
Längst laufen die Vorbereitungen: 2025 wird „500 Jahre Bauernkrieg“ im Mittelpunkt des historischen Interesses stehen. Ein Krieg der Bauern oder gegen sie? Was ist mit den Taglöhnern, den Handwerkern, dem Adel? Die DDR machte das Ereignis zur „deutschen frühbürgerlichen Revolution“. Die Nazis missbrauchten den Bauernführer Florian Geyer von Giebelstadt – in den letzten Jahren rückten die Giebelstadter in ihren Freilichtaufführungen dieses Zerrbild zum Glück wieder gerade. 2025 wird man kaum neue Quellen finden, aber die bekannten anders bewerten.

Die Fülle der Geschehnisse des Bauernkriegs und die Literatur darüber ist immens, und doch sind Einzelheiten ungeklärt und auch kaum mehr klärbar. Beispiel: Die Karlsburg wurde zerstört – aber in welchem Ausmaß? Wurde sie tatsächlich in grund verwüstet und mehrer nicht dann das Außen gemauer gelassen worden, wie eine Chronik schreibt, oder kam der eigentliche Zerfall erst später?
Der bischöfliche Sekretär Lorenz Fries beschrieb in seiner „Geschichte des Bauernkrieges in Ostfranken“ auch die Karlstadter Ereignisse: Die Stadtbewohner waren wegen der Gefahr für die unter der Burg liegenden Häuser sogar gegen eine Zerstörung der Burg, doch die Hauptleute des vor Würzburg liegenden „Bauernhaufens“ entschieden anders. In den letzten beiden Wochen des Mai 1525 wurde die Karlsburg angezündet, ihre Besatzung war längst davor verschwunden. Es ging nur noch ums Prinzip, das Symbol der Obrigkeit musste vom Erdboden getilgt werden. Hatte man die Burg vorher ausgeräumt? Und wer machte das? Wie wurde die Beute verteilt?

Nachdem der gesamte Aufstand, nach misslungenem Sturm auf den Marienberg, im Juni zusammengebrochen war, kam Bischof Konrad von Thüngen nach Karlstadt, neun „Rädelsführer“ wurden hingerichtet. Warum waren sie nicht geflohen? Wer hatte sie gefangengenommen, wer sie ausgeliefert? Vier weitere Verurteilte wurden „frei gebeten“. Vom wem? Warum? Was geschah mit ihnen? Welche Rolle spielte die Geistlichkeit der Stadt?
Einer der wichtigsten Köpfe der Reformation kam aus Karlstadt: Andreas Bodenstein, genannt Karlstadt. Im Juni 1525 reiste er von Karlstadt nach Frankfurt, in Frammersbach hörte er, dass Widersacher ihn ermorden wollten und konnte sich gerade noch retten. Hatte er interveniert? Zu viele Fragen, auf die es zu wenige Antworten gibt.
Zerstörte Burgen verfielen: Sie wurden nicht mehr gebraucht
Der Bischof ließ die Burg nicht wieder aufbauen: Das wäre zu teuer gewesen, und wehrtechnisch war eine solche Anlage sowieso überholt. Es traf nicht allein Karlstadt: auch andere mehr oder weniger zerstörte Burgen verfielen, weil sie nicht mehr gebraucht wurden.
Eine lange Vorgeschichte hatte der Aufstand in Franken nicht, es explodierten keine aufgebauten Spannungen. Dem Bauernstand ging es 1525 nicht schlechter und nicht besser als in davor und danach liegenden Zeiten. Die städtischen Unterschichten und die Handwerker bildeten eine höchst disparate Gruppe, ihre Lage war immer prekär und labil. Die Beweggründe aller Beteiligten waren genauso disparat.

