
In Gestalt von Gräfin Margarethe führte die Hofstettenerin Rosi Weber am Sonntag durch die Ruine Schönrain. Aufgrund des riesigen Andrangs entschied sie spontan, statt der geplanten einen lieber mehrere Führungen in etwas verkürzter Form zu machen. An der ersten Führung nahmen rund 80 Leute teil.
Gräfin Margarethe (1508 bis 1574) war die Ehefrau von Graf Pilipp III von Rieneck; sie lebte mit ihm im Schloss in Lohr, die Ehe blieb kinderlos. Nach Philips Tod im Jahr 1559 starb das Geschlecht der Rienecker aus und Margarethe bezog ihren Witwensitz in dem kleinen Schloss Schönrain, welches ihr Mann auf den Resten des früheren Klosters hatte errichten lassen.
Mit fünf Ochsen und 6000 Litern Wein wurde Hochzeit gefeiert
Sie sei bei ihrer Hochzeit 13 Jahre alt gewesen und von ihrem Gemahl aus 22 Bewerberinnen ausgesucht worden, erzählte Gräfin Margarethe ihrem Publikum. Die Hochzeit sei drei Tage lang gefeiert worden. Bei dem rauschenden Fest mit etwa 300 Gästen seien 6000 Liter Wein getrunken worden. Zu essen habe es fünf Ochsen, zwölf Reiher, 26 Hasen, 100 Hechte, 14 Spanferkel, jede Menge Wildschweine und vieles tierisches mehr gegeben. Obst und Gemüse hätten damals als ungesund gegolten, sagte sie.

Grundlage des Vermögens der Grafen von Rieneck war laut Gräfin Margarethe der Spessart. Zum einen seien Eichenstämme über den Main und den Rhein nach Holland geflößt worden, zum anderen sei aus den Bäumen Holzkohle hergestellt worden, die zum Betrieb der über 160 Spessarter Glashütten benötigt worden sei. Bei der Herstellung von Flachglas sei man im Spessart damals führend gewesen.
Im Kloster wurde nur zwei Mal im Jahr gebadet
Aber zurück zum Schloss Schönrain. Laut Gräfin Margarethe war es ein modernes Schloss mit offenen Kaminen und Toiletten. Wie sie sagte, soll der Überlieferung nach bereits im Jahr 750 auf dem Schönrain ein Kloster gegründet worden sein; das sei jedoch nicht gesichert. Auf jeden Fall sei der Schönrain im Jahr 1080 Abt Wilhelm von Hirsau geschenkt worden. Ab 1085 sei dort in rund 15-jähriger Bauzeit ein Kloster errichtet worden. Seit zwei Jahren sei nun auch der genaue Standort der relativ großen Klosterkirche bekannt, die östlich der heute noch stehenden Ruine im Hirsauer Baustil errichtet worden sei. Das Altarbild aus der Riemenschneider-Werkstatt sei heute in der Kirche in Hofstetten zu finden.
Im Kloster herrschte laut Gräfin Margarethe damals eine strenge Ordnung, alles sei genauestens geregelt gewesen. Baden durften die Klosterbewohner ihren Worten nach nur zweimal im Jahr: an Ostern und an Weihnachten.
Dachstuhl des Schlosses wurde für neues Forsthaus verwendet
Nach Plünderungen und Zerstörungen im Bauernkrieg wurde das Kloster 1526 aufgelöst und an die Rienecker verkauft, die es als schlossähnliches Verwaltungs- und Wohngebäude wiederaufbauten. Nach Gräfin Margarethes Tod im Jahr 1574 erbten die Grafen von Ysenburg-Ronneburg den Rienecker Besitz und das Lehen Schönrain. 1601 fiel Schönrain an das Hochstift Würzburg. Gut 200 Jahre später, 1814, wurde das würzburgische Gebiet dem Königreich Bayern angegliedert.
Bis zu seinem Umzug nach Massenbuch im Jahr 1818 wohnte der königlich-bayerische Forstwart in Schloss Schönrain. Dessen Dachstuhl und andere brauchbare Materialien wurden für den Bau des neuen Forsthauses in Massenbuch verwendet. Das war der Beginn des Verfalls von Schloss Schönrain.
Erste Erhaltungsmaßnahmen durch das Landbauamt fanden im Jahr 1906 statt, 1973 wurde der Ruinenbestand durch die Lohrer Heimatfreunde gesichert. 2023 wurde mittels mehrerer Geo-Radar-Untersuchungen die bis dahin nur vermutete Position der abgebrochenen Klosterkirche gefunden und dokumentiert.