Das seit diesem Jahr geltende deutsche Lieferkettengesetz besagt, dass Unternehmen mit mindestens 3000 Beschäftigten grundlegende Menschenrechtsstandards achten müssen. Dabei geht es vor allem um das Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit. Dazu gehören aber auch zentrale Umweltstandards, etwa das Verbot, Trinkwasser zu verunreinigen. Und inbegriffen sind auch die Zulieferer, daher der Begriff Lieferkette.
Macht das neue Gesetz die in vielen Städten beheimateten Weltläden, die sich schon lange dem fairen Handel verschrieben haben, möglicherweise überflüssig? Eva Eisele und Ursula Frey vom Karlstadter Weltladen sagen im Interview, wie sich das Gesetz auf ihr Geschäft auswirken könnte – und worin sie sich nach wie vor von großen Supermarktketten unterscheiden.
Ursula Frey: So könnte man es sehen – wobei wir das Verständnis von gerechtem Handeln in Gang gebracht haben und weiterhin daran arbeiten, dass noch viel mehr über fairen Handel gekauft wird. Viele Menschen sind eigentlich bestens informiert über das, was gar nicht gut läuft. Wir bieten ihnen die Möglichkeit, in einem kleinen Bereich ihres Konsums vernünftig einzukaufen.
Eva Eisele: Es war von Anfang an unser Ziel, dass wir uns überflüssig machen. Dass also die Weltläden nicht mehr gebraucht werden. Es wäre für uns der Idealzustand, wenn die Supermarktketten wirklich faire Preise zahlen würden.
Frey: Da, wo die großen Läden Waren mit denselben Fairtrade-Siegeln verkaufen, kommt bei den Produzierenden im Ausland dasselbe an. Das heißt, es gelten die langfristig garantierten Abnehmerpreise, die Mitfinanzierung von Bildungsmaßnahmen und so weiter. Es kommt auf das Siegel an. Wir hoffen sehr, dass das Lieferkettengesetz auch bei allen anderen Importartikeln die Verhältnisse deutlich verbessert. Da steht der Handel vor einer großen Aufgabe. Wir "Kleinen" mit unseren gewachsenen Strukturen und Handelsbeziehungen zu den Kooperativen tun uns da leichter.
Frey: Unser günstigster Kaffee kostet neun Euro das Pfund. Das geht rauf bis zu zwölf Euro. Ganz wichtig ist, dass die Löhne der Kleinbauern verlässlich sind. Außerdem geht es bei uns ganz stark in Richtung Bio.
Eisele: Die Bananen kommen von unterschiedlichen Adressen. Die Importorganisation "Banafair" hat Lieferanten in unterschiedlichen Regionen. Dadurch können Lieferengpässe ausgeglichen werden, wenn etwa in einer Plantage die Ernte schlecht ist. Die Bauern kennen wir natürlich nicht direkt.
Frey: Wir bekommen Informationen über die Importorganisationen, beispielsweise durch Filme über einzelne Projekte. Es gibt über die Organisationen auch Reisen und Begegnungen.
Eisele: Genau so ist es. "Globo" etwa ist vor allem für Dekoartikel unser Ansprechpartner. Aber es gibt auch die ganz großen Organisationen wie die "Gepa", die Gesellschaft für partnerschaftlichen Handel. Das war die erste Organisation in dieser Richtung. Von dort kann man alles beziehen – vom Kaffee bis zur Tasche.
Eisele: Wenn wir die 30 Jahre seit unserer Gründung überblicken, so ist das Angebot größer geworden und es kommen mehr Kunden.
Frey: Ich habe das Gefühl, dass der Kundenstamm gleich geblieben ist. Wir zählen die Kunden nicht. Aber die Umsätze sind gestiegen, was auch daran liegt, dass seit Corona die Ware teurer geworden ist.
Eisele: Bekannter sind wir auf jeden Fall geworden. Wir haben vor 30 Jahren in der Oberen Kirchgasse angefangen und waren eigentlich eine Nische. Da sind wir jetzt raus. Es ist alles anspruchsvoller und professioneller geworden. Beispielsweise bieten wir jetzt Beratung für die Dekoration an.
Frey: Die Lebensmittel machen den größeren Anteil aus – rund zwei Drittel des Umsatzes.
Eisele: Bananen bieten wir schon seit 15 Jahren an. Zitronen und Orangen kamen diesen Winter neu dazu.
Frey: Das Sortiment bei Lebensmitteln ließe sich vielleicht schon noch etwas vergrößern. Aber umstritten sind Produkte, die es auch aus hiesigem Anbau gibt. Dazu gehören Wein oder Honig.
Eisele: Wir sind dabei nicht so streng, weil es Leute gibt, die speziell diesen Honig kaufen wollen. Wir bewerben ihn aber nicht. Aber es gibt auch Produkte aus hiesigen Projekten, die unseren Kriterien entsprechen. Dazu gehört die "Lebenswurst" aus Schweinfurt. Sie wurde von Pfarrer Roland Breitenbach eingeführt. Das sind vegane oder vegetarische Brotaufstriche.
Frey: Gewürze sind ein gutes Beispiel für etwas, das man hier nicht anbauen kann. Die Orangen kommen aus Süditalien aus mafiafreiem Handel. Wir sind offen dafür, dass neue Waren aufgenommen werden, die es verdienen.
Eisele: Es stellt sich schon immer wieder die Frage, ob es sinnvoll ist, Waren zu importieren, sie also auf eine weite Reise zu schicken. Ich bin der Meinung: Ja, das ist sinnvoll. Denn alles, was wir hier verkaufen, kommt aus sozialen Projekten. Die kleinen Blechautos beispielsweise aus einem Straßenkinderprojekt. Auch unterstützen wir seit 1998 ein Projekt in Guatemala, bei dem Jugendliche aus benachteiligten Bevölkerungsgruppen Stipendien erhalten.
Frey: Die sind ein ganz wichtiges Thema im fairen Handel. Aber wir in Karlstadt schaffen es einfach nicht, die nötige Auswahl zu beschaffen, damit wir sie auch kundenfreundlich anbieten können. Da müssen wir auf Würzburg verweisen.
Frey: Im Verkauf beschäftigen wir 15 Mitarbeitende, insgesamt sind es 23. Dazu gehören ja noch andere Aufgaben wie Deko oder Kasse. Wir haben jeden Monat einen Ladentreff, bei dem wir diskutieren, was zu tun ist. Organisiert sind wir als Verein Weltladen Karlstadt e.V., der im Moment 42 Mitglieder hat. Der Beitrag kostet 16 Euro im Jahr.
Der Weltladen befindet sich in Karlstadt in der Alten Bahnhofstraße 13. Vorsitzende ist Ursula Frey, zum Kernteam gehören auch ihre Stellvertreterin Rita Scheiner, Schatzmeisterin Tanja Tschanter und Schriftführerin Eva Eisele. Hinzu kommen vier Beisitzer. Öffnungszeiten: Montag mit Freitag von 10 bis 12.30 Uhr und von 15.30 bis 18 Uhr, am Samstag von 10 bis 13 Uhr.