Man wird die Reformation als treibende Kraft betrachten dürfen: Die verkündete religiöse Freiheit wurde bald als persönliche Freiheit verstanden, der „Sturm“ auf Klöster und Kirchen geriet zu einem gegen die Obrigkeit an sich. Selbst Mitglieder der Oberschicht, wie der Miltenberger Keller Friedrich Weygandt, schlossen sich „den Bauern“ an, man träumte von einer „Reichsreform“. Und auch mancher Adelige, mit zwielichtigen Motiven, wie Götz von Berlichingen. Doch zu viele Köche mit zu vielen Rezepten verderben den Brei; nicht nur die militärische Überlegenheit der Führungsschichte vernichtete den „Traum von der Freiheit“.
"Kalbsbaum" erinnerte an 280 tote Bauern
Auch im Spessart floss Blut. In der Nähe der Straße von Wiesen nach Frammersbach stand der sogenannte „Kalbsbaum“, ein roter, dürrer oder verbrannter Baum, bei dem ein „hoher langer Stein“ aufgerichtet war, zu dem 1584 auf mehreren Karten verzeichnet wird, hier sei 1525 „eine Anzahl Bauern“ erschlagen worden; auf späteren Karten wird sogar die Zahl genannt: angeblich 280. Jedenfalls zog eine Gruppe Bauern Richtung Frammersbach und wurde dort gewaltsam gestoppt. Von wem? Der „Kalbsbaum“ blieb jedenfalls samt dem (längst verschwundenen) Stein als Mahnmal.
In Lohr regierte Graf Philipp III. von Rieneck, 21 Jahre jung, erst sieben Jahre an der Herrschaft. 1535 (!) erklärten die Lohrer: Sie hatten 1525 alle Pflichten vergessen und Schlösser, Städte und Gotteshäuser bekriegt, eingenommen, geplündert und beraubt, zum Teil ausgebrannt. Gegen Graf Philipp, ihren natürlichen Erb- und angeborenen Leibherrn, handelten sie ohne alle Ursachen und allein aus Unverstand. Doch auf Bitten der Gräfin erhalten sie nun wieder ihre „Freiheiten“ und versprechen, „fromm und gehorsam“ zu sein. Am Ende wurde alles gut.
Die Dörfer traf es hart
Etwas härter traf es die Dörfer. 1526 erklären die Schultheißen, Schöffen und die ganze Gemeinde von Rodenbach, Wombach, Neuendorf, Nantenbach und Lohrhaupten: Graf Philipp hatte sie davor gewarnt, sich in die „aufrührerische Bauernschaft“ zu begeben, denn dies würde nur zu Verderben, Schande und Laster führen. Aber sie haben nicht auf ihn gehört, obwohl er mit ihnen verhandeln wollte und Verbesserungen versprach. Aber jetzt, da alles vorbei ist, unterwerfen Sie sich und geloben, alles zum Besten der Grafschaft zu tun und die Untertanen nicht mehr zu schädigen.
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Harnische, Büchsen, Pulver, lange Messer, Degen, Hellebarden, Spieße und was sonst zur Wehr gehört, wird abgegeben, und sie werden solches nicht mehr kaufen noch tragen ohne Genehmigung des Grafen, verpflichteten sie sich. Alle Urkunden über ihre Freiheiten und Rechte werden sie abgeben. Keine Versammlung oder Vereinigung soll ohne Genehmigung erfolgen. Am Krieg Beteiligte werden ausgeliefert. Alle Steuern und Dienste werden sie leisten und für alle Schäden bezahlen. Alles versprechen sie bei Verlust ihrer Seelen Seligkeit, und sie werden sich gegen den Grafen als ihrem „natürlichen regierenden Herrn“ gehorsam und treu halten, wie frommen Leuten gebührt.
Der Traum von der Freiheit ist ausgeträumt.

Ähnlich wird es in anderen Herrschaften Frankens zugegangen sein. Am Ende galt wohl das Motto: Leben und leben lassen. Was geschehen war, konnte nicht rückgängig gemacht werden, die Toten beider Seiten ruhten, die Bestrafungen konnten das Vergangene nicht ungeschehen machen. Die Gesamtzahl der Toten wird auf etwa 75000 geschätzt. Ob sich die Opfer „gelohnt“ haben, darüber lässt sich trefflich streiten, die Historiker tun es mit Hingabe. Jedenfalls hat sich das Ereignis tief ins kollektive Gedächtnis eingeprägt.
Und wenigstens alle 50 Jahre wird daran erinnert. 2025 werden alte Antworten in neuem Gewand gegeben werden, und das ist auch notwendig. Die Würzburger waren schneller: Sie legten 2016 einen Band vor, der viele Aspekte vorzüglich behandelt. Wünschenswert ist dennoch, auf Unterfranken bezogen, eine klare und nicht zu umfangreiche wissenschaftliche Zusammenfassung. Und die „Geschichte des Bauernkriegs“ von Lorenz Fries braucht dringend eine kritische Neuedition. Viel ist zu tun.
Zum Autor: Dr. Theodor Ruf ist Kreisheimatpfleger für den Altlandkreis Lohr, er schrieb zahlreiche Beiträge zur Geschichte der Region Main-Spessart. Seine Dissertation verfasste der Historiker über die „Die Grafen von Rieneck“.
Literatur: Franz Fuchs / Ulrich Wagner (Hg.): Bauernkrieg in Franken. Würzburg (Königshausen und Neumann) 2016.