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Gemünden
Denkmalschutz: Warum eine moderne weiße Kunststofftür im ältesten Wohnhaus Gemündens bleiben darf
Stadtrat Matthias Risser ist die Tür "von der Stange" in dem unter Denkmalschutz stehenden Gebäude ein Dorn im Auge. Aber die Denkmalschutzbehörde entschied nicht in seinem Sinne.
Weiße Tür aus Kunststoff in vielleicht ältesten Haus Gemündens in der Mühltorstraße.
Foto: Björn Kohlhepp | Weiße Tür aus Kunststoff in vielleicht ältesten Haus Gemündens in der Mühltorstraße.
Björn Kohlhepp
 |  aktualisiert: 27.03.2025 02:38 Uhr

Der Gemündener Stadtrat hat am Montag eine neue Baugestaltungssatzung für die Altstadt erlassen. Dies nahm Matthias Risser (CSU) zum Anlass zu fragen: "Ist diese Satzung ein zahnloser Tiger?" Auf ratlose Blicke hin führte er aus, dass im "ältesten Gebäude" Gemündens in der Mühltorstraße 10 seit etwa eineinhalb Jahren eine weiße Kunststofftür "von der Stange" eingebaut sei. Risser sprach von "Baumarkt-Optik".

In der Satzung steht, dass Türen in der Altstadt aus Holz sein müssen. Peter Interwies vom Bauamt sagte, entscheiden müsse die Untere Denkmalschutzbehörde am Landratsamt. Bürgermeister Lippert wollte sich von Risser keine Untätigkeit unterstellen lassen. "Die Sanktionierung obliegt der Denkmalschutzbehörde", sagte er.

Begründung für Duldung der Kunststofftür: Überschwemmungsgebiet

Auf Anfrage der Redaktion beim Landratsamt teilt Pressesprecher Markus Rill mit, dass die unerlaubt eingebaute Kunststofftür "von Seiten der Unteren Denkmalbehörde und des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege in diesem Einzelfall geduldet" werde. Die Behörde begründet diese Entscheidung damit, dass sich das Baudenkmal im festgesetzten Überschwemmungsgebiet und im Gefahrenbereich des hundertjährlichen Hochwassers befindet. Durch das Eindringen von Wasser ins Gebäude wäre bei einer Holzeingangstür, die den Belangen des Denkmalschutzes entsprechen würde, eine weit größere Beschädigung der Bausubstanz zu befürchten.

Das Hochwasser im Januar 2011 reichte offenbar bis an die Haustür des Baudenkmals.
Foto: Nadine Klikar (Archivfoto) | Das Hochwasser im Januar 2011 reichte offenbar bis an die Haustür des Baudenkmals.

Da die Tür nicht mit der Fassade abschließe, sondern leicht zurückversetzt sei und somit optisch in den Hintergrund trete, so das Landratsamt, sei dies aus denkmalfachlichen Gründen vertretbar. Auf die Anordnung, eine Holzverkleidung an die Hauseingangstür anzubringen, verzichte die Untere Denkmalbehörde nach Abwägung aller bekannten Tatsachen. Vor allem, da auch keine historischen Aufnahmen der Ursprungstür vorliegen. Dies würde mehr technische Probleme bereiten, als optische dadurch gelöst würden. Der Bauherr habe behauptet, bei einem Gespräch mit der Stadt nicht informiert worden zu sein, dass es sich um ein denkmalgeschütztes Gebäude handelt.

Matthias Risser: Wenn schon Kunststoff, dann aber passend zum Haus

Für Matthias Risser, der Kunstgeschichte und auch zwei Semester Denkmalpflege studiert hat, ist die Entscheidung des Landratsamts unverständlich. "Eigentlich hätte die Stadt einen Entwurf verlangen müssen, ob die Tür in den historischen Kontext passt." Und wenn es nun schon aus Hochwassergründen Kunststoff sein dürfe, dann aus seiner Sicht aber in einer gedeckten Farbe und in einer anderen als der modernen Form. Seiner Meinung nach am besten in geschlossener Form ohne Fenster. Das Signal, das die Denkmalschutzbehörde mit seiner Entscheidung sende, hält er für fatal.

Diese Federzeichnung der Gemündener Künstlerin Olga Knoblach-Wolff zeigt, wie die Haustür des Hauses Mühltorstraße 10 in Gemünden etwa Ende der 1980er Jahre ausgesehen hat.
Foto: Olga Knoblach-Wolff | Diese Federzeichnung der Gemündener Künstlerin Olga Knoblach-Wolff zeigt, wie die Haustür des Hauses Mühltorstraße 10 in Gemünden etwa Ende der 1980er Jahre ausgesehen hat.

Wie die Tür zumindest Ende der 1980er aussah, zeigt eine Zeichnung der Künstlerin Olga Knoblach-Wolff. Die offenbar nicht besonders alte Tür auf dem Bild passte aus Sicht Rissers, insbesondere aufgrund des Seitenfensters, aber auch nicht uneingeschränkt in den historischen Kontext.

Bauherr muss Kunststofffenster durch Holzfenster ersetzen

Mit der Tür kam der Bauherr zwar durch, jedoch wurde er vom Denkmalschutz verpflichtet, sämtliche Kunststofffenster durch denkmalgerechte Holzfenster in historischer Teilung, also zweiflügelig und mit mindestens einer Sprosse zu ersetzen. Außerdem sind die sichtbaren, außen liegenden Rollladenkästen durch innen liegende zu ersetzen. Und das Kunststoff-Oberlicht über der Hauseingangstür muss gegen ein Holz-Oberlicht ausgetauscht werden. Die zu erledigenden Änderungen seien mit dem Denkmalschutz abgestimmt worden und würden, so habe der Bauherr der Behörde mitgeteilt, im Frühjahr/Sommer ausgeführt.

Das markante Gebäude hat einen Fachwerkgiebel und eine Erdgeschossfassade mit vorgesetzten Sandsteinhalbsäulen. Im Kern stammt es laut Denkmalliste wohl aus dem 16. Jahrhundert. An einer der Säulen befinden sich Hochwassermarken.

 
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  • Hans-Martin Hoffmann
    Ah ja

    ist natürlich ganz wichtig, wenn ein Haus so (ungepflegt) aussieht, verschärft darauf zu achten, dass auch ja die richtig(teur)en Fenster eingebaut werden, wenn schon die Tür so bleiben darf.

    Neulich haben wir erst einen Artikel darüber gelesen, warum in Karlstadt ein schönes altes Haus gleich ganz abgerissen und durch einen 08/15-Neubau ersetzt wird. Das könnte hier ja wg. Denkmalschutz unterbleiben, ändert aber nix dran, dass gerne behördlicherseits deutlich mehr gefordert als gefördert wird.

    Wobei einige wie wir wissen deutlich gleicher sind als andere - die DB durfte z. B. im Zuge von Stuttgart 21 (große!) denkmalgeschützte Teile des Hauptbahnhofes aus "überzeugenden wirtschaftlichen Gründen" abreißen lassen. Wenn man es dagegen mit "einfachen Leuten" zu tun bekommt, muss man die natürlich zum Ausgleich mit der vollen Härte der Vorschriften konfrontieren.

    Oder?
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