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Marktheidenfeld
Corona: Hilft der Lieferservice den Wirten in Main-Spessart?
Weil sie keine Gäste empfangen dürfen, bieten viele Restaurants jetzt Lieferdienste. Das hilft kurzfristig – doch der Gaststättenverband erwartet bald den "großen Knall".
Eigentlich hätte im Marktheidenfelder Café de Mar die Saison bei bestem Wetter begonnen. Die Coronakrise sorgt jedoch im ganzen Land für leere Tische.
Foto: Daniel Weisner | Eigentlich hätte im Marktheidenfelder Café de Mar die Saison bei bestem Wetter begonnen. Die Coronakrise sorgt jedoch im ganzen Land für leere Tische.
Daniel Weisner
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:35 Uhr

Das Wirthaussterben auf dem Land, ein altes Thema und doch aktuell wie nie zuvor. Diese Entwicklung könnte durch das Coronavirus im Landkreis Main-Spessart weiter beschleunigt werden. Die Gastronomie darf auch die nächsten Wochen keine Gäste empfangen und leidet darunter bedenklich. Rund 400 gastronomische Betriebe, Hotels miteingeschlossen, gibt es im Landkreis, sagt der Kreisvorsitzende des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes Eberhard Imhof. So viele werden die Krise nicht überstehen, sollte sich die Situation nicht bald verbessern, ist sich Imhof sicher. "In vier Wochen folgt der große Knall".

Ähnlich schätzt der Bezirksgeschäftsführer Unterfranken des Hotel- und Gaststättenverbandes die aktuelle Lage im Landkreis Main-Spessart ein. Von einer Pleite zum jetzigen Zeitpunkt sei nichts bekannt, dennoch werde es bei vielen Betrieben in kürzester Zeit sehr eng, sagt Michael Schwägerl. Seinem Schicksal ergeben werde sich jedoch so schnell kein Gastronom. Besonders im Landkreis Main-Spessart sei die Bereitschaft groß, sich selbst zu helfen. Eine vergleichsweise hohe Anzahl an Gastronomiebetrieben nutze die Möglichkeit, Essen zum Selbstabholen anzubieten, weiß Schwägerl.

Positive Erfahrungen durch neuen Lieferdienst

So zum Beispiel die Pizzeria Messapica: Seit 1991 ist der familiengeführte Betrieb in Erlenbach heimisch. All die Jahre kamen Wünsche nach einem Lieferservice auf, überzeugt war die Chefin Piera Ciraci nie davon. Das Coronavirus ließ sie umdenken. Seit rund vier Wochen beliefert die Pizzeria die Orte im Umkreis von rund 10 Kilometern. "Das läuft ganz gut. Wir können uns vorstellen, den Lieferservice auch nach der Krise beizubehalten", erzählt Piera Ciraci. Gut meint in diesen Zeiten kostendeckend. "Immerhin. Besser als nichts", ergänzt sie.

Beschweren will sich Ciraci über die aktuelle Situation nicht. Sie verstehe die beschlossenen Maßnahmen der Regierung. Im Restaurant versuchen sie selbst zum Schutz vor einer Infektion beizutragen: Im Eingangsbereich haben die Ciracis eine Plexiglasscheibe montiert, damit auch die Pizzen möglichst kontaktlos vom Kunden abgeholt werden können.

Trotz aller eigener Bemühungen, musste die Pizzeria Messapica auch auf staatliche Hilfe zurückgreifen. Ciraci ist zufrieden mit dem Krisenmanagement der Regierung. Sie habe direkt Soforthilfe beantragt und diese wenige Tage später bereits ausgezahlt bekommen.

Die ersten Sofortmaßnahmen wirken

Im ganzen Landkreis hört man von ähnlichen, positiven Erfahrungen mit der ersten Soforthilfe der Bayerischen Staatsregierung. Im Endeffekt sei die Zahlung zwar nur ein Tropfen auf den heißen Stein, das Geld helfe aber gerade den kleinsten Betrieben enorm, erzählt Michael Schwägerl. Die Abwicklung habe anfangs auch sehr gut funktioniert, mittlerweile gebe es jedoch einen Bearbeitungsstau von gut drei Wochen. "Die Behörden sind einfach überlastet. Es ist ja nicht nur die Gastronomie, die Hilfe benötigt." Noch drastischer sind die Wartezeiten bei der Bewilligung des Kurzarbeitergeldes. "Die Bewilligung funktioniert, es kann jedoch bis zu zehn Wochen dauern", berichtet Schwägerl.

Die Zeit läuft vielen Gastronomen davon

Hiervon kann Claudia Vierheilig ein Lied singen. Sie ist Chefin des Gasthofes Zur Linde in Gemünden und wartet seit Wochen auf eine Nachricht der Agentur für Arbeit. Ihr sei klar, dass die Behörde von Anfragen überhäuft werde, dennoch gehe es schlicht und ergreifend um ihre Existenz, sagt Vierheilig. Auch der Gasthof zur Linde bietet Essen zur Abholung an. "Doch sind wir ehrlich, das läuft sehr schlecht", gibt die Chefin einen Einblick. Ohne baldige Hilfen kann es bereits bis Ende April zu eng werden, sagt sie abschließend.

"Es muss langsam wieder weitergehen", klagt auch Hamid Amini Fakhr, Inhaber des Café de Mar in Marktheidenfeld. Der Außenbereich mit Blick auf den Main ist seit einiger Zeit bestuhlt. "Eigentlich würde die Saison jetzt losgehen", sagt er. Das Café de Mar erwirtschaftet aktuell drei bis vier Prozent des normalen Sommerumsatzes. Das gehe bei den laufenden hohen Kosten kurzzeitig gut, spätestens nach acht Wochen müsse jedoch was passieren.

Weitere staatliche Hilfen sind nötig

Auch das weiß Michael Schwägerl zu gut. Jeden Tag sieht er sich mit den Sorgen der Gastronomen im Landkreis konfrontiert. Das Krisenmanagement der Regierung funktioniere bisher soweit gut, sagt Schwägerl. Dennoch müsse noch mehr passieren, viele Gastronomen seien auf weitere staatliche Hilfen angewiesen. "Es geht um Existenzen, im Mai kann vieles zu spät sein".

 
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