Waren sie Helden am Steuerknüppel? Oder taten sie einfach nur die Pflicht für "Führer, Volk und Vaterland", wie dies oft auf ihren Grabsteinen zu lesen war? Es mag sein, dass sie das Fliegen liebten - aber als blutjunge Piloten, die gerade mal die Volljährigkeit um ein paar Jahre überschritten hatten, waren sie oft nicht in der Lage, die Gefahren ihres "Handwerks" richtig einzuschätzen. Auch für Walter Baade gehörte das Überleben im Kampf gegen die dicken Viermotorigen der Alliierten zum Gebot der Stunde. Das Fliegerleben des erst 22-jährigen Pilots endete auf einem Feld bei Lengfurt.
Piloten fehlte die Praxis
Und viele der jungen unerfahrenen Piloten in Hitlers Luftwaffe beherrschten in den letzten Kriegsjahren nach einer kurzen Ausbildung oft gerade mal das "kleine Einmaleins des Luftkampfs". Wer heute ein modernes Jagdflugzeug der aktuellen Generation pilotieren möchte, muss mindestens zwei Jahre lang durch eine harte Schule gehen.
Dem jungen Unteroffizier Walter Baade vom Jagdgeschwader 11 fehlte offensichtlich ebenfalls die Praxis am Steuerknüppel, als ihm am 13. Oktober 1943 im Raum Lengfurt ein viermotoriger US-Bomber in die Quere kam. Das 12,7-Millimeter-Geschoss eines amerikanischen Bordschützen traf seinen Messerschmitt-Jäger Me 109 so heftig, dass ein Absturz nicht zu umgehen war. Baade krachte auf ein Feld in der Flurabteilung "Marehans", ein paar hundert Meter östlich des Marktheidenfelder Dillbergs. Die Messerschmitt bohrte sich mit voller Wucht in ein Feld und hinterließ einen mehrere Meter tiefen Krater, in dem sich heute noch große Teile des Triebwerks befinden sollen. Der Absturz war so heftig, dass er noch in Lengfurt zu hören war.
Starb Pilot bereits im Flieger?
Kurt Schüll aus Marktheidenfeld, der das Schicksal des deutschen Piloten aufzuklären versucht, schloss nicht aus, dass Baade bereits im Flugzeug tödliche Verletzungen erlitten hatte. Ein Durchschuss durch den Pilotensitz, wie dies manche Zeitzeugen annehmen, kommt nach Einschätzung eines Messerschmitt-Experten, der in Ansbach derzeit selbst eine Me 109 zusammenbaut, nicht in Frage. Hinter dem Sitz befinden sich nach seiner Kenntnis dicke Panzerplatten, die angeblich jedem Beschuss standhalten.
Niemand durfte die Absturzstelle betreten, bis am Tag nach dem Absturz ein Wehrmachts-LKW aus Würzburg mit einem Feldwebel und mit russischen Kriegsgefangenen nach Lengfurt kam, um das, was von dem Flugzeug übrig geblieben war, auszubuddeln. Erst als man das Soldbuch von Walter Baade fand, hörte man auf zu graben.
Zeitzeugen erinnern sich
Es leben in Lengfurt noch Zeitzeugen, die das Flugzeugunglück erlebt haben. Zu ihnen gehört zum Beispiel Josef Baumann, damals sechs Jahre alt, der mit seinem Vater mit dem Kuhfuhrwerk unterwegs war. Ihnen war ziemlich schnell bewusst, dass das deutsche Flugzeug abstürzen wird.
Zeuge des Absturzes waren auch der heute 93-jährige Ewald Popp, ein Senior, der mit einem erstaunlich guten Gedächtnis ausgestattet ist und dessen Vater Viktor von 1938 bis 1945 Bürgermeister von Lengfurt war. Als damals Achtzehnjähriger hatte der junge Popp gerade Urlaub vom so genannten "Reichsarbeitsdienst". Popp Senior und Popp Junior waren an jenem sonnigen Oktober-Tag bei der Apfel-Ernte am Oberrot unterwegs. Die Popps kamen ebenfalls rasch zur Einschätzung, dass der deutsche Flieger abstürzen wird. Die Flugzeugreste und sterblichen Überreste des Piloten wurden nach Würzburg gebracht. Baades "Beisetzung" fand später in seinem Geburtsort Hamburg statt.