", sagt Johannsen.

Er bedauert deren Umzug, drückt aber auch Verständnis dafür aus. "Wir wollen sie ordentlich verabschieden. Das ist uns wichtig", sagt er. Wie gut integriert die Schwestern in der Pfarrei sind, verdeutlicht auch eine Aussage der Provinzpriorin: "Wir gehen bewusst zum Gottesdienst in die Pfarrkirche und haben keinen Hausgeistlichen."

Umzug von Neustadt nach Kist keine leichte Entscheidung

Die endgültige Entscheidung über den Umzug ins Seniorenzentrum nach Kist ist am Montag gefallen. "Wir haben es uns nicht leicht gemacht, denn wir haben einen wunderbaren Mitarbeiterstamm hier im Kloster, die für die Schwestern gesorgt haben", betont Schwester Christiane. Im Kloster arbeiten nach Aussage der Provinzpriorin "sehr viele Teilzeitkräfte", darunter eine Krankenschwester und Betreuungskräfte. Die meisten seien aber für Hauswirtschaft zuständig.

Der Abschied aus Neustadt wird den Ordensfrauen schwerfallen, da sie die Pfarrei, Freunde sowie Mitarbeitende zurücklassen müssen. Da ist jede Unterstützung, die zumindest den in wenigen Wochen anstehenden Umzug erleichtert, ein Segen. Daher helfen Mitarbeiterinnen den 13 Schwestern beim Ein- und später beim Auspacken.

 
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