
Optimistisch reich bestuhlt war am Dienstagabend das Foyer der Scherenberghalle, doch fanden sich zur ersten Bürgerversammlung des Jahres gerade einmal nur etwas mehr als 30 Zuhörer ein, die stellvertretenden Bürgermeister Irmgard Pröschl und Werner Herrbach sowie die Stadträte Monika Poracky, Kilian Blum, Ferdinand Heilgenthal, Stefan Koberstein und Gerhard Thumes mitgezählt. Der schwache Besuch ist in Gemünden zwar üblich, könnte aber auch ein Hinweis darauf sein, dass zurzeit nur wenige gewichtige Probleme die Bürger bewegen. Es gab zudem nur eine Frage aus dem Publikum an Bürgermeister Jürgen Lippert.
Sie kam von Herbert Fuchs. Der bekannte Gemündener erkundigte sich nach der Prioritätenliste der zu sanierenden Siedlungsstraßen im Stadtgebiet, die 2015 von der Stadtverwaltung aufgestellt worden war. In seiner Straße beispielsweise befinde sich ein Schlagloch, das wohl ausgebessert werde, sich aber regelmäßig von Neuem auftue. Bürgermeister Lippert antwortete, er wisse selbstverständlich um den seit vielen Jahren bestehenden hohen Sanierungsbedarf einiger Straßen, könne aber keinen Zeitplan für die Erledigung nennen. Immerhin werde im kommenden Jahr die Erneuerung der Oberdorfstraße in Wernfeld in Angriff genommen. Sie gilt nach der Liste der Stadtverwaltung als die schlechteste ganz Gemündens.
Staatlicher Anteil am Straßenausbau zu gering
Lippert erläuterte ausführlich, was an den Straßensanierungen problematisch ist. Grundsätzlich fehle der Stadt schlicht das Geld. Nach der früheren bayerischen Gesetzgebung teilten sich die Anlieger und die Stadt die Sanierungskosten, und obwohl der Anteil der Kommune je nach Klassifizierung der Straße 40 bis zehn Prozent betrug, habe Gemünden schon diese Summen angesichts dringenderer Projekte nicht oder schwer aufbringen können. Mittlerweile hat der Freistaat die Straßenausbaubeiträge der Anlieger abgeschafft, gleiche deren Anteil jedoch nicht in der vollen Höhe aus. Damit falle den Kommunen die Erneuerung noch schwerer.
Bei der Oberdorfstraße in Wernfeld füge es sich, dass das Kommunalunternehmen Stadtwerke dort den Kanal und die Wasserleitung erneuern muss, erläuterte Lippert weiter. Daher sei es sinnvoll, dass die Stadt den überfälligen Ausbau der Fahrbahn erledige, wenn die Straße ohnehin aufgerissen ist. Davon profitieren dann die Stadt und die Stadtwerke gleichermaßen. Abschließend sagte der Bürgermeister zum Thema Straßensanierung: "Wir bleiben dran. Und sanieren natürlich immer dann, wenn es nötig ist. Aber es ist kein Zeitplan zu nennen."
Wahlziel des Schuldenabbaus noch nicht erreicht
Was die städtischen Finanzen anbelangt, gestand der Bürgermeister sechs Monate vor Ende seiner ersten, sechsjährigen Amtszeit ein, sein Wahlziel eines Schuldenabbaus um 30 Prozent zu verfehlen. Dagegen standen zu viele erhebliche Investitionen: für den Brandschutz, den Breitbandausbau, das Stadtmarketing, den Flächenaufkauf für das neue Baugebiet Mühlwiesen II und insbesondere die Sanierung von Schulen, von sieben Brücken und des Hallenbads, um die wesentlichen zu nennen. Somit betrage der erzielte Schuldenabbau seit 2013 aktuell 17,7 Prozent (1,26 Millionen Euro). Mit etwas Glück komme man bis zum Jahresende auch noch auf 20 Prozent. Außerdem sei eine Rücklage von 2,24 Millionen Euro geschaffen.
Am Ziel der Schuldenreduzierung halte er fest, so Lippert, obschon sich mit dem Sanierungsfall Scherenberghalle das nächste Großprojekt angekündigt hat. Ein Kostenaufwand von sechs Millionen Euro steht hierfür im Raum. Sofern finanziell zu leisten, strebe der Stadtrat nach "einer gebietsverträglichen Lösung mit dem Ziel, die Halle wieder vollumfänglich nutzen zu können".