"Ich hatte schon immer ein Faible für alte Häuser", erzählt Gabriele Riedmann. Trotzdem haben sie und ihr Mann Wolfgang lange überlegt, ob sie das denkmalgeschützte Anwesen im Lohrer Stadtteil Steinbach sanieren sollen. "Oh, die alte Bruchbude", habe Riedmanns Schwiegervater damals gesagt. Nach langem Überlegen haben sie sich aber doch für die Sanierung entschieden. "Das Haus hat einfach eine Seele und hatte eine Chance verdient", findet Gabriele Riedmann.
1774 wurde das Haus erbaut und ist seitdem im Besitz der Familie Riedmann. Wolfgang Riedmann hat die ersten sieben Jahre seines Lebens dort verbracht, danach ist seine Familie in ein Haus gegenüber gezogen und das denkmalgeschützte Anwesen stand seitdem leer und wurde als Lager für alles Mögliche genutzt. "Wir mussten erst einmal alles entrümpeln", erinnert sich die 57-Jährige.
Bis sie wirklich loslegen konnten, hat es aber einige Zeit gedauert. Mit einem Architekten haben sie sich ein Konzept für das Haus überlegt und sich um das denkmalpflegerische Gutachten gekümmert. Darin wurde der Zustand des Gebäudes festgehalten, von der Zusammensetzung des Lehms bis zum Alter der Holzbalken. Dann habe das Denkmalamt Auflagen für die Sanierung gemacht, durch die die alte Bausubstanz erhalten bleiben sollte. "Der Denkmalschutz hält viele Leute von der Sanierung alter Häuser ab, das ist schade", so Riedmanns Eindruck.
So viel wie möglich selbst gemacht
2017 haben sie dann "richtig" mit der Sanierung angefangen und dabei so viel wie möglich selbst gemacht. "Wir haben am Anfang ein ganzes Jahr lang auf einem Gerüst gesessen und mit Hammer und Meißel den Außenputz abgeklopft, um das Fachwerk freizulegen", sagt Riedmann. Den alten Lehm haben sie zum Beispiel in Wannen nassgemacht und so wiederbelebt, teilweise mit neuem vermischt und mit Stroh "Lehmwickel" hergestellt. Damit haben sie dann die beschädigte Decke im Küchenbereich ausgebessert. Vier Jahre lang haben die beiden an den Wochenenden, nach Feierabend ihrer Jobs bei Rexroth und in ihren Urlauben an dem Haus gewerkelt.
Ließe man alles von Handwerkern machen, könne man das am Ende kaum bezahlen, so Riedmann. Für manche Dinge brauche es aber natürlich Fachleute. Zum Beispiel haben Kirchenmaler den Stuck an der Wohnzimmerdecke restauriert oder ein Steinmetz den Sandstein-Sockel des Hauses freigelegt. "Es hat teilweise richtig Spaß gemacht, den Handwerkern zuzuschauen, da konnte ich mir auch viel abschauen", sagt Gabriele Riedmann. Da das Haus denkmalgeschützt ist, durften die Riedmanns nur Handwerker engagieren, die vom Denkmalschutz zugelassen sind.
Der Keller hatte kein Fundament
Unvorhergesehene Probleme traten bei der Restaurierung zum Glück kaum auf. "Wir wussten aber oft nicht, was uns erwartet", erzählt Riedmann. Zum Beispiel hätten sie vorher gar nicht gewusst, dass sich unter dem Außenputz so ein schönes Zierfachwerk befinde. "Ein wirkliches Problem war allerdings der Keller, weil wir irgendwann gemerkt haben, dass das Haus kein Fundament hat." In Handarbeit haben sie Meter für Meter ausgegraben und mit Sandstein unterfangen. Etwa ein Jahr war das Paar mit dem Keller beschäftigt. "Da hatte ich mal kurz eine Phase, in der ich dachte, warum machen wir das eigentlich?", erinnert sich Riedmann und lacht.
Bei der Einrichtung war es den beiden wichtig, die Möbel schlicht zu halten und Altes und Neues zu verbinden. "Die Eckbank in der Küche ist zum Beispiel eine alte Kirchenbank", erzählt sie. Auch die niedrige Deckenhöhe mussten sie berücksichtigen, damit die Möbel nicht zu wuchtig wirkten. "Ein normaler Sessel kann in diesem Wohnzimmer riesig wirken", sagt Riedmann.
Eine Herausforderung war die Küchenzeile, da die Wand dahinter nicht gerade ist und so eine Lücke zu den Möbeln geblieben wäre. "Wenn da etwas hinten runterfällt, verschimmelt das ja", so Riedmann. Mit einem Schreiner haben sie aber eine Lösung gefunden: Eine Glasfront verläuft entlang der Küchenzeile und wird oben mit einem Holzbrett abgeschlossen, sodass nichts dahinter verschwinden kann.
Langfristig möchte das Paar selbst in das restaurierte Haus einziehen
Fertig geworden ist das Haus dann mitten in der Corona-Zeit, Anfang 2021. "Da konnten wir natürlich erstmal nicht vermieten", sagt Riedmann. Als dann aber im Mai die ersten Gäste gekommen sind, sei das ein ganz besonderer Moment gewesen. Es freue sie immer wieder, wenn Besucher die vielen Details des Hauses zu schätzen wüssten. Zum Beispiel die fossilen Spuren in den natürlichen Kalkstein-Fliesen, die im Flur und im Bad verbaut sind. "Eine Frau ist mal auf den Knien auf dem Boden rumgerobbt und hat die Muster gesucht", erinnert sich Riedmann.
Mit der Vermietung als Ferienwohnung möchte das Paar auch einen Teil der Kosten, die sie durch die Sanierung hatten, wieder reinholen. Denn insgesamt haben sie knapp eine halbe Million Euro investiert. "Man bekommt zwar einiges an Fördermitteln, aber das reicht natürlich lange nicht und man muss ja auch erst einmal alles vorstrecken", sagt Riedmann. Langfristig möchte das Paar aber einmal selbst in das Haus einziehen. "Wenn wir beide nicht mehr arbeiten, dann ist der Plan, dass wir selbst für einige Jahre in dem Haus leben werden", sagt Gabriele Riedmann.